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Die Neue Zeit, Jg. 24.1905–1906, 1. Bd. (1905–1906), H. 24 (7. März 1906), S. 773–783.
Quelle: Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Als der Revisionismus auszog, die Marxsche Theorie entweder zu widerlegen oder „fortzuentwickeln“, das heißt, ihr das Rückgrat zu brechen, um sie schmiegsamer zu machen, da waren es die Forderung der Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat und die Theorie der steten Verschärfung der Klassengegensätze, die seinen besonderen Zorn erregten. Um sie zu widerlegen, gab er ihnen eine absurde Form, destillierte er aus der Forderung der Eroberung der politischen Macht ein „Spekulieren“ auf „Katastrophen“, das seinerseits wieder in einer besonderen Katastrophentheorie begründet sein sollte, und aus der Theorie der notwendigen Verschärfung der Klassengegensätze wurde eine Theorie der Verelendung der Arbeiter in dem Sinne oder vielmehr Irrsinne, als hätte Marx erwartet, die Kraft der Proletarier zur Umformung des gesellschaftlichen Organismus werde aus ihrer wachsenden Verkommenheit hervorgehen.
Die russische Revolution und die gerade in den letzten Jahren besonders starke Zuspitzung der Klassenkampf in ganz Europa hat inzwischen die Kritik der sogenannten Katastrophentheorie wenn auch nicht ganz zur Ruhe, so doch ganz zur Bedeutungslosigkeit verurteilt. Aber die ökonomische Entwicklung hat auch die Kritik der „Verelendungstheorie“, das heißt der Theorie der Verschärfung des Klassengegensatzes zwischen Kapital und Arbeit bereits in hohem Maße ad absurdum geführt.
Neues Material dazu liefern die Verhältnisse in Amerika, wo die Entwicklung im letzten Jahrzehnt besonders rasch vor sich ging, so dass ihre Tendenzen deutlich sichtbar wurden. Sie bezeugen, dass das goldene Zeitalter für den amerikanischen Arbeiter innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise nicht vor ihm, sondern hinter ihm liegt, dass sich seine soziale Lage im Verhältnis zum Kapital – und das ist das Entscheidende – stetig verschlechtere.
Die Grundlage des großen Vorzugs, den der amerikanische vor dem europäischen Arbeiter besaß, war die Tatsache, dass das entscheidende Produktionsmittel, der Grund und Boden, nicht ausschließliches Monopol einer Kaste von Grundbesitzern geworden war, dass der Zugang zu ihm jedem offen stand. Diesen Vorzug verliert aber der amerikanische Arbeiter immer mehr. Genosse Simons hat schon in seinem Artikel über die Vereinigten Staaten in der Neuen Zeit [1] einen bemerkenswerten Hinweis auf die Tatsache gegeben, dass die landwirtschaftliche Bevölkerung im Staate Iowa abnimmt. Dieser Hinweis wird ergänzt durch eine Notiz, die in den letzten Wochen durch die deutsche Presse ging. Sie lautet:
„Von der letzten Volkszählung in den Vereinigten Staaten werden einige auffällige Ergebnisse in der Wochenschrift Science mitgeteilt. Als besonders merkwürdig haben sich die Veränderungen der Bevölkerung im Staate Iowa gezeigt. Während man im Allgemeinen annimmt. dass überall in den Vereinigten Staaten eine unaufhaltsame Bevölkerungszunahme stattfindet. hat dieser Staat in den letzten fünf Jahren eine Abnahme von 150.000 Seelen erlitten. ... Auch in anderen Teilen der Vereinigten Staaten hat sich die Bevölkerungszunahme zum Mindesten sehr verlangsamt. Im Staate Minnesota war im Jahrzehnt von 1890 bis 1899 die Bevölkerung um mehr als ein Drittel gewachsen, oder um fast 3½ Prozent jährlich, in den letzten fünf Jahren dagegen betrug die Zunahme nur wenig mehr als 2½ Prozent im Jahre. Es wird ganz allgemein gefolgert. dass die ländliche Bevölkerung in den Vereinigten Staaten, sogar in den fruchtbarsten und für den Landbau überhaupt günstigsten Gebieten des Westens, entweder durch Auswanderung nach den Städten oder aus anderen Ursachen wenigstens zu wachsen aufgehört hat. Der Grund wird zunächst in der reißenden Steigerung der Preise für Ackerland gefunden. In Iowa, wo Viehzucht und Meierei die Hauptrolle spielen, ist die Aufrechterhaltung der alten Familiengüter mehr und mehr unmöglich geworden, und die Bewirtschaftung fällt statt dessen den kapitalistischen Farmern zu. Die Landbesitzer alten Stiles müssen dafür nach den Grenzgegenden Kanadas auswandern oder nach dem Südwesten oder Nordwesten, wo das Land noch billiger ist. Der ausgedehnte Staat Kansas hatte nach der letzten Volkszählung etwas mehr als 1½ Millionen Einwohner oder seit 1900 jährlich nur um 8.658 Seelen zugenommen. Von den 105 Bezirken des Staates haben nur 58 überhaupt eine Zunahme, die übrigen 47 aber eine Abnahme zu verzeichnen gehabt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bevölkerung dieses Gebiets im Vergleich zu dessen Größe nur gering ist und besondere Anlässe, wie Missernten oder sonstige widrige Ereignisse, nicht stattgefunden haben.“
Diese Erscheinung kommt nicht ganz unerwartet. Relativ ist die landwirtschaftliche Bevölkerung der Vereinigten Staaten schon lange im Abnehmen. Trotz des vielen frei verfügbaren Bodens nahm die Zahl der Landwirte nicht so rasch zu, wie die der Mitglieder anderer Berufe. Von 1880 bis 1900 wuchs die Zahl der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft zwar von 7.713.875 auf 10.381.765, aber sie nahm prozentuell ab, betrug 1880 noch 44,3, 1900 nur noch 35,7 Prozent aller Erwerbstätigen. Nur in den Staaten des äußersten Westens nahm sie schneller zu als die aller Erwerbstätigen – von 22 aus 25 Prozent –, dagegen nahm sie selbst in den Zentralstaaten ab, den Kornkammern des Landes – in den nördlichen Zentralstaaten von 48,6 aus 36,5 Prozent. in den südlichen von 70,2 auf 63,4 Prozent; und erst recht in den nördlichen Oststaaten, wo sie schon 1880 nur 19,8 Prozent betrug, 1900 gar nur noch 12,5 Prozent. Am geringsten ist ihr Prozentsatz in Massachusetts: 1880 9,0, 1900 5,5 Prozent.
Hier ist also die landwirtschaftliche Bevölkerung schon geringer als in England! Das aus einem Gebiet. das größer ist als Württemberg und nicht viel dichter bevölkert!
Aber in den nordatlantischen Staaten ist die Abnahme der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft nicht bloß eine relative, sondern sogar eine absolute. Sie betrug:
|
1880 |
1890 |
1900 |
Einwohner pro |
---|---|---|---|---|
Maine New Hampshire Vermont Massachusetts Rhode Island Connecticut New York New Jersey Pennsylvanien |
83.194 44.931 55.431 64.988 10.591 44.184 376.931 58.993 303.894 |
81.193 41.658 53.290 68.790 11.446 44.830 388.951 67.193 337.089 |
73.791 37.224 48.352 64.669 10.673 43.247 363.619 67.035 381.119 |
8 17 13 130 132 70 57 93 54 |
Zusammen |
1.043.497 |
1.094.440 |
1.039.720 |
– |
Seit 1890 hat also in allen diesen Staaten die landwirtschaftliche Bevölkerung abgenommen. In den drei erstgenannten der Tabelle beginnt die absolute Abnahme schon 1880. Ausgenommen Massachusetts und Rhode Island sind sie alle noch äußerst dünn bevölkert im Vergleich zu Sachsen mit 280 Einwohnern und selbst zu Preußen mit 99 Einwohnern pro Quadratkilometer.
Aber sogar in zweien der eigentlichen Weizenstaaten setzt 1890 schon eine Abnahme ein, in anderen ist die Zunahme minim. Man zählte dort Erwerbstätige in der Landwirtschaft:
|
1890 |
1900 |
Einwohner pro |
---|---|---|---|
Ohio Indiana Nebraska Kansas |
404.365 334.127 173.218 260.194 |
399.909 332.840 182.338 264.618 |
39 37 5 7 |
Nun wird auch vom Staate Iowa, der in diese Gruppe der nördlichen Zentralstaaten gehört, berichtet, dass er seit 1900 eine Abnahme der ländlichen Bevölkerung auszuweisen habe. Bei ihm war die absolute Zunahme von 1890 bis 1900 noch eine ziemlich starke – von 328.386 aus 363.472.
Woher diese eigentümliche Erscheinung bei einer so dünnen Bevölkerung? Ich behalte mir vor, sobald mir weiteres Material vorliegt, diese Frage eingehender zu behandeln. Für heute nur so viel, dass dieser Rückgang auf eine Erschöpfung des Bodens schließen lässt. Nicht, als ob zu wenig Boden mehr in den Vereinigten Staaten vorhanden wäre, aber es ist zu wenig fruchtbarer, unbebauter und günstig gelegener Boden mehr vorhanden, der bei der bisherigen extensiven, oberflächlichen Bearbeitung noch reichliche Erträge liefern könnte. Eine neue, intensivere Art der Bewirtschaftung muss eintreten; diese erfordert aber Geld Kapital, von der sind besitzlose Leute angeschlossen. Der kapitallose Farmer verschuldet, wird bankrott oder muss eine solche Arbeitslast auf sich laden, dass sich mindestens die jüngere, beweglichere Generation ihr entzieht, wo sie kann, und der Industrie oder dem Handel und Verkehr zuwendet. Die Landflucht hat auch in Amerika begonnen. Das beweist nicht den Rückgang seiner Landwirtschaft, wohl aber ihren Übergang zum kapitalistischen Betrieb. Sie wird ein mit Kapital betriebenes, kapitalistisch ausgebeutetes Gewerbe und hört damit auf, das große Sicherheitsventil zu bilden, durch das Unzufriedenheit und Verzweiflung großer Schichten des amerikanischen Proletariats abgeleitet wurden.
Überdies, je mehr dieses ein großstädtisches und
großindustrielles wird, desto mehr verliert es die Fähigkeit,
Landwirtschaft zu betreiben. Es gab aber 1880 bereits 186, 1900 schon
545 Städte mit mehr als 8000 Einwohnern; 1880 zählten sie
11.318.547 Einwohner (22,6 Prozent der Gesamtbevölkerung), 1900
bereits 24.992.199 (33,1 Prozent). Die Zahl der Städte mit mehr
als 40.000 Einwohnern betrug 1880 45, 1900 92.
Während das Proletariat immer unfähiger zur Landwirtschaft wird und diese immer mehr in das kapitalistische Stadium eintritt, treten Industrie, Handel und Verkehr immer mehr innerhalb der kapitalistischen Betriebsform in das Stadium des privaten Monopols, des Trusts. Wir haben in einem früheren Artikel dieser Serie schon einige Beispiele davon gegeben, die Tatsachen. sind auch zu bekannt, als dass wir sie hier noch ausführlicher zu beleuchten brauchten. Mit dem Trustsystem bildet sich aber ein kapitalistischer Feudalismus, der einige Familien zu Alleinherrschern im Reiche des Kapitals macht und selbst die kleineren Kapitalisten immer mehr unterdrückt, ein Aufsteigen aus dem Proletariat in die Reihen des Kapitals aber vollends aussichtslos macht.
Gleichzeitig gestaltet sich aber durch diese Entwicklung die Lage des Proletariats selbst zu einer immer drückenderen.
Dies wird deutlich dargetan in einer interessanten Arbeit des Washingtoner Arbeitsamtes, das sicher nicht zu schwarz färbt, in seinem Bulletin vom Juli 1905. Es enthält eingehende Untersuchungen über Arbeitslöhne und Arbeitszeiten in der Industrie von 1890 bis 1904, sowie Nahrungsmittelpreise im Kleinhandel während desselben Zeitraums. Das Ergebnis des 300 Seiten füllenden Materials ist in folgender Tabelle niedergelegt, die eine Reihe von Relativzahlen gibt, wobei als die Grundlage, 100, stets der Durchschnitt der entsprechenden Zahlen von 1890 bis 1899 angenommen ist. Die Zahlen über 100 zeigen also ein Erheben über diesen Durchschnitt, die unter 100 ein Sinken unter ihn an. Die Tabelle zeigt uns folgende Entwicklung:
Jahr |
Zahl der |
Arbeitsstunden |
Lohn |
Wochenlohn |
Preise der |
Kaufkraft, nach den Detailpreisen |
|
---|---|---|---|---|---|---|---|
des Stundenlohns |
des Wochenlohns |
||||||
1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 |
94,8 97,3 99,2 99,4 94,1 96,4 98,6 100,9 106,4 112,1 115,6 119,1 123,6 126,5 125,7 |
100,7 100,5 100,5 100,3 99,8 100,1 99,8 99,6 99,7 99,2 98,7 98,1 97,3 96,6 95,9 |
100,3 100,3 100,8 100,9 97,9 98,3 99,7 99,6 100,2 102,0 105,5 108,0 112,2 116,3 117,0 |
101,0 100,8 101,3 101,2 97,7 98,4 99,5 99,2 99,9 101,2 104,1 105,9 109,2 112,3 112,2 |
102,4 103,8 101,9 104,4 99,7 97,8 95,5 96,3 98,7 99,5 101,1 105,2 110,9 110,3 111,7 |
97,9 96,6 98,9 96,6 98,2 100,5 100,4 103,4 101,5 102,5 104,4 102,7 101,2 105,4 104,7 |
98,6 97,1 99,4 96,9 98,0 100,6 104,2 103,0 101,2 101,7 103,8 100,7 98,5 101,8 100,4 |
Diese Tabelle zeigt deutlich, wie wenig die Angabe von Geldlöhnen allein für die Lage der Arbeiter besagt. Diese Löhne zeigen scheinbar eine entschiedene Hebung des Proletariats an; der Wochenlohn, der 1896 etwas unter dem zehnjährigen Durchschnitt stand, erhob sich von 1896 bis 1904 um 12 Prozent über ihn, er stieg im Verhältnis von 99,5 zu 112,2. Aber unglückseligerweise wuchsen im gleichen Zeitraum die Nahrungsmittelpreise noch viel mehr, im Verhältnis von 95,5 zu 111,7, um 16 Prozent. Von 1890 bis 1896 war die Kaufkraft des Wochenlohns noch im Steigen, von 98,6 auf 104,2. Von da an sinkt sie stetig auf 100,4, dank den Preiserhöhungen der Trusts. Und im letzten verzeichneten Jahre von 1903 auf 1904, finden wir sogar ein Sinken des wöchentlichen Geldlohns von 112,3 auf 112,2, indes gleichzeitig die Nahrungsmittelpreise steigen im Verhältnis von 110,3 zu 111,7.
Dabei erscheinen in dieser Tabelle die Verhältnisse wohl noch etwas zu günstig. Es sind nur die Preise der Nahrungsmittel berücksichtigt. die Ausgaben dafür machten aber im Durchschnitt nur 42,5 Prozent der Gesamtausgaben der Arbeiterfamilie aus. Die Veränderungen der Preise anderer Erfordernisse, zum Beispiel der Wohnung, wurden nicht untersucht. Diese letzteren Preise steigen, in Europa wenigstens, noch rascher als die der Nahrungsmittel. Sollte es in Amerika anders sein? Wir vermochten darüber leider kein vergleichbares Material zu finden.
Dann aber geben die Zahlen Durchschnittsziffern für alle Berufe. In den einzelnen Berufen gestaltete sich aber der Gang der Löhne sehr verschieden. Neben einigen wenigen begünstigten Arbeiterschichten, die sehr erhebliche Lohnerhöhungen erzielten, stehen viele andere, deren Erhöhung des Geldlohns hinter dem Durchschnitt zurückbleibt. ja einige, die ein Sinken des Geldlohns aufweisen. Es wird bei den detaillierten Nachweisungen darüber nur die Bewegung des Stundenlohns, nicht die des Wochenlohns angegeben. Er bewegte sich im Durchschnitt von 1890 bis 1904 von 100,3 auf 117,0. Vergleichen wir aber damit die Angaben für einzelne Berufe, die wir aus unzähligen, 64 Seiten füllenden aufs Geratewohl herausgreifen, dann finden wir, dass zum Beispiel im Baugewerbe der Stundenlohn bei den Arbeitern an den Eisenkonstruktionen (Structural iron workers) von 93,6 auf 171,4 stieg, dagegen bei den Tagelöhnern bloß von 102,7 auf 114,3. In den Waggonfabriken bei den Möbelschreinern (cabinetmakers) von 107,6 auf 132,3, dagegen bei den Tagelöhnern von 99,7 aus bloß 106,3.
In der Baumwollindustrie nahm die Lohnbewegung bei einigen Berufen unter den männlichen Arbeitern folgende Richtungen an:
|
Färber |
Spinner [E] |
Weber |
---|---|---|---|
1890 1891 1903 1904 |
106,3 107,2 107,7 104,8 |
111,6 89,7 185,9 169,7 |
113,5 103,1 118,3 115,3 |
Die Löhne der Färber und Weber blieben also ziemlich stabil, die der Spinner bewegten sich in den größten Extremen, zeigten aber schließlich eine starke Aufwärtsbewegung. 1904 gingen sie alle herunter.
Noch ein Beispiel aus der Gasbereitung:
|
Tagelöhner |
Röhrenleger [F] |
Retortenarbeiter |
---|---|---|---|
1890 1891 1903 1904 |
98,7 98,1 99,1 101,9 |
102,3 102,4 103,0 101,9 |
98,2 97,2 100,1 – [G] |
Hier bleiben die Löhne fast beständig auf dem gleichen Niveau, bei den Röhrenlegern stehen sie 1904 niedriger als 1890.
Erinnert man sich nun, dass wegen des starken Preisausschlags der
Lebensmittel im Allgemeinen die Kaufkraft der Löhne von 1890 bis
1904 kaum gewachsen und von 1896 an gesunken war, wenn der Geldlohn
pro Stunde von 100 auf 117 stieg, dann ist es klar, dass diese
Kaufkraft bei der ganzen langen Reihe von Berufen seit 1890 gesunken
sein muss, die kein derartiges Steigen des Geldlohns erzielten, und
dass namentlich seit 1896 entschiedenes Elend, das heißt
erhebliche absolute Verschlechterung der Lebenshaltung dort eintreten
musste, wo die Geldlöhne stabil blieben oder gar sanken.
Einen deutlichen Beweis für diese zunehmende Verschlechterung der Lage breiter Schichten der amerikanischen Bevölkerung bietet die Zunahme der Kinder- und Frauenarbeit.
Die Zahl der erwerbstätigen Kinder von 10 bis 15 Jahren wuchs von 1880 bis 1900 von 1.118.356 auf 1.750.178. Sie betrug 1880 16,8, dagegen 1900 bereits 18,2 Prozent aller Kinder des gleichen Alters.
Die Zahlen für 1890 sind hier nicht zu verwenden. 1890 wurden die erwerbstätigen Kinder von 10 bis 14 Jahren gezählt, nicht die von 10 bis 15 Jahren wie 1880. 1900 zählte man beide Kategorien. Da fand man allerdings eine kolossale Zunahme der Zahl der beschäftigten Kinder von 10 bis 14 Jahren im letzten Jahrzehnt. Man zählte ihrer:
1896 |
603.013 |
8,6 Prozent |
---|---|---|
1900 |
1.197.344 |
14,8 Prozent |
Jetzt suchen die Zensusstatistiker nachzuweisen, dass die Zählung für 1890 falsch sei, dass man damals irrtümlicherweise eine Menge erwerbstä11;tiger Kinder nicht mitgezählt habe. Sollte dies richtig sein. so bewiese das aber bloß, dass das Freudengeschrei ohne jeden Grund war, das unsere bürgerlichen und sonstigen Schönfärber anstimmten, als die Zahlen des Zensus von 1890 bekannt wurden. Damals hegten die Zensusstatistiker nicht die mindesten Bedenken gegen die Aufnahme jenes Jahres, und da sie anzeigte, dass 1890 nur 8,6 Prozent aller Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahren erwerbstätig waren, 1880 dagegen 16,8 Prozent aller Kinder von 10 bis 15 Jahren, so schlossen sie daraus frischweg auf eine Verminderung der Kinderarbeit und eine auffallende Milderung der kapitalistischen Ausbeutung. Damit ist es wieder einmal nichts.
Und welche Hölle die Erwerbstätigkeit oft für die unglückseligen Kinder bedeutet, haben unsere Leser aus dem von unserem Freunde Sorge eingeleiteten Artikel über Frauen- und Kinderarbeit in den Vereinigten Staaten [2] ersehen können.
Wie die Kinderarbeit, wächst auch die Frauenarbeit. Nicht infolge des Strebens der Frauen nach Selbständigkeit. In Amerika sind infolge der Einwanderung, die mehr Männer als Frauen brachte, die Frauen immer noch in der Minderzahl. Auf 39 Millionen Männer kamen 1900 37 Millionen Frauen. So wie der Lohnarbeiter erhielt auch die Frau in den Vereinigten Staaten einen Seltenheitswert. der ihr eine höhere Stellung verlieh als in Europa. Und wie man möglichst viel Maschinen anwandte, um Lohnarbeiter entbehrlich zu machen, so suchte man auch den Haushalt so zu gestalten, dass er möglichst wenig Arbeitskraft erforderte. Dadurch wurde vielfach die Frau im Haushalt entlastet. aber dank ihrer privilegierten Stellung und der meist guten Einkommen des Mannes brauchte sie die vermehrte Muße im Hause nicht zu einer Berufsarbeit außerhalb des Hauses zu benutzen. Die amerikanische Frau wurde nicht durch die Selbständigkeit ihres Erwerbs emanzipiert. Nirgends ist die Frau mehr Dame, mehr Luxustier, als in den Vereinigten Staaten.
So berichtet zum Beispiel Sering von den Frauen der amerikanischen Landwirte:
„Nach Kleidung und Benehmen stellt die Farmersfrau eine perfect lady vor und unterscheidet sich in keiner Weise von den städtischen Ladies. Die Farmerstöchter erhalten regelmäßig auf Colleges eine höhere Ausbildung als die Söhne, welche früh einem selbständigen Gelderwerb nachgehen. Überaus selten sieht man in Amerika Frauen auf dem Felde arbeiten und kann jedes Mal sicher sein, dass die Frau zur Familie eines eingewanderten Farmers gehört“ (Die landwirtschaftliche Konkurrenz Nordamerikas, S. 180).
Bei solchen Anschauungen muss der Zwang der Not besonders groß sein, ehe die Frau zur Lohnarbeit greift.
Auch heute ist bei den Frauen der eingeborenen weißen Amerikaner die Lohnarbeit noch weniger verbreitet als bei den aus dem Ausland stammenden Weißen und den Negern. Im Allgemeinen waren 1900 18,8 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung Frauen. Aber dieser Prozentsatz sank bei den von eingeborenen Weißen stammenden Amerikanern auf 13 Prozent, dagegen betrug er bei den Amerikanern, die von ausländischen Weißen abstammten, 21,7 Prozent, bei Einwanderern 19,1 Prozent und bei Farbigen 40 Prozent der Erwerbstätigen dieser Kategorien.
Indes bedeuteten jene 13 Prozent schon eine erhebliche Zunahme der Frauenarbeit eingeborener weißer Amerikanerinnen, denn 1890 machten sie nur erst 11 Prozent unter den Erwerbstätigen ihrer Kategorie aus.
In den letzten Jahrzehnten gestaltete sich das Verhältnis von Frauen- und Männerarbeit folgendermaßen:
|
Erwerbstätige |
Prozent |
Erwerbstätige |
Prozent |
---|---|---|---|---|
1880 1890 1900 |
14.744.942 19.312.651 23.753.836 |
84,8 82,8 81,7 |
2.647.157 4.005.532 5.319.397 |
15,2 17,2 18,3 |
Die Männerarbeit verliert also zusehends an Terrain.
Neben der Entwicklung der Kaufkraft der Löhne und der Frauen- und Kinderarbeit gibt es aber noch einen dritten Maßstab, um die Zu- oder Abnahme des sozialen Elends der Arbeiterschaft zu messen: die Arbeitslosigkeit. Auch darüber finden wir im letzten amerikanischen Zensus bemerkenswerte Daten. Es wurden alle aufgenommen, die im Laufe des Zählungsjahres (1. Juni 1899 bis 31. Mai 1900) einmal arbeitslos gewesen waren. Das Resultat ergab folgendes Bild, dem wir die Zahlen für 1890 beifügen:
|
1890 |
Prozent der |
1900 |
Prozent der |
---|---|---|---|---|
Zahl der Erwerbstätigen überhaupt Zahl der Arbeitslosen überhaupt Erwerbstätige im Ackerbau Arbeitslose im Ackerbau Erwerbstätige in freien Berufen Arbeitslose in freien Berufen Erwerbstätige in persönlichen Diensten Arbeitslose in persönlichen Diensten Erwerbstätige in Handel und Verkehr Arbeitslose in Handel und Verkehr Erwerbstätige in der Industrie Arbeitslose in der Industrie |
23.318.183 3.523.730 9.148.448 1.020.205 944.333 142.574 4.220.812 799.272 3.326.122 262.871 5.678.468 1.298.808 |
100,0 15,1 100,0 11,2 100,0 15,1 100.0 18,9 100,0 7,9 100,0 22,9 |
29.073.233 6.468.864 10.381.765 2.144.689 1.258.538 330.566 5.580.657 1.568.121 4.766.964 500.185 7.085.309 1.925.403 |
100,0 22,3 100,0 20,7 100,0 26,3 100,0 28,1 100,0 10,5 100.0 27,2 |
Also mehr als ein Fünftel der ganzen erwerbstätigen Bevölkerung – in der Industrie, den freien Berufen und persönlichen Diensten über ein Viertel – war im Jahre 1899 bis 1900 arbeitslos. Und offenbar ist die Arbeitslosigkeit in raschem Zunehmen. Freilich gibt der offizielle Bearbeiter des Zensus an, die Zahlen für 1890 seien nicht brauchbar, sie seien zu gering, da die Zählung eine unvollständige gewesen. Aber es ist doch merkwürdig, dass man ebenso wie bei den Zahlen über die Kinderarbeit erst 1900 zu diesen Bedenken über die Aufnahme von 1890 kommt, die man damals ohne Einwand als richtig angenommen hatte; dass man die Zahlen von 1890 erst beanstandet, nachdem man erschreckt wurde durch die kolossale Zunahme der Arbeitslosigkeit, welche die Ziffern des Zensus von 1900 anzeigen würden, wenn die von 1890 richtig wären.
Aber auf keinen Fall wird behauptet, die von 1900 seien zu hoch. Die Korrektur könnte also nur eines beweisen, dass die Arbeitslosigkeit schon 1890 eine ungemein hohe gewesen sein muss. Es ist jedoch unmöglich anzunehmen, die Zählung von 1890 sei eine so unvollständige gewesen, dass sie sich gleich um 50 Prozent geirrt. Wäre 1890 der Prozentsatz der Arbeitslosen der gleiche gewesen wie 1900, so hätte deren Zahl 5.100.000 betragen müssen, fast 1.700.000 mehr, als tatsächlich gezählt wurden (etwas über 3.500.000). So hoch kann man doch den Fehler nicht ansetzen. Die Arbeitslosigkeit ist also von 1890 bis 1900 auf jeden Fall gestiegen, wenn auch vielleicht nicht ganz in so enormem Maße, wie die Ziffern des Zensus anzeigen.
Und wer garantiert, dass man nicht im Jahre 1910 wieder herausfindet, dass auch 1900 nicht die volle Zahl der Arbeitslosen ermittelt wurde?
Dass aber 1890 die Zählung der Arbeitslosen nicht viel unvollständiger war als 1900, darauf deutet der Umstand hin dass in einer nicht unbedeutenden Anzahl von Industrien der Prozentsatz der Arbeitslosen im Jahre 1890 größer angegeben wurde als 1900.
Männliche Arbeiter |
1890 |
1900 |
---|---|---|
Bergbau Chemische Werke Teppichfabriken Baumwollwaren Trikotwaren Wollwaren Andere Textilarbeiter |
47,9 19,5 25,6 13,2 31,5 22,0 20,7 |
44,3 18,5 25,0 13,1 20,3 19,5 18,7 |
In manchen Brauchen ist der Prozentsatz der Arbeitslosen fast unverändert geblieben, so bei den Grobschmieden 1890 12,1, 1900 13,7.
Um so größer dann freilich die Zunahme in anderen Industriezweigen. Zum Beispiel:
Männliche Arbeiter |
1890 |
1900 |
---|---|---|
Zimmerleute Maurer Maler und Lackierer Glasarbeiter Tagelöhner Landarbeiter Lehrer Schuhmacher Möbelschreiner Buchdrucker Zinnarbeiter Hutmacher Schneider Wäschekonfektion |
31,8 42,9 31,1 53,1 33,4 17,2 30,8 25,2 13,8 9,6 14,5 33,1 14,5 18,0 |
41,4 55,5 42,4 59,9 44,8 36,1 55,0 31,7 20,9 15,0 25,9 41,0 27,0 32,5 |
Dabei lassen aber diese Zahlen keineswegs, so entsetzlich sie auch sind, die volle Höhe der Arbeitslosigkeit erkennen. Denn der Zensus unterscheidet nur nach Berufen, innerhalb des Berufs aber nicht nach Selbständigen und Lohnarbeitern. Die Prozentzahlen geben nicht an, wie viele der Lohnarbeiter, sondern wie viele der Erwerbstätigen arbeitslos waren. Beim Selbständigen kann man aber von Arbeitslosigkeit nicht reden. Wir kommen denn auch zu weit höheren Prozentzahlen, wenn wir die Zahl der Arbeitslosen mit der der Lohnarbeiter allein vergleichen. Das ist für die Gesamtheit der amerikanischen Arbeiterschaft nicht möglich, wohl aber für 25.440 Familien mit 124.108 Köpfen. deren Verhältnisse das Washingtoner Arbeitsamt 1901 untersuchte (Cost of living. and retail prices of food, 18. Report d. Commissioner of labor. Washington 1904). Es waren ausschließlich Lohnarbeiter aus 33 Staaten. Da fand man, dass in dem einen Jahre von 24.402 Familienhäuptern nicht weniger als 12.154, also fast genau die Hälfte (49,81 Prozent), eine Zeitlang arbeitslos gewesen waren, und zwar jeder im Durchschnitt 9,43 Wochen, also über zwei Monate! Für 1419 (11,7 Prozent der Arbeitslosen) dauerte die Arbeitslosigkeit zwanzig Wochen und darüber, bis zu einem Jahre!
Am schlimmsten wurden von ihr die Ausländer getroffen. Es waren im Laufe des Jahres arbeitslos:
Abstammungsland |
Prozent der |
Durchschnittliche Dauer |
---|---|---|
Vereinigte Staaten Ausland überhaupt Irland Deutschland Österreich-Ungarn Italien Russland |
48,09 52,35 51,41 54,50 57,66 65,60 66,90 |
9,00 10,04 10,87 9,45 9,05 10,71 11,22 |
Die unglücklichen Russen waren in jeder Beziehung am schlimmsten daran. Zwei Drittel von ihnen wurden im Laufe des Jahres arbeitslos, und davon jeder im Durchschnitt fast drei Monate lang!
Soweit es gestattet ist, aus den Ziffern des Zensus Vergleiche zu ziehen, die wir unten zusammenstellen und deren prozentuelle Zunahme wir berechnen, deuten sie darauf hin, dass sich auch in Bezug aus die Länge der Arbeitslosigkeit seit 1890 die Zustände ebenso verschlechtert haben wie in Bezug auf die Zahl der Arbeitslosen. Von diesen waren arbeitslos:
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Männer |
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1–3 Monate |
4–6 Monate |
7–12 Monate |
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1890 1900 |
1.558.759 2.593.136 |
Prozent 51,6 49,6 |
1.179.426 2.069.546 |
Prozent 39,1 39,6 |
279.982 546.790 |
Prozent 9,3 10.3 |
Zunahme |
66 Prozent |
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76 Prozent |
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101 Prozent |
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Frauen |
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1890 1900 |
265.106 584.617 |
51,9 47,1 |
188.992 485.379 |
37,0 39,1 |
56.515 171.496 |
11.1 13.8 |
Zunahme |
120 Prozent |
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156 Prozent |
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203 Prozent |
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Bei den männlichen wie bei den weiblichen Arbeitslosen nimmt also verhältnismäßig die Zahl der nur durch kurze Zeit Beschäftigungslosen ab und die Zahl der schweren Fälle nicht bloß absolut sondern auch relativ zu. Bei den Männern haben die Fälle der Arbeitslosigkeit von 1 bis 3 Monaten „nur“ um 66 Prozent zugenommen – gleichzeitig nahm die Bevölkerung bloß um 21 Prozent zu, die Zahl der Erwerbstätigen um 24 Prozent! Aber die Zahl derjenigen, die 4 bis 6 Monate arbeitslos blieben, wuchs von 1890 bis 1900 um 76 Prozent, und gar die Zahl derjenigen, die über ein halbes Jahr lang keine Arbeit finden, wurde verdoppelt.
Noch stärker wuchs die Arbeitslosigkeit bei den Frauen, um 120 Prozent bei den milderen, um 156 Prozent bei den schwereren Fällen von Arbeitslosigkeit, um sich bei den schwersten zu verdreifachen.
Kein Wunder, dass der amerikanische Zensus von 1900 sich mit dem Hinweis auf die Ungenauigkeit der Ziffern von 1890 begnügt und diese schamhaft verbirgt, statt sie neben die von 1900 zu stellen und es dem Leser zu überlassen, inwieweit er die Bemängelungen der Herren Zensusbeamten beachten will.
Dass die Ziffern unvollständig sind, geben wir gern zu. Aber soweit sie etwas bezeugen, ist es eine Vergrößerung und Verschärfung der Arbeitslosigkeit, und mit voller Sicherheit bezeugen sie eine geradezu unerhörte Ausdehnung derselben im Jahre 1900, einem Jahre der Prosperität in Amerika. Und man braucht sich nur ein wenig in den aus anderen Quellen stammenden Angaben über amerikanische Arbeiterverhältnisse umzusehen, um zu erkennen, dass die eben behandelten Ziffern, wie ungenau sie in einzelnen Details sein mögen, doch im Ganzen und Großen ein sehr richtiges Bild wirklicher Tendenzen geben.
So berichtet zum Beispiel Sombart in seiner schon mehrfach erwähnten Abhandlung über ein Buch (Robert Hunter, Poverty, 1904), das „hineinleuchtet in die Tiefen des amerikanischen Großstadtelends“.
„Der Verfasser veranschlagt die Zahl der unterhalb der Grenze der Armut lebenden Personen, also diejenigen, die in Nahrung, Kleidung und Wohnung nicht das Nötigste haben, in den Vereinigten Staaten auf insgesamt 16 Millionen in Zeiten durchschnittlicher Prosperität, wovon 4 Millionen öffentliche Arme sind. Im Jahre 1897 empfingen in New York Armenunterstützung über 2 Millionen Menschen [H], 14 Prozent der Bevölkerung derselben Stadt leben in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs (1903), 26 Prozent in schlechten Zeiten (1897) im größten Elend, das heißt von ihnen weiß man es, zählt man die verschämten Armen hinzu, meint der Verfasser, so wird die Zahl der in Armut Lebenden in New York und anderen Großstädten selten unter 25 Prozent sinken. In Manhattan, dem Hauptstadtteil New Yorks, wurden 1903, also in einem guten Jahre, 60.463 Familien, das sind 14 Prozent aller Familien, aus ihren Wohnungen exmittiert. Jeder zehnte Tote wird in New York als Stadtarmer auf Potters Field beerdigt“ (S. 218, 219).
Diese Ziffern zeigen dieselbe Richtung an, wie die des Zensus der Arbeitslosen.
Nimmt aber die Arbeitslosigkeit zu, so erhalten die oben mitgeteilten Daten, die einen Rückgang in der Kaufkraft der Arbeitslöhne seit 1896 anzeigen, ein noch schlimmeres Gesicht. Denn es handelt sich dort um Wocheneinnahmen des Arbeiters, berechnet nach Stundenlöhnen. Entscheidend für seinen Wohlstand ist aber nicht seine wöchentliche, sondern seine jährliche Einnahme, und die wird offenbar, bei gleichbleibendem Wochenlohn, um so geringer, je größer die Zahl der Wochen im Jahre, die ohne Arbeit, also ohne Verdienst, verbracht werden müssen.
Angesichts aller dieser Zahlen haben wir ein Recht, von einem sehr erheblichen Rückgang im Wohlstand des amerikanischen Arbeiters seit 1896 zu reden. Seine Geldeinnahmen haben abgenommen, indes gleichzeitig die Kaufkraft des Geldes gesunken ist.
1. A. M. Simons, Die Lage in Amerika, Neue Zeit, Jg. 26 (1905–1906), Nr. 19, S. 623.
D. Um diese Zahl zu erlangen, wurden die schon mehrfach erwähnten Haushaltungsbudgets der 2.567 Familien hergenommen, die aus allen Teilen des Reiches stammten, und ihr Durchschnittskonsum an Nahrungsmitteln sowie die relative Bedeutung jedes derselben für den Haushalt ermittelt. Dies, zusammengehalten mit den Detailpreisen der Nahrungsmittel in jedem Jahre, ermöglichte dann, zu berechnen, wie viel durchschnittlich eine Familie in jedem der 15 Jahre für ihren Konsum auszugeben hatte, wenn er gleich blieb, und inwieweit diese Ausgaben über den Durchschnitt von 1890 bis 1899 stiegen oder fielen. Die absoluten und relativen Zahlen dieser Ausgaben für den Durchschnitt der 2.567 Familien lauteten:
1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 |
318,20 Doll. 322,55 Doll. 316,65 Doll. 324,41 Doll. 309,81 Doll. 303,91 Doll. 296,76 Doll. 299,24 Doll. 306,70 Doll. 309,19 Doll. 314,16 Doll. 326,90 Doll. 344,01 Doll. 342,75 Doll. 347,10 Doll. |
102,4 103,8 101,9 104,4 99,7 97,8 95,5 96,3 98,7 99,5 101,1 105,2 110,9 110,3 111,7 |
Der Durchschnitt von 1890 bis 1899, 310,74 Dollar, ist gleich 100 gesetzt.
E. Frame spinners im Unterschied von mule spinners.
F. Pipe fitters.
G. Für 1904 ist keine Zahl angegeben.
2. F. A. Sorge, Frauen- und Kinderarbeit in den Vereinigten Staaten, (Neue Zeit, XXII, 1, S. 716 ff.
H. Darunter wohl vielfache Doppelzählungen, bemerkt Sombart dazu. Es sind wohl die Fälle von eingetretener Armenunterstützung gemeint. Ganz New York zählte ja 1897 erst 3½ Millionen Einwohner.
Zuletzt aktualisiert am 22. Oktober 2024