Karl Liebknecht

 

Militarismus und Antimilitarismus

 

Erster Teil
Militarismus

 

IV. Besonderes von einigen Hauptsünden des Militarismus

 

1. Die Soldatenmißhandlungen oder der Militarismus als reuiger und doch unverbesserlicher Sünder

Zwei Zwickmühlen

Die Herren Militaristen sind keineswegs dumm. Das beweist ihr mit äußerster Schlauheit durchgeführtes Erziehungssystem. Sie spekulieren mit beachtenswertem Geschick auf die Massenpsychologie. Wenn das friderizianische, aus Söldnern und dem Auswurf der Bevölkerung bestehende Heer durch Gamaschendrill und Prügel für seine viel mechanischeren Aufgaben zusammengehalten werden konnte, trifft dies für unsere aus der Gesamtbevölkerung mit ihrer gesteigerten Intelligenz und Moral zusammengesetzten, auf Grundlage einer Bürgerpflicht aufgebauten Armee bei ihren weit höheren Anforderungen an den einzelnen nicht mehr zu. Das haben die Scharnhorst und Gneisenau, deren Armeeorganisation mit Verkündigung der Freiheit des Rückens“ einsetzt., sofort scharf erkannt. [1] Dennoch gehören, wie gezeigt, schlechte Behandlung, rohe Beschimpfung, Prügel und alle möglichen Arten raffiniert grausamer Mißhandlung zum eisernen Bestand auch unsres heutigen militärischen Erziehungssystems.

Die Stellung, die man auf militaristischer Seite den Soldatenmißhandlungen gegenüber einnimmt, richtet sich selbstverständlich nicht nach Ethik, Kultur, Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Christentum und ähnlichen schönen Sachen, sondern nach puren jesuitischen Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten. Ihre verborgene Maulwurfsgefährlichkeit für die Disziplin und den „Geist“ in der Armee selbst [2] ist bis heute noch längst nicht zur allgemeinen Erkenntnis gelangt. [3] Das „Schäften“ der Rekruten und unbequemen Mannschaften durch die alten Leute, die rohen Kasernenhofblüten und gemeinen Schimpfreden aller Art sowie ein beträchtliches Maß von Püffen, Stößen, Schlägen und dergleichen, von „Hochnehmen“ und „Schleifen“ der Mannschaften wird bis zum heutigen Tage von der Mehrzahl der Unteroffiziere und selbst der Offiziere, die, dem Volke entfremdet und feind, zu borniertesten Gewaltpolitikern en miniature dressiert sind, im Innersten ihres Herzens skrupellos gutgeheißen, ja geradezu als notwendig angesehen. Der Kampf gegen diese Exzesse stößt daher von vornherein auf einen schier unüberwindlichen passiven Widerstand. Nicht offen, aber heimlich kann man es jeden Tag hören, wie Vorgesetzte das Verlangen nach menschenwürdiger Behandlung der „Kerls“ als törichte Humanitätsduselei bezeichnen. Der Dienst der Waffen ist ein rauher Dienst. Aber auch, soweit man bis zur Erkenntnis jener in der Tiefe wühlenden Maulwurfsgefährlichkeit der Disziplinarmißhandlungen durchgedrungen ist, befindet man sich wieder in einer jener Zwickmühlen, in die ein sich der natürlichen Entwicklung entgegenstemmendes Gewaltsystem auf Schritt und Tritt geraten muß und von denen wir schon einige aufgedeckt haben. Jene Mißhandlungen sind eben – wie noch näher zu zeigen – unentbehrliche Hilfsmittel des äußeren Drills, dessen der kapitalistische Militarismus für den die innere freie Disziplin doch unerreichbar bleibt, faute de mieux nicht entraten kann. Sie gelten trotz alles Bedenkens und Bedauerns, wir wiederholen es, zwar nicht offiziell, aber offiziös als ein zwar nicht legales, aber unentbehrliches militaristisches Erziehungsmittel.

Man hat aber auch, abgesehen von diesen militärischen Bedenken, ein böses Gewissen, seitdem man erwischt ist, das heißt, seitdem sich die rücksichtslose sozialdemokratische Kritik des Heerwesens bemächtigt haue und nun selbst weite Kreise des Bürgertums von jener militärischen Moral abzurücken begannen. Der Militarismus mußte es ja zähneknirschend dulden, daß er nicht einfach vom obersten Kriegsherrn inszeniert und kommandiert wurde, sondern daß er vor allem materiell von der mit höhnischer Geringschätzung betrachteten Volksvertretung, von dem Reichstage, in dem sogar Abgeordnete des „Pöbels“ sitzen, kurz gesagt, von der „Kanaille“ abhängt und daß unter dem Schutze der Reichstagsimmunität seine Blöße ohne Schonung immer und immer wieder aufgedeckt wurde. So sah er sich voll verbissener Wut genötigt, die Rotüre, die „Reichstagskerle“, die verachtete und verspottete „öffentliche Meinung“ in guter Stimmung zu halten. Es galt, die Militärfrömmigkeit des Bürgertums, das an und für sich zu jeder möglichen militärischen Bewilligung bereit war, aber nicht selten, besonders in Zeiten der Finanzkalamität wider den Stachel zu löcken versuchte, auf keine zu harte Probe zu stellen und ihm seinen Wählern gegenüber, die meist den ihrem Wesen nach antimilitaristischen Klassen angehören und, bei Erkenntnis ihrer Klassenlage, der Sozialdemokratie verfallen sind, einen möglichst leichten Stand zu verschaffen. Es galt der sozialdemokratischen Agitation wirksamste Waffen vorzuenthalten oder zu entreißen, und so verfolgte man zunächst die Taktik der Vertuschung, der Verschleierung. Das Militärgerichtsverfahren war geheim, „es fällt kein Strahl in deines Herzens Nacht“, und wenn dennoch einer hineinfiel, so leugnete, bestritt und beschönigte man nach Leibeskräften. Aber selbst hinter Kasernenmauern und durch die Gitter der Militärgefängnisse und Festungen leuchtete mehr und mehr die Fackel der Sozialdemokratie. Die Militärdebatten im Deutschen Reichstage in den achtziger und neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sind ein zäher und leidenschaftlicher Kampf um die Anerkennung der Tatsache der Kasernengreuel als einer nicht nur selten und verstreut auftretenden, sondern als einer regelmäßigen und außerordentlich häufigen, gewissermaßen organischen, konstitutionellen Erscheinung im Militarismus. Gute Dienste leistete in diesem Kampfe der durch die Öffentlichkeit des Militärgerichtsverfahrens in andern Staaten erleichterte unanfechtbare Nachweis, daß die Militärmißhandlungen eine regelmäßige Eigenschaft des Militarismus sind, selbst des republikanischen Militarismus in Frankreich, selbst des belgischen Militarismus, selbst mehr und mehr des schweizerischen Milizmilitarismus. Die sozialdemokratische Kritik siegte wesentlich unter dem Eindruck der Anfang 1892 im Vorwärts publizierten Erlasse des Prinzen Georg von Sachsen (vom 8. Juni 1891) [4] und des bayerischen Kriegsministeriums (vom 15. Dezember 1891) sowie der dreitägigen Reichstagsdebatte vom 15. bis 17. Februar 1892. Nach den üblichen „Erwägungen“ und Zerrereien kam schließlich 1898 mit Hängen und Würgen die Reform unsrer Militärstrafprozeßordnung, die zwar noch immer in großem Umfange gestattete, durch Ausschließung der Öffentlichkeit den Mantel christlicher Liebe über furchtbare Geheimnisse der Kasernen zu decken, die aber doch – trotz aller die weitestgehende Ausschließung der Öffentlichkeit geradezu nahelegenden Erlasse und jener viel kommentierten Maßregelung der Richter Bilses – bald einen solchen Platzregen grauenhafter Mißhandlungsfäule auf die Öffentlichkeit herunterprasseln ließ, daß alle Einwände gegen die sozialdemokratische Kritik einfach wehrlos hinweggeschwemmt wurden und der Soldatenschinder als ständige Institution des staatserhaltenden Militariemus fast allenthalben, wenn auch noch so widerwillig, Anerkennung fand. Man suchte, ehrlich und minder ehrlich, dieser abschreckenden und für die sozialdemokratische „Verhetzung“ allzu günstigen Institution zu Leibe zu gehen, wenn man auch nicht an einen wesentlichen Erfolg glaubte, so doch, um den Eindruck zu erwecken, daß man mit dieser Erscheinung nicht zufrieden, sondern bereit sei, sein Bestes zu ihrer Beseitigung zu tun. Man begann mit einer gewissen Rücksichtslosigkeit die Soldatenschinder zu verfolgen, aber wichtiger als der Kampf gegen die Militärmißhandlungen bleibt für den Militarismus selbstverständlich das Interesse an der militärischen Disziplin, der Gefügigmachung des Volks in Waffen zum Kampf gegen seine eigenen internationalen und nationalen Interessen. Man stelle die Urteile gegen die Soldatenschinder gemeinster Art zusammen mit den Urteilen, die oft wegen ganz geringfügiger oder in der Erregung und im Trunk begangener Verfehlungen von Soldaten gegen Vorgesetzte fast täglich ergehen. Hier blutige, drakonische Vergeltung jeder kleinsten Sünde wider den heiligsten Geist des Militarismus, dort trotz alledem verhältnismäßig milde Nachsicht und Verständnis. So ist der Kampf der Militärjustiz gegen die Militärmißhandlungen, der Hand in Hand geht mit einer unerbittlichen Erdrosselung jeder Spur einer Regung von Selbständigkeits- oder Gleichberechtigungsbewußtsein der Untergebenen, naturgemäß fast ergebnislos. Der Fall des Erbprinzen zu Sachsen-Meiningen, der den Mut besaß, die Mannschaften selbst zur Unterstützung im Kampf gegen die Mißhandlungen anzurufen, ja ihnen diese Unterstützung zur Pflicht zu machen und so das Übel energischer als gewöhnlich an der Wurzel zu packen, der aber wegen dieses kühnen Schrittes alsbald den Dienst quittieren mußte [5], sagt alles. Er wirft auf die ganze Halt- und Hoffnungslosigkeit des offiziellen Kampfes gegen die Militär mißhandlungen bengalisches Licht.

Das Büchlein unsres Genossen Rudolf Krafft, eines früheren bayerischen Offiziers, Die Opfer der Kaserne, bearbeitet wertvolles Material mit einer Sachkunde, die nur einer „vom Bau“ entwickeln kann. Regelmäßige Zusammenstellungen unsrer Partei- presse über die in bestimmten Zeitabschnitten bekannt gewordenen Soldatenmißhandlungsprozesse liefern – auch gegen den Marinismus [6] – eine geradezu erdrückende Menge Stoffs, dessen zusammenfassende Bearbeitung [7] leider noch nicht erfolgt ist. Hier ist eine wichtige und dankbare Aufgabe zu erfüllen.

Wir hegen bei unserm grundsätzlichen Standpunkt zum Militarismus keinerlei Wahnvorstellungen. Wenn jene Scharnhorststsche Verordnung wegen der Militärstrafen meint: „Die Erfahrung lehrt, daß Rekruten ohne Schläge im Exerzieren unterrichtet wer den können. Einem Offizier, dem dies unausführbar scheinen möchte, mangelt entweder die nötige Darstellungsgabe oder der klare Begriff vom Exerzierunterricht ...“, so ist das natürlich theoretisch richtig, praktisch aber der Zeit weit vorausgeeilt. Die Militärmißhandlung entspringt dem innersten Wesen des kapitalistischen Militarismus. Das Mannschaftsmaterial ist zu einem großer feil geistig und zu einem noch größeren Teile körperlich den militärischen Anforderungen, vor allem denen des Paradedrills, nicht gewachsen. Es treten immer mehr junge Leute mit einer Lebensauffassung in die Armee ein, die dem militärischen Geiste gefährlich und feindlich ist. Es gilt den „Kerls“ ihre bisherige Seele gewissermaßen herauszureißen und eine neue patriotisch-königstreue Seele hineinzustopfen. Alle diese Aufgaben sind selbst für den geschicktesten Pädagogen unlöslich, geschweige denn für die Sorte von Pädagogen, die dem Militarismus zu Gebote stehen, der auch hier, mehr als ihm lieb, sparen muß. [8]

Und diese militaristischen Pädagogen haben keinerlei gesicherte Existenz. Sie sind von dem Wohlwollen, von der Willkür der Vorgesetzten gänzlich abhängig und haben jeden Augenblick zu gewärtigen, einfach aufs Pflaster geworfen zu werden, wenn sie ihre Hauptaufgabe nicht erfüllen, den Soldaten nach dem Bilde des Militarismus zu formen – ein ausgezeichnetes Mittel, den gesamten Apparat von militärischen Vorgesetzten (Offizieren und Unteroffizieren) in der Hand der Kommandogewalt aufs äußerste gefügig zu machen. Daß solche Vorgesetzte mit nervöser Rücksichtslosigkeit drillen, ist selbstverständlich, daß es dabei bald heißt „und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt“ und daß die Gewalt bei der absoluten, auf Leben und Tod gehenden Macht des Vorgesetzten gegenüber den bedingungslos unterworfenen Untergebenen schließlich in Form von Mißhandlungen zur Anwendung gebracht wird, ist eine natürliche und menschlich-notwendige Verkettung, in die sich auch der neugebackene japanische Militarismus mit aller Promptheit fest verstrickt hat. [9] Auch in dieser Zwickmühle sitzt der Militarismus fest.

Freilich liegen die Ursachen solcher „Kommiß“freuden nicht überall gleichmäßig vor. Die Stufe der Volksbildung vor allem übt einen stark modifizierenden Einfluß. [10] Und es kann nicht wundernehmen, daß selbst der französische Kolonialmilitarismus hier von dem preußisch-deutschen Heimatsmilitarismus günstig absticht. [11]

Uns aber bietet gerade diese Form der disziplinaren Gewaltausübung, gerade wegen ihrer im System begründeten Notwendigkeit, ein ausgezeichnetes Mittel, den Militarismus grundsätzlich und höchst erfolgreich zu bekämpfen, immer breitere Massen des Volks gegen ihn aufzupeitschen und das Klassenbewußtsein in solche Kreise hineinzutragen, die ihm sonst noch nicht oder viel schwerer zugänglich sein würden. Die Militärmißhandlungen, in Verbindung mit der militaristischen Klassenjustiz eine der aufreizendsten Erscheinungen der kapitalistischen Unkultur, sind neben ihrer Maulwurfsgefährlichkeit für die militärische Disziplin wirksamste Waffen im Befreiungskampfe des Proletariats. Diese Sünde des Kapitalismus kehrt sich gedoppelt gegen ihn selbst. Und mag der Sünder noch soviel Buße tun, ehrlich in hilfloser Zerknirschung oder im Stil des Reineke Fuchs, diese Waffen können uns nicht entrissen werden, denn, trotz Sackleinen und Asche, dieser reuige Sünder ist unverbesserlich.

 

 

2. Die Kosten des Militarismus oder La douloureuse

Noch eine Zwickmühle

Der geschichtliche Materialismus, die Lehre von der dialektischen Entwicklung, ist die Lehre von der immanenten Notwendigkeit der Vergeltung. Jede Klassengesellschaft ist zum Selbstmord verurteilt. Jede Klassengesellschaft ist eine Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft, und selbst wenn sie das Böse nicht wollen möchte, das Böse tun muß, die an der Erbsünde ihres Klassencharakters zugrunde gehen muß, die, mag sie wollen oder nicht, den Ödipus erzeugen muß, der sie dereinst erschlägt – und zwar ungleich dein sagenhaften Thebaner im vollen Bewußtsein des Vatermords. Jedenfalls gilt das für die kapitalistische Gesellschaftsordnung, für das Proletariat.

Gewiß möchte auch die herrschende Klasse des Kapitalismus ihre Profitinteressen ganz gern in voller Gemütlichkeit wahrnehmen. Da sich diese Gemütlichkeit aber weder mit der kapitalistischen Konkurrenz, der nationalen und internationalen, verträgt, noch auch dem Geschmack derjenigen dauernd entspricht, aus deren Haut der Kapitalismus Riemen schneidet, so errichtet der Kapitalismus zum Schutze der Lohnsklaverei um das Allerheiligste des Profits eine waffenstarrende, grausame Festung der Gewaltherrschaft. Und wenn der Militarismus für den Kapitalismus eine Lebensnotwendigkeit ist, so liegt ihm natürlich an den Riesenkosten dies Militarismus an und für sich nichts, im Gegenteil, sie sind ihm gewiß herzlich unangenehm. Aber da es nun einmal heutzutage nicht mehr möglich ist, nach dem alten kadmeischen Rezept Zähne zu säen und bewaffnete Soldaten aus dem Boden wachsen zu lassen, so bleibt nichts übrig, als sich mit der Molochnatur des Militarismus abzufinden und seine unersättliche Gefräßigkeit zu füttern. Wie Peinlich den herrschenden Klassen diese Eigenschaft des Militarismus ist, lehren die alljährlichen Budgetverhandlungen der Parlamente. Der mehrwertsüchtige Kapitalismus kann eben nur wiederum beim Geldpunkt, seiner grundsätzlich schwachen Seite, gefaßt werden. Die Kostspieligkeit des Militarismus ist das einzige, was ihm irgendwelche Grenzen zieht, wenigstens soweit die Kosten von der Bourgeoisie selbst getragen werden. Aber freilich, die Profitmoral sucht und findet einen ebenso bequemen wie niederträchtigen Ausweg: die Überwälzung des größten oder eines großen Teils der militaristischen Lasten auf die Schultern derjenigen Schichten des Volks, die nicht nur die schwächsten sind, sondern zu deren Unterdrückung und Peinigung auch der Militarismus hauptsächlich in Szene gesetzt ist. Die kapitalistischen Klassen nutzen, ebenso wie die herrschenden Klassen andrer Gesellschaftsordnungen, ihre noch dazu erst auf Ausbeutung des Proletariats gegründete Gewaltherrschaft aus, um die unterdrückten und ausgebeuteten Klassen ihre Ketten nicht nur selbst schmieden, sondern auch möglichst selbst bezahlen zu lassen. Nicht genug, daß man die Söhne des Volks selbst zu Henkern des Volks macht, man preßt den Sold dieser Henker auch nach Kräften aus dem Schweiß und Blut des Volks. Und wenn man auch die aufreizende Wirkung dieses blutigen Gaunerstreichs hier und da einsieht, der Kapitalismus bleibt seinem Glauben treu bis in den Tod, dem Glauben an das goldene Kalb.

Freilich: Diese Abwälzung der militärischen Lasten auf die ärmeren Klassen vermindert die Ausbeutungsfähigkeit dieser Klassen; daran ist nicht zu deuteln, und auch das trägt dazu bei, den ausbeutungsfrohen Kapitalismus auf Moloch verdrießlich zu stimmen.

Der Militarismus lastet als ein Bleigewicht auf unserm gesamten Leben; er ist aber im besonderen ein wirtschaftliches Bleigewicht, ein Alb, unter dem unser wirtschaftliches Leben ächzt, ein Vampir, der es aussaugt, indem er die besten Kräfte des Volks ständig jahrelang der Produktion und kulturellen Arbeit entzieht – in Deutschland jetzt dauernd rund 655.000 [12] der kräftigsten und erwerbsfähigsten Männer von meist 20 bis 22 Jahren –‚ sodann aber durch seine wahnsinnigen unmittelbaren Kosten. In Deutschland beziffert sich das in sprunghaftem Anschwellen befindliche Militär- und Marinebudget einschließlich des Kolonialbudgets [13], aber außer den Nachtragsetats, für 1906/1907 zum Beispiel auf über 1.300 Millionen Mark, auf rund eineindrittel Milliarde Mark. Die Kosten der andern Militärstaaten sind verhältnismäßig nicht geringer [14], und selbst die militärischen Ausgaben der gesegneteren Staaten, zum Beispiel Amerikanische Union [15], England (1904/1905) für Armee und Flotte 1.321 Millionen!, Belgien und Schweiz, sind so außerordentlich, daß sie im Staatshaushalt eine beherrschende Stellung einnehmen. Die Richtung der Entwicklung geht allenthalben auf uferlose Steigerung, bis hart an die Grenze der Leistungsfähigkeit.

Sehr hübsch ist folgende Zusammenstellung des Manuel du soldat:

1899 hatte Europa ein militärisches Budget von 7.184.321.093 Franc. Es beschäftigte militärisch 4.169.321 Mann, die, wenn sie arbeiten würden, täglich produzieren könnten (bei Zugrundelegung von 3 Franc pro Tag und Mann): 12.507.963 Franc. Es gebrauchte weiter militärisch 710.342 Pferde, die (bei Zugrundelegung von 2 Franc pro Tag und Pferd) täglich erzeugen könnten: 1.420.684 Franc, macht zusammen mit jenen 12.507.963 Franc 13.928.647 Franc. Die Ziffern mit 300 multipliziert, macht an verlorenem Produktivwert, unter Hinzurechnang des Budgets 11.362.915.313 Franc.

Von 1899 bis 1906/1907 ist aber allein in Deutschland das militärische Budget von rund 920 Millionen auf rund 1.300 Millionen, also über 40 Prozent gewachsen. Die Gesamtsumme der militärischen „Spesen“ dürfte sich – ohne die Kosten des Russisch-Japanischen Kriegs – jetzt für Europa auf etwa 15 Milliarden Mark pro Jahr belaufen, das macht rund 15 Prozent des gesamten Außenhandels der Welt: wahrlich eine echte Bankrotteurwirtschaft.

Wie in den russischen Ostseeprovinzen die militärische Unterdrückung der revolutionären Bewegung lange Zeit den von ihr betroffenen Baronen übertragen war, so hat Amerika die unbegrenzte Möglichkeit verwirklicht, sogar in Friedenszeiten die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ordnung dem Unternehmertum selbst gewissermaßen in Entreprise zu überlassen: siebe die Pinkertons, die geradenwegs eine legale Einrichtung für den Klassenkampf geworden sind. Dies, Einrichtung bat jedenfalls, wie auch die belgische Form der Bürgergarde, den Vorteil, die selbst der Bourgeoisie unliebsamen Begleiterscheinungen des Militarismus (Soldatenmißhandlungen, Kosten usw.) zu mildern [16] und damit dem Feinde der kapitalistischen Gesellschaft einen höchst wirksamen Agitationsstoff teilweise vorzuenthalten. Aber dieser für das Proletariat auch nichts weniger als angenehme Ausweg ißt den kapitalistischen Staaten, wie gesagt, für den Regelfall verrammelt, und den Weg zur wirtschaftlich viel weniger lästigen Miliz verbietet ihnen auf absehbare Zeit die innerpolitische Aufgabe, die Klassenkampffunktion des Heeres, die ja sogar eine ausgeprägte Tendenz auf Beseitigung der bestehenden Milizen entfaltet.

Man vergleiche den Gesamtetat des Deutschen Reiches für 1906/1907 in Höhe von 2.397.324.000 Mark mit dem Anteil, der auf Heer und Marine entfällt, und man sieht, daß alle übrigen Posten gegenüber diesem einen gewaltigen nur die Rolle kleiner Trabanten spielen,, daß sich alles Steuerwesen, die gesamte Finanzwirtschaft um das Militärbudget gruppiert, „wie der Sterne Heer sich um die Sonne stellt“.

So wird der Militarismus zum gefährlichen Hemmschuh, oft zum Totengräber selbst desjenigen kulturellen Fortschritts, der an und für sich im Interesse auch der heutigen Gesellschaftsordnung läge. Schule, Kunst und Wissenschaft, öffentliche Hygiene, Verkehrswesen: Alles wird aufs äußerste stiefmütterlich behandelt, da wir für Kulturaufgaben, um ein bekanntes Wort zu gebrauchen, bei Molochs Gefräßigkeit nichts übrig haben. Das Ministerwort: Die Kulturaufgaben leiden nicht, wurde höchstens von den ostelbischen Junkern bei ihren geringen Kulturansprüchen mit überzeugter Zustimmung aufgenommen, während es selbst den sonstigen Vertretern der kapitalistischen Gesellschaft nur ein Augurenlächeln abzunötigen vermochte.

Zahlen beweisen. Eine Gegenüberstellung der eineindrittel Milliarde des deutschen Militäretats von 1906 und der 171 Millionen, die Preußen 1906 für Unterricht aller Art aufgewendet hat, die 420 Millionen, die Österreich-Ungarn 1900 für militärische Zwecke, und der fünfeinhalb Millionen, die es für Volksschulen verausgabt hat, genügt. Das neueste preußische Schulunterhaltungsgesetz mit seiner kleinlichen Regelung der Lehrergehaltsfrage sowie der berüchtigte Studtsche Erlaß gegen die Aufbesseung der Lehrergehälter in den Städten sprechen Bände.

Deutschland wäre reich genug, alle Kulturaufgaben zu erfüllen; und je mehr diese Aufgaben erfüllt würden, um so leichter würde es ihm, ihre Kosten zu tragen. Aber die Barriere des Militarismus versperrt den Weg.

Die Art, in der die militärischen Kosten in Deutschland – anderwärts, zum Beispiel in Frankreich, kaum minder – aufgebracht werden, stachelt ganz besonders auf. Der Militarismus ist, man kann fast sagen, der Schöpfer und Erhalter unsres erdrückenden ungerechten indirekten Steuerwesens. Die gesamte Reichszoll- und Reichssteuerwirtschaft. die auf eine Auspowerung der großen Masse, das heißt der bedürftigen Masse unsrer Bevölkerung, hinausläuft und der es im wesentlichen zu verdanken ist, wenn sich zum Beispiel im Jahre 1906 die Kosten der Lebenshaltung für die Masse des Volks gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 1900 bis 1904 allein um 10 bis 15 Prozent gesteigert haben, dient neben dem Junkertum, dieser Schmarotzerklasse, deren zärtliche Versorgung zu einem sehr großen Teil wiederum durch militaristische Gründe verursacht ist, in erster Linie militaristischen Zwecken.

Nicht minder haben wir es hauptsächlich dem Militarismus zu danken, wenn unser Kommunikationswesen, dessen Ausbildung und Vervollkommnung übrigens gerade im höchsten Interesse eines verständigen und seines Interesses klug bewußten Kapitalismus liegt, dennoch längst nicht den Anforderungen des Verkehrs und der Entwicklung der Technik entspricht, sondern als milchende Kuh zu einer besonderen indirekten Besteuerung des Volks ausgenutzt wird. Die Geschichte der letzten Stengelschen Reichsfinanzvorlage kann hier dem Blinden die Augen öffnen. Fast bis auf den Pfennig genau läßt sich berechnen, daß diese Vorlage nur hervorgerufen worden ist durch die Notwendigkeit, jenes 200-Millionen-Loch, das der Militarismus wieder einmal in die Reichskasse gerissen hat, zuzustopfen; und die Art der Steuergesetze, die den Massenkonsum an Bier, Tabak usw. und selbst den Verkehr, diese Lebensluft des Kapitalismus, schwer belasten, bildet eine vortreffliche Illustration zu dem oben Angeführten.

Kein Zweifel, der Militarismus ist dem Kapitalismus in vieler Hinsicht selbst eine Last, aber diese Last sitzt ihm so fest auf dem Nacken, wie der geheimnisvoll mächtige Greis auf den Schultern Sindbads, des Seemanns. Er bedarf seiner, wie man im Kriege der Spione bedarf und in Friedenszeiten der Scharfrichter und Henkersknechte. Er mag ihn hassen, aber er kann ihn nicht entbehren, so wie der christliche Kulturmensch die Sünden gegen das Evangelium verabscheut und ohne sie doch nicht leben kann. Der Militarismus ist eine Erbsünde des Kapitalismus, die zwar hie und da der Besserung zugänglich ist [17], von der ihn aber erst das Fegefeuer des Sozialismus läutern wird.

 

 

3. Die Armee als Werkzeug gegen das Proletariat im wirtschaftlichen Kampf

Vorbemerkung

Wir haben oben gesehen, wie der Militarismus geradezu die Achse geworden ist, um die sich unser politisches, soziales und wirtschaftliches Leben mehr und mehr dreht, wie er der Drahtzieher ist, der an dem „Drahte“, dem nenne rerum, die Puppen des kapitalistischen Puppentheaters tanzen läßt. Wir haben gesehen, welchem Zweck der Militarismus dient, wie er diesen Zweck zu erreichen sucht und wie er bei Verfolgung dieses Zweckes mit Naturnotwendigkeit das Gift selbst erzeugen muß, an dem er sterben soll. Wir haben auch erörtert, welche wichtige staatserhaltende, leider nur wenig erfolgreiche Rolle er als Gesinnungspaukschule für das Volk im bunten Rock und in Zivil spielt. Damit begnügt er sich aber nicht, sondern übt schon heute in ruhigen Zeiten seine staatsstützende Einwirkung nach verschiedenen andern Richtungen aus, zur Vorbereitung. zur Vorübung für seinen großen Tag. wo er nach langer Lehrlings- und Gesellenzeit sein Meisterstück zu liefern hat, für den Tag, da sich das Volk frech und unbotmäßig wider seine Herren erhebt, den Tag des großen Kladderadatsches.

An diesem Tage, den seine Leibgarde lieber heute als morgen aufgehen sähe, weil sie ihn um so sicherer zu einer Sintflut für die Sozialdemokratie zu machen hofft, wird er nach Herzenslust mit Gott für König und Vaterland en gros füsilieren. kartätschen, massakrieren; der 22. Januar 1905, die blutige Maiwoche des Jahres 1871 werden ihm Ideal und Vorbild sein. Gar schön gelobte im April 1894 der Wiener Korpskommandant Schönfeldt auf einem Bankett tafelnder Bourgeois: Sie können versichert sein, daß auch Sie uns hinter Ihrer Front finden werden, wenn die Existenz der Gesellschaft, der Genuß des sauer erworbenen Besitzes bedroht sind. Wenn der Bürger in erster Linie steht, eilt der Soldat zur Hilfe!

Also der gepanzerte Arm ist stets erhoben, bereit, zerschmetternd einzuschlagen. Man heuchelt: „zur Sicherung der Ordnung“, „zum Schutz der Freiheit der Arbeit“, und man meint: „zur Sicherung der Unterdrückung“, „zum Schutz der Ausbeutung“. Regt sich das Proletariat in unbequemer Lebhaftigkeit und Macht, gleich sucht es der Militarismus säbelrasselnd zurückzuscheuchen, der Militarismus, der allgegenwärtig und allmächtig hinter jeder arbeiterfeindlichen Aktion unsrer Staatsgewalt steht und ihr den letzten, heut noch unüberwindlichen Nachdruck verleiht, der sich aber nicht nur für die großen Momente im Hintergrunde, hinter der Vorhut der Polizei und Gendarmerie hält, sondern zielbewußt stets bereit steht. auch die Alltagsarbeit zu unterstützen und in zähem Kleinkampf die Pfeiler der kapitalistischen Ordnung zu festigen. Gerade diese vielgeschäftige Vielseitigkeit kennzeichnet in ihrem Raffinement den kapitalistischen Militarismus.

 

 

Soldaten als Konkurrenten gegen freie Arbeiter

Der Militarismus ist sich als Funktionär des Kapitalismus sehr wohl dessen bewußt, daß die Förderung des Unternehmerprofits seine höchste und heiligste Aufgabe ist. So hält er sich für wohl befugt, selbst verpflichtet, die Soldaten dem Unternehmertum, besonders dem Junkertum zur Steuerung der durch unmenschliche Ausbeutung und Brutalisierung der Landarbeiter hervorgerufenen Leutenot offiziell oder offiziös als Arbeitsvieh zu gestellen.

Soldaten als Ernteurlauber sind eine ebenso ständige wie dein Interesse der Arbeiterschaft schädliche, feindselige Erscheinung, die zugleich – ebenso wie das „Burschen“wesen – den Schwindel von der rein militärischen Notwendigkeit der langen Dienstzeit, auch gegenüber jenen Monomanen des Stechschritts und Paradedrills, in seiner ganzen Bösgläubigkeit und Tölpelhaftigkeit entlarvt und wenig schmeichelhafte Reminiszenzen an das vorjenensische Kompaniesystem wachruft. Für das Jahr 1906 sei der viel- besprochenen Generalkommandoerlasse, zum Beispiel des 1. [18], des IV., des X. [19] und des XVII. preußischen Armeekorps, gedacht. Die sehr zahlreichen Fälle, in, denen von der Post und der Eisenbahn bei starkem Verkehr Soldaten zur Aushilfe herangezogen werden, liegen zwar komplizierter, gehören aber doch auch hierher.

 

 

Armee und Streikbruch

Unmittelbar greift der Militarismus in die Emanzipationsbestrebungen der Arbeiterschaft ein, indem er Soldaten zu Streikbrecherdiensten militärisch kommandiert. Wir erinnern nur an den jüngst aufgefrischten Fall des jetzigen Kommandeurs des Reichs. verleuzndungsverbandes gegen die Sozia1demokratie [1*], Generalleutnant von Lieben, der schon im Jahre 1896 als schlichter Oberst begriffen hatte, daß der Streik eine öffentliche Kalamität sei wie Feuersbrunst und Wassernot, natürlich eine Kalamität für das Unternehmertum, als dessen Schutzgeist und Vollstrecker er sich fühlte.

Besonders berüchtigt ist aus Deutschland noch jene beim Nürnberger Streik vom Sommer 1906 geübte Methode, die zur Entlassung kommenden Mannschaften mit sanftem Druck in die Reihen der Streikbrecher zu schieben.

Ungleich größere Bedeutung beanspruchen drei außerdeutsche Ereignisse. Der großzügige militärische Streikbruch gegenüber dem holländischen Eisenbahnergeneralstreik vom Januar 1903, der durch gesetzliche Entziehung des Koalitionsrechts der Eisenbahner gekrönt wurde [20], gegenüber dem ungarischen Eisenbahnergeneralstreik von 1904, bei dem die Militärverwaltung noch weiter ging und, abgesehen von dem Streikbruchkommando der aktiven Mannschaften, die gesetzwidrig über ihre Dienstzeit hinaus bei der Fahne gehalten wurden, sich nicht entblödete, die Reservisten und Landwehrleute unter den Eisenbahnern und technisch geeignete sonstige Reservisten und Landwehrleute einzuberufen und so mit militärischer Fuchtel zu streikbrüchigem Eisenbahndienst zu zwingen; und schließlich gegenüber dem am 2. Januar 1907 proklamierten bulgarischen Eisenbahnerstreik.

Nicht minder wichtig ist der Anfang Dezember 1906 in Ungarn vom Ackerbauminister Hand in Hand mit dem Kriegsminister inaugurierte Kampf gegen das Koalitionsrecht und die Streiks der Landarbeiter, in denen die fürsorgliche Ausbildung von Soldaten zu Erntearbeit-Streikbrecherkolonnen im Vordergrund steht.

Auch in Frankreich ist der Soldatenstreikbruch wohlbekannt. [21]

Daß die militärische Erziehung Arbeitswilligkeit systematisch züchtet und die aus der aktiven Armee entlassenen Arbeiter durch ihre Bereitschaft, den Klassengenossen in den Rücken zu fallen, dem kämpfenden Proletariat gefährlich werden. zählt gleichfalls zu den internationalen militaristischen Errungenschaften. [22]

 

 

Fußnoten

1. Vgl. die hochinteressante, freilich illusionsreiche Verordnung wegen der Militärstrafen.

2. Der einsichtige Manteuffelsche Befehl vom 14. April 1885 besagt unter anderem: „Schimpfen greift die Gefühle der Ehre an und vertilgt sie, und der Offizier, der die Untergebenen schimpft, wühlt in seinem eigenen Blute; denn auf den, der sich schimpfen läßt, ist kein Verlaß in Treue not in Bravheit ... Mit einem Worte: Wie der Vorgesetzte vom General bis zum Leutnant die Untergebenen behandelt, so sind sie.“

3. Die Masse der Deserteure und ungehorsamen Wehrpflichtigen gibt unter anderem einen entfernten Maßstab. 15000 deutsche Deserteure sind in den ersten 50 Jahren der Reichsherrlichkeit allein in der französischen Kolonialarmee ums Leben gekommen, während die blutige Schlacht von Vionville (16. August 1870. – Die Red.) nur 16.000 Verwundete und Tote brachte. Vgl. Däumig, Schlachtopfer des Militarismus.

4. Hier wird von „in hohem Grade bedenklichen Zuständen“ gesprochen, von „raffinierter Quälerei“, vom „Ausfluß einer Roheit und Verwilderung“, die bei dem Vorgesetztenmaterial „kaum für möglich“ und bei der geübten Aufsicht „kaum für durchführbar“ gehalten worden sei. Am 8. Februar 1895 veröffentlichte der Vorwärts einen gleichfalls hier einschlägigen kaiserlichen Erlaß an die kommandierenden Generale vom 6. Februar 1890. Die Erlasse der Scharnhorst und Gneisenau (nach Jena) und Manteuffel (18. April 1885) gehören in andern Zusammenhang, ebenso der Erlaß des Erbprinzen von Sachsen-Meiningen.

5. Vgl. z.B. den Fall des unglückseligen Rückenbrodt, in dem eine drahtumsponnene, tauförmige Asbestpackung – von den Schindern selbst mit ätzender Ironie „militärischer Erzieher“ bezeichnet – ihre scheußliche Rolle spielte. (Vorwärts vom 25. September 1906.)

6. Vgl. Frankfurter Zeitung vom 6. April 1903, Verhandlungen des Reichstages vom 4. und 8. März 1904, besonders die Reden der Abgeordneten Bebel, Ledebour und Müller-Meiningen, und Vorwärts vom 6., 15., 14. und 21. Mai 1903. Ferner die Kabinettsorder, abgedruckt im Armee-Verordnungsblatt vom 29. April 1905, die da betont: Nicht eine Beschwerdepflicht, sondern nur ein Beschwerderecht bestehe für den Soldaten. Dazu auch Militär-Wochenblatt vom 29. Mai 1905, nach dem die Desavouierung und Verabschiedung des Erbprinzen „peinlichstes Aufsehen“ erregt haben soll. Wo?

7. Einiges auch in Prinz Arenberg und die Arenberge, S.15 ff., über „aristokratische Soldateinmißhandler“.

8. Am 27. Februar 1891 erklärte Caprivi in bezug auf die Soldatenmißhandlungen: Uns ist „der gebildete Unteroffizier mehr wert als der rohe, weil er seltener von seinem Temperament sich wird fortreißen lassen, selbst wenn er gereizt wird“; woher aber die „gebildeten“ Unteroffizier. nehmen und nicht stehlen?

9. Vgl. z.B. Brandenburger Zeitung vom 8. Dezember 1906.

10. Deutschland kennt hier keine Mainlinie. Auf dem Gebiet der Soldatenmißhandlungen wenigstens ist die deutsche Einigkeit und Einheit verwirklicht.

11. Vgl. Däumig, Schlachtopfer des Militarismus, S.370.

12. 1906/1907: 614.562 Mann stehendeu Landheer; 1905/1906: 40.672 Mann Marine.

13. Jeder in Deutsch-Südwestafrika kämpfende Soldat kostete das Deutsche Reich 1906 9.500 Mark.

14. In Frankreich zum Beispiel 1905 1.101.260.000 Franc! Frankreicb hat seit 1870 an die 40 Milliarden Franc für militärische Zwecke (ausschließlich Kolonien!) ausgegeben!

15. Vgl. Kapitel 1-2.5 Rußland.

16. Aber selbst in den Vereinigten Staaten entfielen 1904/1905, bei einem Gesamtetat von 720 Millionen Dollar, auf Kriegs- und Marinedepartment allein 240 Millionen Dollar!

17. Vgl. z.B. Kapitel 1-2.5 Rußland.

18. Wegen dessen Beleidigung, angeblich begangen durch die Kritik des Ernteurlaubserlasses, bekanntlich der Redakteur der Königsberger Volkszeitung im Herbst 1906 zu einer hohen Geldstrafe verurteilt ist.

19. Vgl. dazu auch den Bescheid dieses Generalkommandos im Vorwärts vom 5. November 1906.

20. Der am 50. Januar 1905 begonnene Streik endete am 1. Februar 1905 siegreich; am 10. März bereits kam das Antistreikgesetz vor die Kammer, am 6. April brach der Generalstreik aus, am 9. April wurde das Antistreikgesetz votiert, am 15. April fand der Generalstreik seinen unglücklichen Abschluß. So rasch arbeiten die Mühlen des Kapitalismus, wenn sein „Holland in Not“ ist.

21. Vgl. Le Manuel du soldat, S.9.

22. Vgl. ebenda, S.8.

 

Anmerkungen

1*. Diese Anmerkung ist in dieser Ausgabe nicht vorhanden.

 


Zuletzt aktualisiert am 13.2.2005