Paul Mattick


[Rezension einiger Monographien der Division of Social Research der Works Progress Administration I.]

(1938)


Aus: Zeitschrift für Sozialforschung, Jg. 7, 1938, S. 274f.
Transkription/HTML-Markierung: Thomas Schmidt für das Marxists’ Internet Archive.



Palmer, Gladys L. und Katherme D. Wood, Urban Workers on Relief. Part I : The Occupational Characteristics of Workers on Relief in Urban Areas May 1934. Monograph IV. (203 S.). Part II : The Occupational Characteristics of Workers on Relief in 79 Cities. (310 S.) W. P. A., Division of Social Research. Washington, D. C. 1936-1937.

Webb, John N., The Transient Unemployed. Monograph III. (132 S.). The Migratory-Casual Worker. Monograph VII. (128 S.) W. P. A., Division of Social Research. Washington, D. C. 1937.

Carothers, Doris, Chronology of the Federal Emergency Relief Administration. Monograph VI. (163 S.) W. P. A., Division of Social Research. Washington, D. C. 1937.


Von den bisher erschienenen Monographien der Division of Social Research der Works Progress Administration beschäftigen sich die hier genannten mit dem Arbeitslosenunterstützungsproblem und damit zusammenhängenden Fragen. Der Studie „Urban Workers on Relief“, liegen Untersuchungen von 79 Städten in verschiedenen Teilen Amerikas und mit verschiedenen Industrialisierungsgraden zugrunde. Ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung ist der Nachweis, dass 80 % der Unterstützungsempfänger unverschuldet arbeitslos geworden sind, während der Rest von 20 % aus Nicht-Arbeitsfähigen bestand, aus körperlich behinderten oder unabkömmlichen Frauen, minderjährigen Kindern oder Männern, die das arbeitsfähige Alter überschritten hatten. Dreiviertel der unterstützten Familien waren Weisse, der Rest Neger. Die durchschnittliche Zahl der Familienmitglieder bei Weissen war 3.8 Personen, der Neger 3.4. In mehr als der Hälfte aller Familien befand sich nur ein arbeitsfähiges Mitglied.

Neben oft sehr detaillierten Feststellungen beschäftigen sich die Autoren mit der Bedeutung des Alters für die Arbeitslosigkeit. Die Grenze von 45 Jahren ist für gelernte Berufe weniger verhängnisvoll als die für die un- oder halbgelernten. Die Länge der Arbeitslosigkeit erschwert im grossen Masse die Wiederbeschäftigung, besonders infolge des fortwährenden Wandels der Arbeitsprozesse. Die Zeiten der Arbeitslosigkeit in den präsentierten Fällen variierten von ein bis zu fünf Jahren. Durchschnittlich waren Männer länger ohne Arbeit als Frauen, Neger länger als Weisse. Zwei Drittel aller Unterstützungsbeziehenden Familien konnten als „normal“ gelten.

Dem Zuge der Wanderungen schloss sich seit 1930 eine wachsende Zahl von Arbeitslosen an, die durch Ortsveränderung der Krise zu entrinnen versuchten. Auf Grund der herrschenden Praxis, nur Ortsansässige zu unterstützen, wurden die Krisen-Nomaden zu einem gesellschaftlichen Problem, dem die Regierung durch das Transient Relief Program von 1933 zu begegnen versuchte. J. N. Webb behandelt die Probleme dieser Arbeitslosen. Das Transient Relief Program erfasste 200 000 Einzelpersonen und 50 000 Familien. Zwei Drittel der Einzelpersonen und die Hälfte der Familienvorstände standen im Alter zwischen 16 und 35 Jahren. Als arbeitsbereit galten unter den Familienvorständen 90 %, unter den Einzelpersonen 95 %.

In einer weiteren Studie „The Migratory-Casual Worker“ bietet W. neben einer allgemeinen Darstellung eine Reihe von Einzeluntersuchungen über die mit den Wander- und Gelegenheitsarbeitern verknüpften Probleme. Zwei gegensätzliche Typen finden sich in dieser besonders verelendeten Arbeitergruppe. Auf der einen Seite der rebellierende Proletarier, der sein Unglück auf die Unzulänglichkeit des herrschenden ökonomischen Systems zurückführt und die relative Freiheit seines Berufs zu würdigen weiss, auf der anderen der apathische Arbeiter, der durch die Umstände, die ihn zum Gelegenheitsarbeiter degradierten, das Interesse an seiner eigenen Zukunft verloren hat. Statistische Belege über Lohnhöhe und Berufe sind beigefügt. Zuletzt wird eine Charakterisierung dieser Arbeiter durch knappe Selbstdarstellungen versucht, die auch zugleich über ihre Ideologie informieren. Vorschläge zur Linderung des Elends unter diesen Arbeitergruppen werden von W. kritisch beleuchtet und als relativ bedeutungslos zurückgewiesen. Nach ihm muss das Problem dieser Arbeit als Teil des Arbeitslosen- und Krisenproblems überhaupt begriffen werden.

Die von Carothers zusammengestellte Chronology der Federal Emergency Relief Administration (FERA) teilt deren Geschichte in vier Perioden auf : die Umstellung von der einfachen Arbeitshilfe zu dem Programm der öffentlichen Arbeiten, sodann das Emergency Work Relief Program, die Liquidation der FERA und schliesslich der Beginn der Works Progress Administration. Die Chronik soll den Behörden, Soziologen und allen am Unterstützungsproblem Interessierten als eine Art Handbuch dienen.


Zuletzt aktualisiert am 27.1.2009