Otto Bauer

Die internationalen Ursachen der Teuerung

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Die Anarchie der Produktion


Die auf dem Sondereigentum an den Arbeitsmitteln aufgebaute Gesellschaft überläßt es den einzelnen Eigentümern, welche Güter sie erzeugen wollen. Keinem Kapitalbesitzer schreibt sie vor, ob er sein Kapital in der Schuhindustrie oder in der Baumwollindustrie oder in der Maschinenindustrie verwerten soll. Sie hat kein Organ, das die Verteilung der Arbeit auf die verschiedenen Produktionszweige regelt. So kann es geschehen, daß die Kapitalisten ihr Kapital in der Erzeugung bestimmter Waren verwerten und zu spät erfahren, daß für diese Waren keine Käufer zu finden sind, während gleichzeitig die Erzeugung anderer Waren vernachlässigt wird und sehr bald Mangel an diesen Waren eintritt. Überproduktion, Anhäufung unverkäuflicher Warenvorräte, Preissturz, Bankrotte der Unternehmer, Arbeiterentlassungen und Betriebseinschränkungen auf der einen Seite; Unterproduktion, Unmöglichkeit, den Bedarf der Gesellschaft zu befriedigen, Steigen der Preise, Teuerung auf der anderen Seite, das sind die Wirkungen der Plan- und Regellosigkeit, der Anarchie der kapitalistischen Produktionsweise. Die Wiederherstellung des gestörten Gleichgewichtes in der gesellschaftlichen Produktion kann immer nur in verheerenden Krisen erfolgen, in denen die Einschränkung der allzu ausgedehnten Produktionszweige durch die Absatzstockung erzwungen wird und Kapitalien und Arbeitskräfte allmählich denjenigen Produktionszweigen zugeführt werden, die sich vordem langsamer entwickelt hatten, als das gesellschaftliche Bedürfnis es erforderte.

In Zeiten guten Geschäftsganges erweitern die Fabrikanten ihre Betriebe, die Eisenbahnen ihre Betriebsmittel. Es wächst dementsprechend die Nachfrage nach Maschinen, Werkzeugen, Geräten, industriellen Rohstoffen, nach Eisen und Kohle. Die Preise dieser Waren steigen und mit ihnen die Gewinne der Unternehmer. Die Erweiterung der bestehenden, die Gründung neuer Betriebe vermehrt aber auch die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit verschwindet. Die Bedingungen sind günstig, Lohnkämpfe zu wagen. Die Löhne steigen. Mit dem Steigen der Gewinne der Kapitalisten und der Löhne der Arbeiter steigt auch die Nachfrage nach allen Lebensm.itteln und Gebrauchsgegenständen. Es steigen daher auch die Preise dieser Waren, auch ihre Produktion wird ausgedehnt. So tritt eine Periode der Hochkonjunktur ein, charakterisiert durch die Ausdehnung aller Produktionszweige, das Steigen der Profite und der Löhne, die Verteuerung aller Waren. Nun zeigt sich aber ein charakteristischer Unterschied. Die Industrie kann ihre Produktion durch die Einstellung neuer Maschinen und durch die Vermehrung ihrer Arbeiter schnell und fast unbeschränkt ausdehnen. Der Landwirtschaft, der Viehzucht, dem Bergbau gelingt dies viel schwerer. Neue, noch unbebaute Bodenflächen stehen nicht zur Verfügung; ehe der Viehstand vergrößert werden kann, vergehen einige Jahre; die Ausdehnung der bergmännischen Produktion ist nur möglich, wenn man sich entschließt, minder ergiebige Bergwerke abzubauen. So bleibt die Erzeugung der Lebensmittel (Getreide, Vieh, Milch und so weiter) und der industriellen Rohstoffe (Baumwolle, Flachs, Wolle, Häute, Kohle, Eisenerz und so weiter) hinter dem schnell gewachsenen Bedarf der Industrie zurück. Die Preise der Erzeugnisse der Landwirtschaft und des Bergbaues steigen schneller als die Preise der Industrieprodukte. Dadurch werden die Profite der industriellen Unternehmer gedrückt: Sie können den Preis ihrer Waren nicht in demselben Maße erhöhen, in dem die Preise ihrer Rohstoffe steigen. Gleichzeitig sieht sich die Arbeiterklasse gezwungen, einen größeren Teil ihres Einkommens für die unentbehrlichsten Lebensimittel auszugeben; sie kann daher weniger Industrieprodukte kaufen. Die Nachfrage nach Industrieprodukten beginnt zu sinken, daher auch die Preise der Produkte, die Profite der Unternehmer. Die hohen Preise der Rohstoffe und die sinkende Nachfrage nach Industrieprodukten setzen der Erweiterungs- und Gründungstätigkeit der Industrie Schranken. Das Wachstum der Industrie gerät ins Stocken. Es sinkt die Nachfrage nach Produktionsmitteln (Maschinen, Werkzeugen und so weiter). Die Industriezweige, die die Produktionsmittel erzeugen (Eisenindustrie, Maschinenindustrie und so weiter), können ihre während der Hochkonjunktur erweiterten Betriebe nicht mehr voll beschäftigen. Sie entlassen Arbeiter. Mit dem Stocken der Gründungstätigkeit, mit dem Sinken der Profite, mit der Ausdehnung der Arbeitslosigkeit sinkt nun die Nachfrage nach allen Waren. Die industrielle Krise naht heran ...

So folgt in der kapitalistischen Gesellschaft jeder Hochkonjunktur eine industrielle Krise. Eine der vielen Ursachen dieser Erscheinung ist die Tatsache, daß die Landwirtschaft und der Bergbau, an natürliche Schranken gebunden, mit dem stürmischen Aufschwung der Industrie in der Periode der Hochkonjunktur nicht gleichen Schritt halten können. In jeder Periode der Hochkonjunktur entsteht dieses Mißverhältnis zwischen der schnellen Ausdehnung der Industrie und der viel langsameren Ausdehnung der Urproduktion. Stets wird dieses Mißverhältnis in der empfindlichen Verteuerung der Erzeugnisse der Landwirtschaft und des Bergbaues fühlbar. [8] Je gewaltiger die Ausdehnung der Industrie und des Marktes während der Hochkonjunktur ist, desto länger wirkt diese Teuerung nach. Diese Teuerung erscheint als eine Folge der Disproportionalität der Produktion. Wenn die Baumwollspinnerei schneller ausgedehnt wurde als die Erzeugung der Rohbaumwolle, wenn der Kohlenverbrauch und der Holzverbrauch der Industrie schneller gewachsen ist als die Kohlen-und Holzproduktion, wenn der Weizenbedarf der Welt schneller gewachsen ist als der Weizenanbau, dann müssen Baumwolle, Kohle, Holz, Weizen teurer werden. Diese Erscheinungen haben gerade in unseren Tagen die größte Bedeutung. Sie sind Wirkungen der Anarchie der kapitalistischen Produktionsweise.

In der letzten Hochkonjunktur ist der Kohlebedarf in Österreich sehr schnell gestiegen. Auf den Kopf der Bevölkerung entfiel ein Kohleverbrauch von:

im Jahre

Kilogramm

1904

1.145

1905

1.199

1906

1.449

1907

1.361

1908

1.614

Die Produktion mußte gesteigert werden, um den wachsenden Bedarf zu befriedigen. Die Kohleproduktion Österreichs betrug:

im Jahre

Steinkohle

Braunkohle

in tausend Zentner

1904

118.682

219.877

1905

125.853

226.921

1900

134.733

241.677

1907

138.504

262.621

1908

138.754

267.289

Trotzdem blieb die Produktion hinter dem Bedarf zurück. Die fehlende Menge mußte durch die Zufuhr aus dem Auslande beschafft werden. Die Einfuhr von Steinkohle nach ÖsterreichUngarn betrug:

im Jahre

in tausend Zentner

1904

61.900

1905

64.180

1906

74.754

1907

96.926

1908

99.953

Die Einfuhr mußte in einer Zeit gesteigert werden, in der auch im Auslande der Kohlebedarf gestiegen war. Die österreichischen Kohleverbraucher mußten hohe Preise bieten, um ausländische Kohle zu erhalten. Konnte ausländische Kohle nur zu hohen Preisen beschafft werden, so konnten natürlich auch die österreichischen Kohlengrubenbesitzer höhere Preise für ihre Ware verlangen, ohne den Wettbewerb des Auslandes fürchten zu müssen.

Im Jahre 1907 trat geradezu eine Kohlennot ein. Die Industrie konnte sich genügende Kohlemengen selbst zu hohen Preisen nicht beschaffen. Die Staatseisenbahnverwaltung mußte ihren Kohlebedarf in Ober- und Niederschlesien, Westfalen und England decken. Die Betriebsmittel der Eisenbahnen erwiesen sich als unzulänglich, die großen Kohletransporte durchzuführen. Unter solchen Umständen stiegen die Kohlepreise überaus schnell. Vom Anfang bis zum Ende des Jahres 1907 stieg der Großhandelspreis von Ostrauer Steinkohle von Kr. 2,52 bis 2,56 auf 3 Kr. bis Kr. 3,08, Braunkohle aus dem Duxer Revier von Kr. 1,66 bis 1,68 auf Kr. 2,25 bis 2,40. Als dann die industrielle Krise hereinbrach, ging der industrielle Kohleverbrauch etwas zurück. Doch war der Rückgang nicht so groß, daß die Kohlenbergwerksbesitzer gezwungen gewesen wären, das Preisniveau erheblich zu senken.

Diese Lage auf dem Kohlemarkt haben die Kohlengrubenbesitzer natürlich entsprechend ausgenützt. Der Mittelpreis für einen Zentner Kohle am Erzeugungsorte betrug:

im Jahre

Steinkohle

Braunkohle

in Heller

1904

  80,45

45,30

1905

  79,36

44,02

1906

  87,63

44,49

1907

  93,49

47,79

1908

100,69

52,43

Die hohen Kohlepreise wären kaum möglich gewesen, wenn nicht die Kohleförderung langsamer ausgedehnt worden wäre als der durch die schnelle Entwicklung der Industrie gestiegene Bedarf der Volkswirtschaft.

Auch die hohen Getreidepreise sind darauf zurückzuführen, daß die Erzeugung nicht gleich schnell zu wachsen vermochte wie der Bedarf. Der Weltbedarf an Weizen ist in den letzten Jahrzehnten sehr schnell gestiegen. Die Vereinigten Staaten von Amerika wachsen zum größten Industriestaate der Welt heran; ihre eigene Bevölkerung verbraucht einen schnell wachsenden Teil ihrer Ernte. Daher muß die Ausfuhr eingeschränkt werden. Die Weizenausfuhr der Vereinigten Staaten ist daher im letzten Jahrzehnt beträchtlich gesunken. Allerdings sucht sich die amerikanische Landwirtschaft dem vermehrten Bedarf anzupassen. Im letzten Jahre ist die Weizenanbaufläche in den Vereinigten Staaten um mehr als zehn Prozent ausgedehnt worden. Auch die Intensität der Bebauung kann noch gesteigert werden; beträgt doch der Weizenertrag für das Hektar der bebauten Bodenfläche in Amerika nicht halb so viel wie in Deutschland. Doch ist die Ausdehnung der amerikanischen Produktion nur mit vermehrten Kosten, also nur bei hohen Preisen möglich.

Ebenso hat die Industrialisierung der europäischen Länder den Weltbedarf gesteigert. Wir wissen es aus eigener Erfahrung. Erst in den letzten Jahren ist Osterreich-Ungarn in die Reihe der ^Länder eingerückt, die große Weizenmengen aus dem Auslande einführen müssen.

Aber auch außerhalb Europas tauchen immer neue Weizenkäufer auf. Europäisches Kapital wird in überseeischen Ländern angelegt. Es entwickelt dort neue Produktionszweige. Es zieht gewaltige Arbeiterheere zusammen. Es hebt die Kaufkraft der Länder, die es befruchtet. Sie treten nun als Getreidekäufer auf den Weltmarkt. Hunderte Millionen europäischen Kapitals haben den südafrikanischen Goldbergbau in wenigen Jahren gewaltig ausgedehnt. Wachsende Menschenmassen zieht Südafrika an sich. Es muß heute bereits beträchtliche Mengen Weizen einführen. Brasilien wird zum Kaffeelieferanten der Welt; seinen Weizenbedarf deckt es durch die Zufuhr aus dem Ausland. Mächtig reckt sich Japan empor; seine Lebensmitteleinfuhr steigt von Jahr zu Jahr.

In früheren Jahrzehnten sind aus Europa ungeheure Menschenmassen nach Amerika ausgewandert. Der Proletarier, der amerikanischen Boden betrat, verwandelte sich dort in einen Landwirt. Seine Arbeit vermehrte den Getreidevorrat der Welt. Die Getreidepreise sanken. Auch heute wandern aus Europa alljährlich Hundertausende aus. Aber schneller als die Auswanderung von Menschen steigt die Ausfuhr von Kapital. Gewaltige Kapitalien fließen alljährlich nach fremden Ländern ab, um dort reiche Profite zu suchen. Und die Länder, in die sich diese Kapitalien ergießen, bereiten nun auf dem Getreidemarkt den älteren Einfuhrländern verteuernden Wettbewerb. Die Auswanderung der Proletarier, die in Landwirte verwandelt wurden, hat die Getreidepreise gesenkt; der Export des Kapitals, das die Weltwirtschaft industrialisiert, treibt die Getreidepreise in die Höhe.

Immerhin dehnt sich auch der Getreideanbau aus. Insbesondere Argentinien und Kanada haben ihre Getreideproduktion überaus schnell gesteigert. In Argentinien ist von 1890/91 bis 1907/08 die mit Weizen bebaute Fläche von 118.800 Hektar auf 5.759.000 Hektar, der Ertrag von 846.960 auf 5.474.000 Tonnen angewachsen, in Kanada zwischen 1890 und 1907 die Anbaufläche von 2.327.152 auf 7.712.000 Acres, die Erntemenge von 1.018.100 auf 2.494.000 Tonnen. Aber selbst diese Vermehrung der Produktion war zu klein, den schnell steigenden Weltbedarf zu decken. Wohl sind in diesen Ländern die Bodenkräfte noch lange nicht ausgeschöpft. In Argentinien sind noch etwa 54 Millionen Hektar guten Weizenbodens unbebaut – rund neunmal soviel wie die heutige Anbaufläche. Das Land, das sechsmal so groß ist wie das Deutsche Reich, war im Jahre 1906 erst von sechs Millionen Menschen besiedelt. Auch in Kanada sind ganze Provinzen noch nicht erschlossen; im Jahre 1907 wurde seine Bevölkerung auf 6,153.789 Personen geschätzt. Das Kapital industrialisiert die Weltwirtschaft. Es beschleunigt die industrielle Entwicklung in den Zentren der kapitalistischen Kultur; neue Gebiete werden durch den Kapitalimport industralisiert. Die Getreideländer aber entwickeln sich viel langsamer. Die Besiedlung des Ackerbodens hält mit der Industrialisierung der Weltwirtschaft nicht gleichen Schritt. Die Auswanderung der Menschen kann die Getreideländer nicht so schnell entwickeln, wie das 'Zuströmen des Kapitals, das Wachstum der Industrie den Getreidebedarf der Einfuhrländer steigert. Darum steigt die Getreideproduktion langsamer als der Weltbedarf. Darum steigen die Preise. [9]

Ähnliche Erscheinungen sehen wir auf dem Baumwollmarkt. Während der letzten Hochkonjunktur ist die Textilindustrie überaus schnell gewachsen. In Österreich stieg die Zahl der Baumwollspindeln von 3,6 auf 4 Millionen. England hat in einem Jahr mehr neue Baumwollspindeln aufgestellt als Österreich überhaupt besitzt. Der Baumwollbedarf der Weltindustrie beträgt heute mehr als 13,5 Millionen Ballen jährlich. Diesen Bedarf deckt die Produktion heute gerade noch bei guter Ernte. Ist die Witterung ungünstig, bleibt die Ernte hinter dem Bedarf auch nur um ein Geringes zurück, dann steigen die Baumwollpreise sehr rasch. Die Spinnereien müssen den Betrieb einschränken, weil sie sich den erforderlichen Rohstoff nicht beschaffen und die erhöhten Erzeugungskosten auf die Verbraucher nicht abwälzen können. Sehr deutlich hat sich der Zusammenhang zwischen der Rohstoffteuerung und der industriellen Krise in der österreichischen Baumwolllndustrie im Jahre 1909 gezeigt. Im Sommer dieses Jahres ist die Nachfrage nach Baumwollwaren schnell gestiegen, die Fabriken waren gut beschäftigt, die Krise schien bereits überwunden. Als aber infolge ungünstiger Ernteschätzungen die Baumwollpreise zu steigen begannen, trat sofort ein Rückschlag ein. Die Verbraucher waren nicht imstande; die Baumwollwaren zu erhöhten Preisen aufzunehmen, der Absatz stockte, die Betriebseinschränkung mußte verschärft werden.

Ähnliche Erfahrungen wurden seit der letzten Hochkonjunktur auf allen Rohstoffmärkten gemacht. Die Preise der Wolle, der Häute, des Holzes, des Kautschuks, fast aller Metalle sind gestiegen. Die Verteuerung der Rohstoffe führt natürlich zur Verteuerung der aus ihnen erzeugten Fabrikate. Mit den Preisen der Baumwolle und der Wolle sind die Preise der Garne und der Gewebe, der Kleider und der Wäsche, mit den Holzpreisen die Preise der Möbel und die Kosten des Bauens, mit den Preisen der Häute die Preise des Leders und der Schuhe gestiegen.

Die Getreideteuerung, die Kohleteuerung, die Verteuerung der wichtigsten industriellen Rohstoffe sind charakteristische Erscheinungen der letzten Jahre. Die Gesellschaft hat die Produktion dieser Waren zu langsam ausgedehnt; darum sind diese Waren teuer. Die Gesellschaft hat gleichzeitig die Produktion vieler Industrieprodukte so schnell ausgedehnt, daß die Bevölkerung in den letzten Jahren nicht imstande war, diese Warenmengen zu kaufen, daher sehen wir in den letzten Jahren in unseren Betrieben Produktionseinschränkungen, Feierschichten, Arbeitslosigkeit. Unterproduktion im Kohlenbergbau, in der Baumwoll- und Weizenerzeugung, Überproduktion in den wichtigsten Industriezweigen; Mangel hier, unverkäufliche Warenvorräte dort: Teuerung und Krise gleichzeitig – das sind die Wirkungen der Planlosigkeit der kapitalistischen Produktionsweise. Die planmäßige Verteilung der Arbeit auf die verschiedenen Produktionszweige ist unmöglich, solange die Herrschaft über die Produktion den Kapitalisten überlassen bleibt, die nur ihr Heißhunger nach Profit leitet. Die planmäßige Leitung der Produktion wird erst möglich, wenn die Gesellschaft selbst, die Gesamtheit aller Arbeitenden, die Arbeitsmittel besitzt und die Arbeitenden auf die verschiedenen Zweige der Arbeit verteilt. Erst wenn die Anarchie der Produktion aufgehoben wird, wenn alle Arbeitenden im Dienste der organisierten Gesellschaft stehen und von ihr planmäßig zur Erzeugung jener Güter verhalten werden, die die Gesellschaft braucht, wird es nicht geschehen können, daß auf der einen Seite Tausende vergebens Arbeit suchen und Hunderte von eben erst aufgestellten Maschinen Stillstehen, während auf der anderen Seite der Menschheit fehlt, was sie braucht, die Hungernden zu speisen, die Frierenden zu kleiden, die Obdachlosen in warmen Stuben zu bergen.

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Fußnoten

8. Vergleiche Marx, Das Kapital, III., 1., Seite 94 f.

9. Vergleiche Kautsky, Der Weg zur Macht, Berlin 1909, Seite 75 f. Viktor Heller, Dauernde Wendung azuf dem Getreideweltmarkt, in: Österreichischer Volkswirt vom 7. August 1909. Salz, Kornsteuerung und Handelspolitik, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, XXIX. Band, 3. Heft.

 


Leztztes Update: 18. Februar 2023