Aus: Paul Mattick, Kritik der Neomarxisten, Frankfurt a. M., 1974, S. 132–188.
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Im Bereich des heutigen Marxismus nimmt Ernest Mandel eine führende Stelle ein. Sein von hohem Ehrgeiz gezeichneter Fleiß hat eine kleine Bibliothek des Marxismus hervorgebracht, der selbst die bürgerliche Ökonomie den Respekt nicht ganz versagen kann. In seinem letzten Werk, Der Spätkapitalismus [1], übt Mandel jedoch eine Art Selbstkritik an seinen früheren Arbeiten und insbesondere seiner Marxistischen Wirtschaftstheorie [2]; erstens wegen ihres „übertriebenen deskriptiven Charakters“ und dann wegen einer „zu geringen Anstrengung, die zeitgenössische Geschichte des Kapitalismus aus den immanenten Bewegungsgesetzen des Kapitals abzuleiten“. (S. 7) [3] Da dieses neue Buch die Korrekturen zu den früheren Arbeiten enthält, muß der Spätkapitalismus wohl nicht als die letzte, aber doch als die momentane Auffassung Mandels angesehen werden, die ein Zurückgreifen auf seine Wirtschaftstheorie größtenteils überflüssig macht. Im Verlauf seiner verschiedenen Arbeiten kam Mandel zu dem eigentlich von vornherein selbstverständlichen Schluß, „daß eine Erklärung der Geschichte der kapitalistischen Produktionsweise nur durch die Vermittlung zwischen den Bewegungsgesetzen des ‘Kapitals im allgemeinen’ und den konkreten Erscheinungsformen der ‘vielen Kapitale’ möglich ist“ (S. 7). Die gegenwärtige konkrete Erscheinungsform faßt Mandel unter dem Begriff „Spätkapitalismus“ zusammen, obwohl ihm dabei nicht recht wohl zumute ist, da es sich hier nicht um eine neue Wesensart des Kapitalismus handelt, sondern nur um eine „unbefriedigende chronologische“ Bezeichnung. Der „Spätkapitalismus“ hätte in keiner Weise „die analytischen Resultate des Marxschen Kapitals und des Leninschen Imperialismus überholt. (S. 8)
Da auch Lenin vorgab, sich an die analytischen Resultate des Marxschen Kapital zu halten, kann von denen des Leninschen Imperialismus nicht die Rede sein; es handelt sich hier nur um Lenins Interpretation eines gegebenen Zustandes, nämlich des Ersten Weltkriegs, auf Basis der — allerdings falsch verstandenen — Marxschen Bewegungsgesetze des Kapitals. So kann sich auch Mandel nur sehr wenig auf Lenin berufen, wenn seine politische Einstellung ihn auch zwingt, Lenin neben Marx zu setzen, obwohl, wie Mandel selbst hervorhebt, Lenin „uns keine geschlossene Theorie der Widersprüche der kapitalistischen Entwicklung hinterlassen hat“. (S. 36) Das Verhältnis zwischen den Bewegungsgesetzen und der Geschichte des Kapitals ist, nach Mandel, bisher nicht befriedigend erklärt worden. Diesem Mangel will er abhelfen, was ihn notwendigerweise im Gegensatz zu fast allen bisherigen Interpretationen der kapitalistischen Bewegung bringt. Vorerst widmet Mandel jedoch der zum „Gemeinplatz“ gewordenen „dialektischen Analyse“ — die allen Erklärungen der Entwicklung traditionell vorausgeschickt wird — die üblichen einführenden Seiten, um zu betonen, daß man die Vielfalt der Marxschen dialektischen Methode mißachtet, „wenn man sie auf das ‘Aufsteigen vom Abstrakten zum Konkreten’ reduziert“. (S. 11). Das Konkrete sei der wirkliche Ausgangspunkt, wie auch das Ziel, des Erkenntnisprozesses. Der Nachweis der theoretisch gewonnenen Entwicklungsgesetze müßte empirisch erbracht werden. Obwohl daran nichts auszusetzen ist, bleibt doch die Frage offen, woraus sich der empirische Nachweis ergibt.
Mandel wendet sich gegen diejenigen, die meinen, die kapitalistische Produktionsweise stehe einer direkten empirischen Verifikation der Marxschen Theorie im Wege, und die sich deshalb auf abstrakte Entwicklungstendenzen beschränken. Demgegenüber will er nicht nur die durch die abstrakte Analyse gewonnenen „Tendenzen“, sondern die kapitalistische Entwicklung in ihrer empirischen Entfaltung darstellen, da Marx einen „quasi totalen Bruch zwischen theoretischer Analyse und empirischen Daten kategorisch und entschieden abgelehnt hätte“. (S. 18) In dieser Beziehung ist allerdings wenig bei Marx zu finden, es sei denn, man sieht den empirischen Nachweis seiner Kapitalstheorie in der Tatsache, daß der im Ersten Band des Kapital isoliert betrachtete Produktionsprozeß im Dritten Band als Gesamtprozeß der Produktion, in seinen konkreten Erscheinungsformen, dargestellt wird. Aber auch als Gesamtprozeß, und trotz vielen der Realität entnommenen Illustrationen, kann von einem quantitativ-empirischen Nachweis der Gültigkeit der Marxschen Entwicklungstheorie nicht gesprochen werden, da die dafür notwendigen Daten im Kapitalismus weder zu ersehen noch vorauszusehen sind. Aber, wendet Mandel ein: „Im 1. Band des Kapital berechnet Marx die Mehrwertmasse und Mehrwertrate einer englischen Spinnerei, wobei er sich auf die exakten Daten des Fabrikanten aus Manchester, die ihm von Fr. Engels geliefert werden, stützt“. (S. 19) Nun ist es selbstverständlich, daß man den Prozeß der Mehrwertgewinnung auch auf Basis der sich auf Preise beziehenden Daten für jedes kapitalistische Unternehmen darstellen kann. Auch aus diesen Daten ergibt sich der Exploitationsgrad der Arbeiter durch die Kapitalisten. Die organische Zusammensetzung der verschiedenen Kapitale läßt sich ebenfalls aus deren Investitionen ersehen, ohne daß in beiden Fällen irgend etwas über die Entwicklungstendenzen des Kapitals ausgesagt wäre. Und darum handelt es sich; nicht um den Nachweis, daß Kapitalproduktion Mehrwertproduktion ist und auf Ausbeutung von Arbeitskraft beruht — eine Erkenntnis, die lange vor Marx existierte und die jeder Arbeiter am eigenen Leibe verspürt. Aber ein empirisch-statistischer Nachweis der detrimentalen Auswirkung der Wert- und Mehrwertproduktion läßt sich nicht erbringen, solange das Kapital seine immanenten Widersprüche durch eine beschleunigte Akkumulation zu überwinden vermag. Was Mandel anzustreben vorgibt, nämlich, wie „die wirkliche Geschichte der letzten hundert Jahre als die Geschichte der fortlaufenden Entfaltung der inneren Widersprüche dieser Produktionsweise“ (S. 20) dargelegt werden kann, beschränkt sich, wie für jeden anderen, so auch für ihn, auf den Akkumulationsprozeß selbst, auf die damit verbundene Konzentration und Zentralisation des Kapitals, und auf dessen Krisenfälligkeit. Die Krisengesetzlichkeit ergibt sich aus den Verwertungsnotwendigkeiten des Kapitals unter den Bedingungen des blinden Marktgeschehens. Das Wertgesetz als „Regulator“ der kapitalistischen Wirtschaft schließt aus, daß die widersprüchliche Bewegung des Kapitals fortlaufend bewußt und direkt in seinen konkreten Erscheinungen verfolgt werden kann. Wäre das letztere möglich, bedürfte es nicht der Werttheorie, um die Geschichte der letzten hundert Jahre zu verstehen.
Mandel begreift das Wertgesetz nicht als Schlüssel zum Verständnis der kapitalistischen Entwicklung, sondern als eine Art Naturgesetz, dem auch eine vorkapitalistische Gültigkeit zugesprochen werden muß. Er beruft sich dabei auf Engels, der in einem Brief an Werner Sombart [4] und auch an anderen Stellen ausgesprochen hat, daß in vorkapitalistischen Zeiten, im „Anfang des Austauschs“, die Waren im Verhältnis zu ihren Arbeitszeitwerten gehandelt wurden, womit der Wert „eine unmittelbare reale Existenz“ besaß, die erst im Kapitalismus so weitgehend modifiziert wurde, daß er in den Preisen nicht mehr erkannt werden kann. Es handelt sich hier bei Engels, wie bei Mandel, um ein Mißverständnis, das auch nicht durch den Marxschen Hinweis, dem Wertbegriff hafte neben seinem theoretischen auch ein historisches Element an, aufgehoben werden kann. Es ist völlig gleichgültig, ob in vorkapitalistischen Zeiten Waren ihren Arbeitszeitquantitäten entsprechend ausgetauscht wurden oder ob nicht. Im Kapitalismus ist dies auf jeden Fall ausgeschlossen, da hier die Arbeitskraft eine besondere Ware ist, die nicht nur ihren Wert, sondern auch Mehrwert produziert. Die Wert- und Mehrwertproduktion ging selbstverständlich aus den vorkapitalistischen Austauschbeziehungen hervor und enthält in diesem Sinn ein historisch-empirisches Element, das sich aus der allgemein notwendigen Berücksichtigung der in der Produktion eingehenden Arbeitszeit ergibt. Aber Arbeitszeit und Wert sind verschiedene Dinge; der Tausch von Arbeitszeitäquivalenten mag stattgefunden haben oder nicht — er hat nichts mit dem aus sozialen Beziehungen entspringenden Wertcharakter der kapitalistischen Produktion zu tun.
Im Kapitalismus herrscht der Wert nicht, weil er durch Arbeitszeit bestimmt ist, sondern weil sich die Ausbeutung der Arbeiter über den Tausch vollzieht. Ohne dieses soziale Verhältnis gäbe es wohl eine durch Arbeitszeit bestimmte Produktion, ohne daß sich diese als Wertverhältnis darzustellen hätte. Wenn man sagt, daß der Wert der Ware Arbeitskraft wie der jeder anderen Ware bestimmt ist, ergibt dies schon den Mehrwert (oder: die Extraarbeit für den Kapitalisten). Der Warenmarkt setzt sich aus der Produktion der angewandten Gesamtarbeitszeit zusammen, aber ein Austausch von Arbeitszeitäquivalenten findet nicht statt, da der Kapitalist nichts auszutauschen hat, sondern nur einen Teil der Gesamtproduktion appropriiert. Das Wertgesetz kann so weder eine „unmittelbare“ noch eine „mittelbare“ reale Existenz im Austausch haben.
Das Wertgesetz setzt sich in der Wirklichkeit nicht so durch, wie es, zu seiner Verständigung, in der Theorie entwickelt wurde. Es bezieht sich auf den Doppelcharakter der Arbeit als eines Produktions- und Kapitalverwertungsprozesses, der durch den Doppelcharakter der Ware, einschließlich der Ware Arbeitskraft, als Gebrauchs- und Tauschwert gegeben ist. Die kapitalistische Produktion ist Tauschwertproduktion und der Gebrauchswert der Waren nur Mittel zu diesem Zweck. Mit der wachsenden Produktivität der Arbeit, der Zunahme der Gebrauchsgüter, senkt sich ihr Tauschwert; ein Wertverlust, der aber durch dieselbe Produktivität aufgrund einer größeren Menge von Gebrauchsgütern wieder aufgehoben wird. So haben die zunehmende Produktivität der Arbeit die Akkumulation des Kapitals zur Folge und die gegensätzliche Bewegung der Gebrauchs- und Tauschwertproduktion keinen wahrnehmbaren detrimentalen Einfluß auf die kapitalistische Entwicklung.
Die Akkumulation des Kapitals drückt so die wachsende Produktivität der Arbeit aus, und die Anhäufung des produktiven Kapitals verbessert wiederum die Produktivität der Arbeit. Dieser Prozeß weist darauf hin, daß die Expansion des Kapitals mit Veränderungen von Arbeitszeitrelationen verbunden ist. Mehr Gesamtarbeitszeit, ausgedrückt in Produkten, oder mehr Produkte, ausgedrückt in Arbeitszeit, werden benötigt, um das kapitalistische Produktionsziel, die Vermehrung des Kapitals, zu erreichen. Jedes Kapital versucht, die Produktion auszudehnen, um den größten Profit zu erlangen, und das Gesamtresultat dieser Bestrebungen ist die sich beschleunigende Akkumulation, die den Fall der Tauschwerte durch die schnellere Vermehrung der Gebrauchswerte aufhebt. Die zunehmende Produktivität der Arbeit impliziert, daß sich für den Kapitalisten der Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft schneller entwickelt als ihr Tauschwert; in anderen Worten: die Produktivität eilt den Löhnen voraus. In Arbeitszeitrelationen ausgedrückt bedeutet dies, daß ein größerer Teil der Gesamtarbeitszeit — in irgendeinem Unternehmen oder für die ganze Gesellschaft — den Zwecken der Akkumulation zu dienen hat und ein sich verringernder Teil als Tauschwert der Arbeitskraft auftritt. Praktisch besagt dies, daß weniger Arbeit ein größeres Kapital zu verwerten hat, daß sich die organische Zusammensetzung des Kapitals verändert, d. h. mehr konstantes Kapital dem variablen gegenübersteht. In diesem Sinne setzt der Kapitalismus nur die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung fort, nämlich die Ausbildung der Produktivkräfte, die Hervorbringung größerer Produktion mit weniger Arbeit; aufgrund der zur Akkumulation zwingenden spezifischen sozialen Verhältnisse allerdings in einem zuvor nicht gekannten Tempo und Ausmaß.
In der Veränderung der organischen Zusammensetzung des Kapitals, die nur ein anderer Ausdruck für die wachsende Produktivität der Arbeit ist, zeigt sich die gegensätzliche Bewegung des Tausch- und Gebrauchswertes als gegensätzliche Bewegung von Akkumulation und Profit. Dem zunehmenden Gebrauchswert der Arbeitskraft, oder der Erhöhung der Mehrwertrate, steht die Tendenz der fallenden Profitrate oder des sich dem Gebrauchswert gegenüber vermindernden Tauschwerts durch die sich verändernde organische Struktur des Kapitals entgegen. Aber auch hier handelt es sich vorerst um sich gegenseitig aufhebende Tendenzen. Solange sich die Mehrwertrate schneller vermehren läßt, als die Profitrate fällt, sind diese Tendenzen die treibenden Faktoren des Akkumulationsprozesses, ohne in ihm gesondert zum Vorschein zu kommen. Abgesehen davon, daß der Preismechanismus der Marktwirtschaft und die durch die Konkurrenz vermittelte tendenzielle Bildung einer Durchschnittsprofitrate die diesem Prozeß unterliegenden Veränderungen der Arbeitszeitrelationen exakt-empirisch unauffindbar machen, produziert auch das Kapital seine ökonomischen Daten vom Standpunkt des Kapitals, nicht von dem der Marxschen Werttheorie aus. Diese Daten lassen sich nicht direkt in Marxsche Kategorien übersetzen, obwohl die letzteren in Marktvorgängen zum Vorschein kommen und in ihnen Bestätigung finden, wie z. B. in dem Fallen der Produktionspreise und der Höhe der Durchschnittsprofitrate im Lauf der kapitalistischen Akkumulation. Selbst wenn es möglich wäre, all die vorliegenden Daten in die Termini der Werttheorie umzuwandeln, ergäbe sich daraus doch nicht mehr als die Feststellung, daß bei genügendem Mehrwert Kapital akkumuliert und bei ungenügendem nicht; eine Erkenntnis, die auch in den Daten der Bourgeoisie zum Ausdruck kommt und die durch den aktuellen Krisenzyklus jedem ohne weiteres ins Bewußtsein gerückt wird.
Es ist nicht die Funktion, sondern der Ausgangspunkt der Marxschen Werttheorie, nachzuweisen, daß die Warenpreise notwendigerweise von Arbeitszeitwerten abgeleitet sind. Aufgabe der Werttheorie ist es vielmehr, Einblick in die Bewegungsgesetze des Kapitals zu gewinnen. In allen Preisverhältnissen spiegeln sich nur die Tauschrelationen, nicht die ihnen unterliegenden Produktionsverhältnisse. In einem System wie dem kapitalistischen ist die fortlaufende und sich beschleunigende Akkumulation Voraussetzung einer progressiven Entwicklung. Läßt sich die Ausbeutung nicht schneller vermehren als die Profitrate fällt, so wird die kapitalistische Dynamik zur Statik und verletzt damit das Spezifische der kapitalistischen Produktionsweise, nämlich die Produktion von Kapital. Der Tauschwert der Arbeitskraft ist notwendigerweise das in Produkten ausgedrückte Arbeitszeitäquivalent zu ihrer Produktion und Reproduktion, dem auch zeitliche und partielle Abweichungen von der Norm nicht widersprechen. Der Gebrauchswert der Arbeitskraft ergibt den Profit, den kapitalistischen Anteil an der Gesamtarbeitszeit, ebenfalls in Form von Produkten. Gesetzt den Fall, die Zahl der Arbeiter wäre konstant, dann ließe sich der Akkumulationsprozeß nur vollziehen durch die fortlaufende Vermehrung ihrer Ausbeutung, entweder durch die Verlängerung der absoluten Arbeitszeit oder die Verkürzung der Arbeitszeit, die notwendig ist, um die Existenz der Arbeiter sicherzustellen. Ist die eine Maßnahme durch die Akkumulation erschöpft, so muß sich auch die zweite erschöpfen, da die notwendige Arbeitszeit nicht auf Null reduzierbar ist. Ließe sich die Ausbeutung nicht mehr steigern, dann wäre auch das Ende der Akkumulation erreicht. Die Zahl der Arbeiter muß deshalb absolut zunehmen, um den Akkumulationsprozeß kontinuierlich zu halten, und das akkumulierende Kapital benötigt selbstverständlich eine wachsende Zahl von Arbeitern, während es zugleich die Ausbeutungsmöglichkeiten der angewandten Arbeitskraft in zunehmendem Maße aufbraucht.
Diese Verengung der Akkumulationsbasis erscheint in der sich verändernden organischen Zusammensetzung des Kapitals. Während stets mehr Arbeiter in den Produktionsprozeß eingereiht werden, sinkt die Zahl der Arbeiter relativ zur wachsenden Masse des Kapitals, was nur besagt, daß weniger Arbeit angewandt wird, um eine größere Warenmasse zu produzieren. Dadurch bewegt sich die Mehrwertschöpfung in Richtung ihrer Verminderung, da sich der Gebrauchswert der Arbeitskraft nicht auf die Gesamtarbeitszeit ausdehnen läßt, sondern an dem Punkt seine Grenze fände, wo sie den Tauschwert der Arbeitskraft unter ihre Reproduktionsnotwendigkeiten setzen würde. Der Widerspruch der kapitalistischen Akkumulation besteht dann darin, daß derselbe Prozeß, der die Zahl der ausgebeuteten Arbeiter und damit die Profitmasse vermehrt, zugleich die Kontinuierlichkeit einer progressiven Akkumulation in Frage stellt, da die zunehmende Produktivität der Arbeit die Menge der angewandten Arbeitszeit im Verhältnis zur wachsenden Masse des Kapitals und damit des Mehrwerts vermindert, was sich im Fallen der am Gesamtkapital zu messenden Profitrate ausdrückt.
Die jeweilige Akkumulationsrate bestimmt zugleich den Zuwachs und die Verdrängung der Arbeitskräfte durch die Ausdehnung der Produktion und die Vermehrung der Ausbeutung. Die Steigerung der Ausbeutung ist jedoch Voraussetzung für die Ausdehnung der Produktion, und solange die erstere nicht auf objektive Grenzen stößt, steht der zweiten nichts im Wege. Diese objektiven Grenzen sind durch Arbeitszeitrelationen gegeben, nämlich durch das Verhältnis zwischen Wert und Mehrwert, Lohn und Profit. Läßt sich der Mehrwert einer gegebenen Menge von Arbeitskräften nicht erhöhen, so schwindet auch die Möglichkeit der Ausbeutung zusätzlicher Arbeitskräfte, die notwendigerweise an zusätzliche, durch die Akkumulation hervorgebrachte Produktionsmittel gebunden sind.
Diese Zusammenhänge sollten schon ersichtlich machen, daß die Konsequenzen des kapitalistischen Akkumulationsprozesses sich nur abstrakt darstellen lassen, d. h. mit Hilfe eines analogen Modells, das sich auf die grundlegenden kapitalistischen Verhältnisse bezieht. Obwohl der Logik der Werttheorie zufolge die ganze kapitalistische Entwicklung auf das Kapital-Arbeit-Verhältnis zurückzuführen ist, bildet die ungeheure Mannigfaltigkeit der aktuellen kapitalistischen Welt eine undurchdringliche Zusammenballung scheinbar unzusammenhängender Fakten, die sich praktisch nicht erfassen lassen, um der abstrakten Theorie als empirischen Nachweis zu dienen. Wenn dies ein „Mangel“ ist, so teilt die Marxsche Theorie ihn mit der bürgerlichen „Wirtschaftswissenschaft“, die trotz ausschließlicher Preisbetrachtung ebenfalls auf Modellkonstruktionen angewiesen ist, um sich verständlich zu machen; woran auch die moderne Apparatur der Econometric in ihrer theoretischen wie praktischen Anwendung nichts zu ändern vermag.
Es liegt im Wesen des Kapitalismus, daß sich die von Mandel angeblich angestrebte quantitative Verknüpfung der Markterscheinungen mit den Marxschen Grundkategorien (S. 18) nicht vollziehen läßt, schon deshalb nicht, weil auch die vorliegenden Daten der Markterscheinungen nicht als exakt gelten können. Obwohl sich die Wirtschaftsstatistik sehr entwickelt hat, handelt es sich dabei doch nur um unzuverlässige und unzulängliche Indizes, die von sich aus keinen ernst zu nehmenden Rückschluß auf die Bewegungsgesetze des Kapitals zulassen. Die partielle Kenntnisnahme der Entwicklung der Produktions- und Warenpreise, der Investitionen und der Beschäftigung, des Einkommens und seiner Verteilung, der Handelsbeziehungen usw. geben keine den Marxschen Grundkategorien entsprechende Einsicht in die Auswirkungen des Wertgesetzes auf die kapitalistische Akkumulation. Das Kapital produziert für den Markt, dem es die Regulierung der gesellschaftlichen Produktion auf Basis der Mehrwertproduktion überläßt. Es hat damit weder Einsicht in die notwendige Allokation der Gesamtarbeit zur Befriedigung der dem Kapitalismus eigentümlichen sozialen Bedürfnisse, noch Einsicht in die sich aus dem Akkumulationsprozeß ergebenden Verwertungsprobleme. Ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Folgen, die sowieso nicht erkennbar sind, sucht jedes Kapital feinen über den Markt zu realisierenden Profit maximal zu halten und diesem Zweck entsprechend seine Produktionskosten auf das Minimum zu reduzieren. Diese allgemeine Bestrebung verändert das Verhältnis der gesellschaftlichen Mehrwertmasse zur Masse des existierenden Kapitals und beeinflußt den weiteren Akkumulationsprozeß positiv oder negativ. Negativ, wenn es sich herausstellt, daß die durch die Akkumulation veränderte organische Zusammensetzung des Kapitals den Profit nicht ausreichend vermehrte, um die Akkumulation unter den gegebenen Produktionsbedingungen fortzusetzen. Die Tatsache selbst deutet darauf hin, daß nicht genug Mehrwert produziert wurde, oder, was dasselbe ist, daß zuviel Kapital im Verhältnis zur existierenden Ausbeutungsrate akkumuliert wurde.
Dieser Zustand, der sich aus den veränderten Arbeitszeitrelationen ergibt, erscheint dem Kapital nicht als Problem der Mehrwertproduktion, sondern als Phänomen des Marktes, da dieser nicht nur als Regulator der Wirtschaft angesehen wird, sondern tatsächlich ihr einziger Regulator ist. Auf dem Markt muß sich herausstellen, ob die vorhergehende Produktion den „gesellschaftlichen Bedürfnissen“ angepaßt war oder nicht und ob diese Produktion einen Mehrwert ergab, der eine profitable Expansion des Kapitals erlaubt. Ließen sich die Marktvorgänge tatsächlich auf das Wertgesetz zurückführen, so würde sich zeigen, daß das Verhältnis von Arbeit und Mehrarbeit nicht den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals entsprach, und, da die allgemeinen gesellschaftlichen Bedürfnisse solche im Rahmen der kapitalistischen Verwertungsbedürfnisse sind, daß die Diskrepanz zwischen Mehrwert und Kapitalverwertung alle wirtschaftlichen Beziehungen betrifft. Da für das Kapital der Markt der tatsächliche Wirtschaftsregulator ist, setzen sich die in der Produktionssphäre vor sich gehenden Veränderungen der Arbeitszeitrelationen als Marktvorgänge durch, obwohl es in Wahrheit die Wertrelationen sind, die die Marktverhältnisse beherrschen. Die bestimmende Kraft des Wertgesetzes offenbart sich in der realen Welt erst als Wirtschaftskrise, die in Marktformen erlebt wird, nicht als Überakkumulation von Kapital, sondern als mangelnde Nachfrage und Überproduktion von Waren. Zeigt sich die Realität des Wertgesetzes in der kapitalistischen Krise, so besagt dies, daß es in der ihr vorausgegangenen Produktionsperiode progressiv verletzt wurde, bis die Arbeitszeitrelationen mit Bezug auf den Mehrwert und damit mit Beziehung auf den Kapitalsverwertungsprozeß und die damit verbundene Allokation der gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit eine ungetrübte Fortsetzung der Akkumulation objektiv ausschlossen. Wie das Wertgesetz sich als Krise durchsetzt, so ist deren Überwindung nichts anderes als die sich über den Markt vollziehende, aber die Produktionssphäre betreffende Wiederherstellung der Arbeitszeitrelationen, die eine für die weitere Akkumulation adäquate Profitmasse ergeben.
Mandel leitet nun die Bestimmung des Krisenzyklus und der kapitalistischen Entwicklung nicht vom Wertgesetz ab, sondern umgekehrt: er sucht in den äußeren Erscheinungen der kapitalistischen Akkumulation nach einer Bestätigung des Wertgesetzes. Er begründet dieses Verfahren damit, daß sich die Geschichte nicht auf die Theorie reduzieren ließe. Obwohl die kapitalistische Geschichte ohne Zweifel mehr als die Werttheorie ist, benötigt sie diese trotzdem, um in ihrer allgemeinen Entwicklungsrichtung erkannt zu werden. Mandel zufolge waren aber alle bisherigen marxistischen Entwicklungstheorien zu keinem gültigen Resultat gelangt, weil sie unberechtigterweise versuchten, das „Problem auf einen einzelnen Faktor zu reduzieren“ (S. 32), während seiner Ansicht nach „das Zusammenspiel sämtlicher grundlegender Entwicklungsgesetze notwendig ist, um ein bestimmtes Entwicklungsergebnis zu erzeugen“. (S. 39) Aus dieser Erkenntnis heraus opponiert er vorerst gegen Rosa Luxemburg [5], Henryk Grossmann [6], Nikolai Bucharin [7] und Rudolf Hilferding [8], die ihre Akkumulationstheorien ausschließlich aus den Marxschen Reproduktionsschemata des Zweiten Bandes des Kapital abgeleitet hätten, womit ihre Arbeit zum Fehlschlag verurteilt gewesen sei.
Mag dieser Vorwurf auch Luxemburg, Bucharin und Hilferding treffen, so doch nicht Grossmann, der die kapitalistische Zusammenbruchstendenz aus dem Wertgesetz und der Akkumulation herleitete. Obwohl Mandels Ablehnung der auf den Reproduktionsschemata aufbauenden Entwicklungstheorien zugestimmt werden muß, so weisen seine diesbezüglichen Ausführungen doch auf eine mangelnde Sachkenntnis hin, die auch nicht durch die Berufung auf Roman Rosdolsky [9] aufgehoben werden kann. Es war Marx nicht eingefallen, mittels der Reproduktionsschemata, wie Mandel eigenartigerweise behauptet, „die Existenzmöglichkeit der kapitalistischen Produktionsweise überhaupt zu beweisen“. (S. 23) Schon deshalb nicht, weil niemand an der Existenz des Kapitalismus zweifelte. Die Existenzmöglichkeit lag für Marx, nach Mandel, in einem Gleichgewicht der Austauschbeziehungen zwischen der Produktionsmittel- und der Konsumtionsmittelproduktion, obwohl es sich bei der kapitalistischen Produktionsweise in Wirklichkeit um „eine dialektische Einheit von periodischem Gleichgewicht und periodischen Gleichgewichtsstörungen“ (S. 24) handelt. Die Marxschen Reproduktionsschemata stellen so für Mandel eine einseitige, undialektische Betrachtung der kapitalistischen Reproduktion dar, die keinen Einblick in die Entwicklungsgesetze des Kapitals ergeben. Dem will Mandel jedoch mit dem allerdings uneingelöst bleibenden Vorschlag der Entwerfung anderer Schemata abhelfen, „die gerade die Tendenz zur ungleichen Entwicklung der beiden (Produktions-)Abteilungen von Anfang an berücksichtigen“ und in denen „die Marxschen Reproduktionsschemata nur einen Spezialfall bilden — genau wie das Wirtschaftsgleichgewicht nur einen Spezialfall [...] darstellt“. (S. 25) Nun hat zwar Rosa Luxemburg, im Gegensatz zu Bucharin und Hilferding, aus den Marxschen Reproduktionsschemata eine dauernde Gleichgewichtsstörung herausgelesen, aber dies ist nach Mandel ebenfalls falsch, da es sich hier um eine dialektische Einheit von Gleichgewicht und Ungleichgewicht handelt. Für Mandel ergibt sich die eine aus dem anderen, und beide beziehen sich auf reale Zustände. Für Marx war jedoch jedes Gleichgewicht, ob zwischen den Produktionssphären oder den Marktverhältnissen, ein reiner Zufall, dem die Ungleichmäßigkeit als Regel entgegensteht. Das hindert jedoch nicht, von Annahmen des Gleichgewichts auszugehen, um die wesentlichen Züge der kapitalistischen Produktion und Akkumulation herauszuschälen, wie z. B. das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage, um die der Konkurrenz unterliegenden Bewegungsgesetze bloßzulegen.
In diesem Sinne sind die Reproduktionsschemata Annahmen, die zwar der Wirklichkeit widersprechen, aber doch zu ihrer Verdeutlichung dienen können. Der Produktionsprozeß ist zugleich Reproduktionsprozeß, der sich über die Zirkulation zu vollziehen hat. Zur Demonstration dieses Prozesses genügt es, die gesamtgesellschaftliche Produktion in zwei Abteilungen zu zerlegen, um die Bedingungen eines denkbaren reibungslosen Austauschs darzustellen. Obwohl kapitalistische Produktion Erzeugung von Tauschwert ist, bleibt sie doch an den Gebrauchswert gebunden. Während der einzelne Kapitalist nur danach strebt, sein Kapital als Kapital zu vermehren, kann er es doch nur im Rahmen der gesellschaftlichen Produktion, die zugleich ein sich auf Gebrauchswerte beziehender gesellschaftlicher Stoffwechsel ist. Im gesellschaftlichen Rahmen setzt ein gedanklich vorstellbares Gleichgewicht des kapitalistischen Austauschs ein Gleichgewicht der zur Reproduktion notwendigen Gebrauchswerte voraus.
Wie die Konkurrenz nicht aus der Konkurrenz erklärt werden kann, so kann auch der Zirkulationsprozeß nicht aus der Zirkulation erklärt werden. Er setzt bestimmte Arbeitszeitrelationen, als Wert- und Gebrauchswertrelationen, und eine bestimmte Verteilung derselben voraus, um die einfache oder erweiterte Reproduktion möglich zu machen. Damit ist die Aufgabe der Reproduktionsschemata erschöpft. Sie beziehen sich nicht auf den realen Reproduktionsprozeß, sondern auf die diesem Prozeß unterliegenden und in kapitalistischen Kategorien ausgedrückten Notwendigkeiten gesellschaftlicher Reproduktion, die zwar im Kapitalismus unberücksichtigt bleiben, sich aber dennoch, hinter den Rücken der Produzenten, durchzusetzen haben, um die Akkumulation des Kapitals zu ermöglichen. Es handelt sich hier um eine weitere Illustration der Wirkung des Wertgesetzes auf den kapitalistischen Produktions- und Reproduktionsprozeß, womit schon gesagt ist, daß der in den Reproduktionsschemata abstrakt dargestellte Prozeß in Wirklichkeit ein von Disproportionen und Krisen durchsetzter Vorgang ist.
Es handelt sich bei den Reproduktionsschemata weder um ein Gleichgewichts- noch um ein Ungleichgewichts-Modell, sondern um den einfachen Hinweis, daß auch die Akkumulation an eine bestimmte Proportionalität gebunden ist, die sich über den Markt herzustellen hat, aber vom Wertgesetz bestimmt ist. Für Mandel sind die Reproduktionsschemata jedoch ein Mittel der Gleichgewichtsanalyse, dem er ein Instrumentarium der Ungleichgewichtsanalyse hinzufügen möchte. Er folgt hier den Spuren Rosdolskys, für den die Reproduktionsschemata einerseits ein „heuristisches Prinzip“ darstellen, andererseits aber auch eine reale Existenz besitzen. So schrieb Rosdolsky z. B., daß in der kapitalistischen Produktionsweise sich „die proportionelle Entwicklung der verschiedenen Produktionszweige sowie das Gleichgewicht zwischen Produktion und Konsumtion nur über beständige Schwierigkeiten und Störungen durchsetzen. Doch muß dieses Gleichgewicht zumindest für kurze Zeitperioden erreicht werden, da sonst das kapitalistische System überhaupt nicht funktionieren könnte. In diesem Sinn aber sind die Marxschen Reproduktionsschemata keineswegs eine bloße Abstraktion, sondern ein Stück der ökonomischen Realität, wenn auch die durch dieses Schema postulierte Proportionalität der Produktionszweige immer bloß temporär sein und sich nur ‘als beständiger Prozeß aus der Disproportionalität’ darstellen kann.“[10]
Es gibt also, Rosdolsky und Mandel zufolge, Perioden des Gleichgewichts und Perioden des Ungleichgewichts, wobei das Kapital ohne die ersteren nicht lebensfähig ist. Die dem Kapital immanenten Widersprüche treten so nur zeitweise auf, und es muß gefragt werden, warum sie einmal da sind und ein anderes Mal nicht? Rosdolsky antwortete, sich auf Marx beziehend, mit der Bemerkung, daß es in der Akkumulation „Zwischenpausen“ gäbe, nämlich „Ruhepunkte und bloß quantitative Ausdehnung auf gegebener technischer Grundlage“, für die die Reproduktionsschemata Geltung hätten, da sie „die Möglichkeit der erweiterten Reproduktion durch die gegenseitige Anpassung der Produktions- und Konsumtionsmittelindustrien, und damit die Möglichkeit der Realisierung des Mehrwerts erweisen“[11]. Damit ist allerdings gesagt, daß das kapitalistische System nur bei einer sehr langsamen Akkumulation funktionieren kann und daß jede Beschleunigung als Krisenzustand auftreten muß. Und tatsächlich erklärt Rosdolsky, daß bei Einbeziehung des technischen Fortschritts in die Reproduktionsschemata die „Gleichgewichtsbedingungen der Reproduktion in Bedingungen der Störung des Gleichgewichts“ [12] umschlagen müssen, weshalb die Gleichgewichtsschemata durch die Marxsche Krisen- und Zusammenbruchstheorie ergänzt werden müßten.
Es stimmt natürlich, daß das Kapital auch ohne technischen Fortschritt, durch die einfache Erweiterung der Produktion, akkumulieren kann. Nur erreicht es dann die Grenzen der Akkumulation schneller, da es sich unter solchen Umständen nur an den absoluten Mehrwert halten kann. Aber abgesehen davon, es ist nach Marx — und auch ohne ihn — offensichtlich, daß die kapitalistische Produktionsweise durch den Akkumulationszwang die Produktivkräfte in bisher ungeahnter Weise vermehrte und zu diesem Zweck das Hauptaugenmerk auf den relativen Mehrwert legte, und erst dadurch zu seiner vollen Entfaltung kam. Es ist die Beschleunigung, nicht die Verlangsamung, der Akkumulationsrate, die das Kapital lebensfähig hält und ihm erlaubt, seine immanenten Widersprüche temporär zu überwinden, um sie auf einer höheren Akkumulationsstufe neu hervorzubringen.
Rosdolskys und damit Mandels seltsame Auffassungen der Reproduktionsschemata lassen sich auf ihre Krisentheorie zurückführen, obwohl Mandel der Ansicht ist, daß sich aus der Gleichgewichtsanalyse keine Krisentheorie ableiten läßt. Aber der umgekehrte Fall erscheint ihm möglich. Beide, Rosdolsky und neuerdings auch Mandel [13], hängen einer die Krisen erklärenden Unterkonsumtionstheorie an, nämlich der primitiven Auffassung, daß die Arbeiter nicht zurückkaufen können, was sie an Mehrwert hervorgebracht haben, wodurch sich die Realisierung des Mehrwerts erschwert. Von dieser Auffassung aus ist es verständlich, wenn auch falsch, anzunehmen, daß das Kapital am besten akkumuliert, wenn es am wenigsten akkumuliert, und daß es sich bei einer beschränkten Akkumulation einem Gleichgewichtszustand annähere, in dem die Konsumtion der Produktion entspricht; denn, sagt Rosdolsky, „solange die Akkumulation fortschreitet und ein Teil des akkumulierten Mehrwerts dazu verwendet wird, zusätzliche Arbeitskräfte zu beschäftigen, werden diese durch Verausgabung ihrer Löhne immer wieder den in der vorigen Produktionsperiode geschaffenen Mehrwert realisieren helfen“ [14]. Und dies, obwohl auch für Rosdolsky der Mehrwert der Teil des gesellschaftlichen Produkts ist, der den Arbeitern weggenommen wird, der also nur durch die Akkumulation und den Konsum der Kapitalisten realisiert werden kann. Wie aber die Realisierung des Mehrwerts durch die Akkumulation die Spanne zwischen Produktion und Konsumtion vermindern kann, bleibt sein Geheimnis.
Läßt sich mit den Reproduktionsschemata die Krisengesetzlichkeit weder verneinen noch bejahen, so beziehen sich die Schemata doch auf das Wertgesetz als immanenten Widerspruch der kapitalistischen Produktion und Akkumulation. Es bedarf nicht der Schemata, um die gegensätzlichen Bewegungen des Kapitals nachzuweisen; sie sind durch die Werttheorie bereits angegeben. Auf ihrer Basis ist es völlig gleichgültig, ob die Akkumulation schnell oder langsam vor sich geht, ob sich das Kapital in einer „Ruhepause“ oder in hektischer Expansion befindet, da unter allen Umständen die Akkumulation einen Teil des erzeugten Gesamtprodukts als Mehrwert für sich in Anspruch nehmen muß, um stattfinden zu können. Andernfalls gäbe es nur einfache Reproduktion, die der kapitalistischen Produktionsweise widerspricht und einen Krisenzustand impliziert. Es stimmt natürlich, daß die Akkumulation zusätzliche Arbeitskräfte und damit zusätzlichen Konsum anfordert, ohne damit die Realisierung des Mehrwerts zu betreffen. Die absolute Zunahme des Konsums durch die Akkumulation entspricht seiner relativen Abnahme im Verhältnis zu erweiterter Produktion.
Was Mandel und Rosdolsky vorschwebt, ist natürlich die durch die Technik vermittelte rapide Erhöhung der organischen Zusammensetzung des Kapitals, die mit der Verdrängung der Arbeiter auch den Konsum vermindert. Aber da sich die Akkumulation nur durch die relative Reduzierung des Konsums vollziehen läßt, hat dies nichts mit dem Problem der Realisierung des Mehrwerts zu tun, sondern ist einfach der Zustand, der den Kapitalismus von Anfang an charakterisierte, und den er nicht loswerden kann, ohne sich selbst aufzuheben. So ist es Rosdolskys und Mandels Unterkonsumtionstheorie, die sie dazu verleitete, eine vorläufige theoretische Annahme mit Bezug auf den Reproduktionsprozeß, auf den realen Zirkulationsprozeß zu projektieren. Dieses Mißverständnis wäre ihnen durch die Wertanalyse der Akkumulation erspart geblieben.
Während Marx alle wesentlichen kapitalistischen Erscheinungen auf das Wertgesetz zurückführt, geht Mandel von sechs besonderen Entwicklungsgesetzen, oder Grundvariablen, des kapitalistischen Systems aus. Er betont, „daß bis zu einem gewissen Punkt — natürlich nicht in einer völlig autonomen Weise und total unabhängig voneinander, sondern in einem ständig durch die Entwicklungsgesetze der kapitalistischen Produktionsweise artikulierten Zusammenspiel — alle Grundvariablen dieser Produktionsweise teilweise und periodisch die Rolle von unabhängigen Variablen spielen können“. (S. 37) Unter Grundvariablen versteht Mandel die organische Zusammensetzung des Kapitals im allgemeinen, und in den beiden Abteilungen (Produktionsmittel und Konsumtionsmittel — wie im Reproduktionsschema) im besonderen; die Verteilung des konstanten Kapitals zwischen fixem und zirkulierendem Kapital wiederum im allgemeinen, und für die beiden Abteilungen gesondert; die Entwicklung der Mehrwertrate; die Entwicklung der Akkumulationsrate; die Entwicklung der Umschlagszeit des Kapitals und die Austauschrelationen der beiden Produktionsabteilungen.
Die Geschichte und Gesetzmäßigkeit des Kapitals kann, nach Mandel, „nur als Funktion des Zusammenspiels dieser sechs Variablen erfaßt und verstanden werden“. (S. 37) Es fällt ihm nicht auf, daß er damit sagt, die Geschichte und Gesetzmäßigkeit des Kapitals könnten nur aus der Geschichte und Gesetzmäßigkeit des Kapitals verstanden werden. Die Ergebnisse der Wert- und Mehrwertproduktion zeigen sich, unter anderem, auch in den von Mandel hervorgehobenen Akkumulationserscheinungen, die alle vom Wertgesetz bestimmt werden und sich dementsprechend in den Fluktuationen der Profitrate ausdrücken. Für Mandel jedoch sind diese Fluktuationen „eben nur Resultate, die ihrerseits aus dem Zusammenspiel der Variablen erklärt werden müssen“ (S. 37). Es fällt ihm wiederum nicht auf, daß er die Profitraten aus den Profitraten erklärt — durch die Erklärung der Geschichte und Gesetzmäßigkeit des Kapitals aus seiner Geschichte und Gesetzmäßigkeit. Auf diesem Wege will Mandel die Kluft zwischen Theorie und Wirklichkeit überbrücken. In der abstrakten Theorie ergeben sich alle wesentlichen Erscheinungen des Kapitals folgerichtig aus den Bedingungen der Werttheorie. In Wirklichkeit aber, nimmt Mandel an, können die aus dem Wertgesetz resultierenden Aspekte kapitalistischer Akkumulation wenigstens zeitweise selbständige Funktionen haben, welche von sich aus den Gesamtprozeß eigenmächtig beeinflussen. So muß diesen Aspekten besondere Aufmerksamkeit gewidmet und ihren Auswirkungen empirisch nachgegangen werden. Das setzt natürlich ein Kriterium voraus, das die empirisch gegebenen Tatsachen verständlich macht und ihre Zusammenhänge mit anderen gegebenen Tatsachen aufzeigt. Für den Kapitalismus ist die Werttheorie das Kriterium, da es sich auf die grundlegenden kapitalistischen Produktionsverhältnisse bezieht. Während es möglich ist, mittels der Wertanalyse aus den jeweiligen Bewegungen der Mandelschen Variablen auf die allgemeine Entwicklungstendenz des Kapitals zu schließen, gibt die gesonderte Betrachtung dieser Variablen keinen Aufschluß über den Trend der Entwicklung, sondern bleibt eine bloße Beschreibung gegebener Zustände.
Mandel gibt einige Beispiele für die Richtigkeit seiner These. Er weist darauf hin, daß zu jeder Zeit die Mehrwertrate eine Funktion des Klassenkampfes ist. „Sieht man sie als eine mechanische Funktion der Akkumulationsrate, so verwechselt man objektive Bedingungen, die zu einem bestimmten Resultat führen können, f...] mit diesem Ergebnis selbst. Ob eine Mehrwertrate tatsächlich steigt, hängt u. a. von dem Grad des Widerstands der Arbeiterklasse ab, den diese den Bestrebungen des Kapitals entgegensetzt“, (S. 38) Das „unter anderem“ bezieht sich auf den Einfluß der industriellen Reservearmee auf die Mehrwertrate. So ergeben sich für Mandel „viele Variationen“ in der Bestimmung der Mehrwertrate, wie es denn auch „die Geschichte der Arbeiterklasse der letzten 150 Jahre“ illustriert. Aber diese Geschichte zeigt auch, daß die Akkumulation, trotz Krisenunterbrechungen, ein kontinuierlicher Prozeß war, der eine adäquate Mehrwertrate voraussetzte und damit Marx’ Diktum bestätigte, daß „die Größe der Akkumulation die unabhängige Variable, die Lohngröße die abhängige Variable ist, nicht umgekehrt“. [15]
Da der Kapitalismus noch heute existiert, haben die „vielen Variationen“ der Mehrwertbestimmung in den letzten 150 Jahren ihm offensichtlich nicht geschadet, jedenfalls nicht in bezug auf seine Entwicklungstendenz. Trotz aller Klassenkämpfe blieb die Mehrwertrate der Akkumulation gegenüber ausreichend. Als sich „relativ verselbständigende Grundvariable“ ist die Entwicklung der Mehrwertrate ohne Einfluß geblieben. Alles was Mandel bei seiner Betrachtung erzielen kann, ist die Verfolgung der Geschichte der Klassenkämpfe im Rahmen "der Mehrwertproduktion, die nicht auf die Grenzen der Akkumulation, sondern auf die Grenzen des Klassenkampfes innerhalb des kapitalistischen Systems hinweist. Nicht nur weil die quantitative Bewegung der Mehrwertraten und deren empirische Einwirkung auf den Akkumulationsprozeß sich in der undurchsichtigen Marktwirtschaft nicht erfassen lassen, entwickelte Marx seine Akkumulationstheorie unter der Annahme, daß der Wert der Arbeitskraft stets von seinen Produktions- und Reproduktionskosten bestimmt wird. In Wirklichkeit kann der Lohn über oder unter dem Wert der Arbeitskraft liegen, aber niemals — ohne die kapitalistische Gesellschaft selbst in Frage zu stellen — den Mehrwert unter die Akkumulationsbedingungen des Kapitals zwingen. Diese Grenze der Lohnentwicklung ist nicht nur vom Angebot-Nachfrage-Verhältnis der Arbeitskraft gegeben und damit von der Akkumulation gesetzt, sondern schon durch die kapitalistische Beherrschung der Produktionsmittel. So kann von den durch die Klassenkämpfe erreichten „vielen Variationen“ der Mehrwertentwicklung in der Darstellung des Akkumulationsprozesses abgesehen werden, ohne daß diese dadurch an Realitätswert verliert.
Um noch auf ein weiteres der von Mandel gebotenen Beispiele einzugehen: „Die Wachstumsrate der organischen Zusammensetzung des Kapitals“ kann nach Mandel „nicht einfach als Funktion des durch die Konkurrenz bedingten technischen Fortschritts definiert werden. Der technische Fortschritt führt allerdings zur Substitution der lebendigen durch tote Arbeit mit dem Zweck der Kostensenkung ... Aber das konstante Kapital besteht [...] aus zwei Teilen [...], einem fixen und einem zirkulierenden Teil. Rasches Wachstum des fixen Kapitals und durch dieses Wachstum bedingte rasche Zunahme der gesellschaftlichen Arbeitsproduktivität besagen deshalb nichts Endgültiges über die Entwicklungstendenzen der organischen Zusammensetzung des Kapitals. Wenn nämlich die Arbeitsproduktivität im Rohstoff produzierenden Sektor rascher wächst als jene im Konsumwaren produzierenden Sektor, dann kann eine relative Verbilligung des zirkulierenden konstanten Kapitals im Vergleich zum Variable stattfinden, die zur Folge hat, daß trotz der beschleunigten Mehrwertakkumulation in fixem Kapital die organische Zusammensetzung des Kapitals langsamer wächst als zuvor“ (S. 39). Was sagt Mandel hier eigentlich? Der Begriff „konstantes Kapital“ schließt das fixe wie das zirkulierende Kapital in sich ein. Die organische Zusammensetzung des Kapitals bezieht sich, nach Marx, auf „seine Wertzusammensetzung insofern sie durch ihre technische Zusammensetzung bestimmt wird und deren Änderungen widerspiegelt“. [16] Es ist klar, daß die durch eine höhere Arbeitsproduktivität vermittelte Verbilligung der im konstanten Kapital eingehenden Rohstoffe das Wertverhältnis zwischen dem konstanten und variablen Kapital verändern und das Wachsen der organischen Zusammensetzung verlangsamen kann. Aber das macht die organische Zusammensetzung nicht zu einer „zum Teil selbständigen Variablen“, sondern besagt nicht mehr, als daß das Kapital mit einer ihm günstigen organischen Zusammensetzung akkumuliert. Da dies der Fall ist, solange das Kapital überhaupt akkumuliert, sagt Mandel in Wirklichkeit gar nichts.
Diese nichts besagenden Übungen sind nach Mandel notwendig, um der „dritten Phase“ der kapitalistischen Entwicklung, der des „Spätkapitalismus“, gerecht zu werden. Erst die „selbständigen Variationen der großen Variablen im Marxschen Konzept“ (S. 40) seien imstande, die aufeinanderfolgenden Phasen der Geschichte des Kapitalismus zu erklären. Für Mandel ist das „kapitalistische Weltsystem in einem hohen Grad eine Funktion der universalen Gültigkeit des Gesetzes der ungleichen und kombinierten Entwicklung“. (S. 21) Es stimmt natürlich, daß der Kapitalismus sich zuerst in bestimmten Ländern entfaltete und damit der Weltwirtschaft von vornherein einem ungleichen Werdegang unterwarf. Die kapitalistische „internationale Arbeitsteilung“, zusammen mit den Konzentrations- und Zentralisationsaspekten der Akkumulation, teilten und verbanden die Welt in kapitalistisch entwickelte und unterentwickelte Länder. Aber diese Feststellung besagt nur, daß es sich bei dem „Gesetz der ungleichen und kombinierten Entwicklung“ um nicht mehr als die kapitalistische Entwicklung handelt.
Nach einem Überblick der bisherigen Entwicklung des Weltkapitals, die der Unterbindung kapitalistischer Entwicklung in den beherrschten Ländern und den Profit- und Akkumulationsbedürfnissen der imperialistischen Länder gewidmet war, kommt Mandel zu dem Schluß, daß sich im gegenwärtigen Kapitalismus „die Form des Nebeneinanders von Entwicklung und Unterentwicklung ändert; [...] daß sich ein neues Kapitalakkumulation-, Produktivitäts- und Mehrwertrate-Gefälle herausbildet, das, wenngleich anders geartet, noch prononcierter ist als das in der ‘klassischen’ imperialistischen Epoche“ (S. 6z). Im Spätkapitalismus vermindert sich der Anteil der unterentwickelten Länder am Welthandel, so daß sie im Vergleich zu den imperialistischen Nationen relativ verarmen.
Dieser Umstand erklärt sich für Mandel aus der Abhängigkeit des Imperialismus von den exportierten Rohstoffen der armen Länder (und von der) Verringerung der für dieselben Rohstoffe bezahlten Preise, also einem relativen „Schwund des Rohstoffwerts“. Da sich nach Mandel der Anteil der unterentwickelten Länder am Welthandel jedoch vermindert, muß sich dies auch als eine relativ abnehmende Abhängigkeit des Imperialismus von den Rohstoffen der armen Länder darstellen und damit in der Senkung der Rohstoffpreise ausdrücken. Aber Mandel ist ehrgeizig genug, um es nicht dabei zu belassen. Er bemüht sich um die Herausarbeitung der Wirkung des Wertgesetzes auf den Weltmarkt, schon deshalb, weil Marx dieses Problem im Kapital „nicht systematisch analysiert“. (S. 66)
Aufgrund der Logik der Marxschen Theorie, führt Mandel aus, kommt es unter den Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise zur „Bildung einheitlicher Produktionspreise (d. h. zum weitgehenden Ausgleich der Profitraten) nur auf dem nationalen Markt“. Und erst „wenn ein allgemeiner internationaler Ausgleich der Profitraten durch vollständige internationale Mobilität des Kapitals und Verteilung der Kapitalien über alle Weltteile [...] stattgefunden hat [...], würde das Wertgesetz überall zu einheitlichen Preisen führen“ (S. 67). Nun bezieht sich Marx' Umwandlung der Werte in Produktionspreise weder auf einen aktuellen nationalen noch internationalen Markt, sondern auf sein abstraktes Modell einer geschlossenen kapitalistischen Wirtschaft. Das Problem war, wie sich trotz der Abwesenheit des Wertaustauschs das Wertgesetz durchsetzt. Die Kapitalisten sehen sich nicht Werten, sondern Kostpreisen gegenüber, die sich nur auf die in ihnen enthaltenen, aber unbekannten Quanten bezahlter Arbeit beziehen. Der Produktionspreis weicht vom Wert ab, da er sich nur auf die bezahlte Arbeit, also den Kostpreis, plus der gesellschaftlichen Durchschnittsprofitrate bezieht. Die Sache kompliziert sich weiterhin dadurch, daß die Preise den bereits realisierten Profit enthalten, so daß die Produktionspreise eines Industriezweiges in den Kostpreis eines anderen eingehen, womit die Wertbestimmung der Preise noch mehr verwischt wird.
Um die Wertbestimmung trotzdem nachzuweisen, bedarf es eines Denkakts, der die durcheinandergewürfelten Preisrelationen auf die Zweiteilung der Gesamtproduktion in Wert und Mehrwert zurückführt. Bei Betrachtung der gesellschaftlichen Produktion sind die verschiedenen organischen Zusammensetzungen, Mehrwert- und Profitraten der Einzelkapitale und Industriezweige ohne Belang. Die Gesamtproduktion hat eine bestimmte Größe, die durch die Gesamtarbeitszeit gegeben ist. Sie hat den verbrauchten Wert reproduziert und eine bestimmte Masse Mehrwert ergeben. Die Aufteilung dieses Mehrwerts unter die verschiedenen Kapitale kann ihn weder verkleinern noch vergrößern. Die Höhe der Profitrate hängt von der Masse des totalen Mehrwerts im Verhältnis zum Gesamtkapital und damit von dessen organischer Zusammensetzung ab. Diese die allgemeine Profitrate ergebende organische Zusammensetzung ist vom Durchschnitt der unterschiedlichen organischen Zusammensetzungen der verschiedenen Kapitale gebildet. Wenn die organische Zusammensetzung eines Kapitals dieselbe wäre, wie die Durchschnittszusammensetzung des Gesamtkapitals, so würde sein Profit seinem Mehrwert entsprechen. Wo dies nicht der Fall ist, müssen Profit und Mehrwert auseinanderfallen.
Da der Profit die Bewegung des Kapitals bestimmt, vermittelt die kapitalistische Konkurrenz die Abwanderung von Kapital aus profitarmen in profitreiche Industriezweige, woraus sich die Tendenz zur Bildung einer Durchschnittsprofitrate ergibt, was praktisch bedeutet, daß manche Waren über dem in ihnen enthaltenen Wert und andere unter ihrem Wert verkauft werden. Damit ändert sich nichts daran, daß der Wert jeder Ware durch die in sie eingehende gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit bestimmt ist. Aber die Aufteilung des Gesamtwerts durch den Marktmechanismus, welche die Durchschnittsprofitrate ergibt, verändert die Arbeitszeitwerte in Produktionspreise. Ohne auf diese komplizierten Beziehungen der Bildung einer Durchschnittsprofitrate weiter einzugehen [17], sei doch gesagt, daß sich dieser im Marxschen Modell dargestellte Vorgang in Wirklichkeit „nur in einer sehr verwickelten und annähernden Weise, als nie festzustellender Durchschnitt ewiger Schwankungen, [...] als die beherrschende Tendenz durchsetzt“. [18]
Die in den Produktionspreisen ausgedrückten Abweichungen vom Wert heben sich gegeneinander auf, so daß für das Gesamtkapital alle Produktionspreise gleich dem Gesamtwert sind. Auch die Vermischung der Produktionspreise mit den Kostpreisen kann nichts daran ändern. Durch die gedankliche Aussonderung der Kostpreise aus den in ihnen eingegangenen Produktionspreisen ergibt sich der Gesamtkostpreis, der nun dem Gesamtprofit gegenübersteht. Ist dies auch eine praktische Unmöglichkeit, so kann man es sich doch vorstellen, eben weil die Produktionspreise Kostpreise plus Durchschnittsprofitrate darstellen, also zwei verschiedene Dinge sind. Jedenfalls, wie auch immer der vom gesellschaftlichen Gesamtkapital hervorgebrachte Gesamtmehrwert sich verteilen mag, er kann sich ebenso wenig von den Arbeitszeitrelationen der Mehrwertproduktion lösen, wie von dem durch die Arbeitszeit bestimmten Produktionsprozeß überhaupt. Das Kapital „ist an und für sich gleichgültig gegen die Besonderheit jeder Produktionssphäre, und wird durch die größere oder geringere Schwierigkeit im Verkauf der Waren dieser oder jener Produktionssphäre bestimmt, wo es sich anlegt, wie es sich anlegt, und in welchem Umfang es aus einer Produktionssphäre in die andere übergeht, oder seine Verteilung zwischen den verschiedenen Produktionssphären wechselt“. [19] Bei diesen Wanderungen bildet sich die Durchschnittsprofitrate hinter den Rücken der Kapitalisten heraus, als Ausdruck der ihnen unbekannten Gesamtproduktion und des von ihr erzeugten Gesamtmehrwerts. Obwohl sich das Wertgesetz nicht direkt auf die Ware bezieht, bleibt es doch weiterhin, wenn auch indirekt, durch den gesellschaftlichen Charakter der Mehrwertproduktion bestimmend. Dem Kapital gegenüber äußert es sich durch den Fall der Durchschnittsprofitrate, wenn der gesellschaftliche Mehrwert nicht mehr den Ansprüchen der Akkumulation entspricht. Es äußert sich im allgemeinen durch das Fallen und Steigen der Produktionspreise, durch die zunehmende oder abnehmende Produktivität der Arbeit. Es erscheint jedoch auf dem Marktgelände in der oberflächlichen Form von Angebots- und Nachfrage-Verhältnissen und muß auch durch kapitalistische Reaktionen auf diese Markterscheinungen blindlings auf die ihnen unterliegenden Wertverhältnisse zurückgeführt werden, um auf die Erscheinungswelt einwirken zu können.
Obwohl die Herausbildung der Durchschnittsprofitrate der Realität entspricht, so gilt dies doch nur, weil jedes Kapital sich bemühen muß, sein Kapital zu vermehren, um es zu erhalten; es muß daher versuchen, wenigstens die Durchschnittsprofitrate zu erreichen. Die Durchschnittsprofitrate setzt die Existenz verschiedener Profitraten voraus, die sich praktisch als Extraprofite und unter dem Durchschnitt liegende Profite darstellen. Im Lauf der Entwicklung verlieren sich die Extraprofite durch die Konkurrenz, und Kapitale verschwinden, die sich als unrentabel erwiesen, nur um neue unterschiedliche Profitraten hervorzubringen, die wiederum der Tendenz zu ihrer Ausgleichung unterliegen. Auch hier gibt es „Ruhepausen“, während denen sich die Durchschnittsprofitrate mehr oder weniger stabilisiert und eine gegebene Größe zu sein scheint.
Aus diesem Vorgang sollte sich bereits ergeben, daß die Bildung der Durchschnittsprofitrate und die Produktionspreise nichts mit dem „nationalen“ oder „internationalen“ Markt zu tun haben, sondern sich auf die kapitalistische Produktionsweise schlechthin beziehen. Für Mandel jedoch ist es eine „Tatsache, daß kein Ausgleich der Profitraten auf dem Weltmarkt stattfindet, d. h. daß verschiedene nationale Produktionspreise (Durchschnittsprofitraten) nebeneinander bestehen und durch den Weltmarkt auf eine besondere Weise miteinander artikuliert werden“. (S. 325) Diese nur auf „nationalen“ Märkten einheitlichen Produktionspreise stellen nach Mandel „die spezifische Wirkung des Wertgesetzes auf internationaler Ebene“ dar, „da sie auf national unterschiedlicher Arbeitsproduktivität und -intensität, auf national unterschiedlicher organischer Zusammensetzung des Kapitals, national unterschiedlichen Mehrwertraten usw. beruht“. (S. 67)
Da der kapitalistische Markt der Weltmarkt ist, ist nicht einzusehen, warum die Bildung der Durchschnittsprofitrate an den nationalen Grenzen haltzumachen hätte, so daß jede Nation ihre eigene Durchschnittsprofitrate herausbilden muß. Die Tatsache, daß die nationalen Zusammensetzungen des Kapitals, seine Ausbeutungsraten usw. verschieden sind, ändert nichts an der anderen Tatsache, daß der Mehrwert der Weltproduktion durch die Weltmarktbeziehungen genauso aufgeteilt wird, wie der der nationalen Wirtschaft, nämlich auf dem Wege konkurrenzbestimmter Preisformationen, die in dem produzierten unbekannten Gesamtmehrwert ihre Grenze finden. Und genauso, wie es im nationalen Rahmen möglich ist, einer niedrigen oder sinkenden Durchschnittsprofitrate durch die monopolistische Loslösung von der Konkurrenz zeitweise zu entgehen, ist es auch im internationalen Rahmen möglich, der durch die Konkurrenz gebildeten Preisrelationen durch das Aussteigen aus der internationalen Konkurrenz zu begegnen. In beiden Fällen handelt es sich jedoch um Maßnahmen, die schon an sich auf die Tendenz zur Bildung einer internationalen Durchschnittsprofitrate hinweisen.
Als sich Marx in seiner Kritik der klassischen Werttheorie die Frage stellte, wie es trotz des Wertaustauschs möglich ist, Profit zu machen, fand er die Antwort in dem Doppelcharakter der Arbeitskraft als Gebrauchs- und Tauschwert. Damit ergab sich, daß der Profit nicht aus der Zirkulation oder dem Handel, sondern aus der Produktion auf Basis kapitalistischer Produktionsverhältnisse stammt. Das muß auch für den Weltmarkt zutreffen. Die hier gewonnenen Profite müssen objektiv von Arbeitszeitrelationen abgeleitet werden. Wie sich im „nationalen“ Rahmen der Profit aus dem Mehrwert ergibt, kann sich der Profit des Welthandels nur aus dem Mehrwert der Weltproduktion ergeben. Wie aber ist es möglich, trotz niedriger Arbeitsproduktivität in den kapitalistisch-unterentwickelten Ländern, aus diesen denselben oder einen größeren Mehrwert herauszuschlagen, als es in den durch größere Arbeitsproduktivität ausgezeichneten kapitalistisch-entwickelten Ländern geschieht? Die Antwort ist, daß sich hier mehr gegen weniger Arbeit austauscht, daß das entwickelte Land einen kleineren Wert gegen einen größeren des unterentwickelten hergibt. Das wird auch von Mandel ausgeführt, aber so dargestellt, als ob sich der ungleiche Tausch direkt auf die verschiedenen Arbeitszeitrelationen bezöge, während er sich in Wirklichkeit erst über den Umweg des Marktes durchzusetzen vermag und damit der internationalen Konkurrenz und der Herausbildung einer internationalen Durchschnittsprofitrate unterworfen ist. Die Durchschnittsprofitrate, in der alle Profite eingehen, bestimmt die sich in der Konkurrenz herausbildenden Produktionspreise. Damit verteilt sich der Gesamtmehrwert ohne Rücksicht auf bestimmte Produktionssphären im „nationalen“ Rahmen oder innerhalb der Weltwirtschaft, nicht in den Proportionen, in denen er von den einzelnen Kapitalen erzeugt wird, sondern in den Proportionen, die durch die Existenz und Akkumulation des Kapitals gesetzt sind. Eben weil die Tendenz zur Bildung einer Durchschnittsprofitrate sich auf den Weltmarkt bezieht, ergeben sich die ungleiche Mehrwertverteilung oder der ungleiche Tausch innerhalb der nationalen Wirtschaften und im Weltmaßstabe.
Nach Mandel modifiziert sich das Wertgesetz auf den Weltmarkt aufgrund der verschiedenen Warenwerte, die auf der unterschiedlichen Produktivität der Arbeit beruhen. Länder mit niedriger Arbeitsproduktivität ergeben andere Warenwerte und andere Durchschnittsprofitraten, als Länder mit hoher Arbeitsproduktivität, und erlauben den letzteren im Handel mit den ersteren Surplusprofite zu erzielen. Diese besondere Ausbeutung vollzieht sich, Mandel zufolge, so: die unterschiedlichen Warenwerte bringen es mit sich, daß sich das Produkt eines Arbeitstages der entwickelten Nationen „gegen das Produkt von mehr als einen Arbeitstag der unterentwickelten Nation“ (S. 67) austauscht. Da die Produktivität in beiden verschieden ist, kann sich selbstverständlich nicht ein Arbeitstag gegen den anderen austauschen, ohne daß das unproduktivere das produktivere Land ausbeuten würde. Dringt das Kapital in kapitalistisch-zurückgebliebene Länder ein, so tauschen sich Produkte niedriger Arbeitsproduktivität gegen Produkte höherer Arbeitsproduktivität, was nur besagen kann, daß mehr lebendige Arbeit gegen weniger lebendige Arbeit hergegeben werden muß, um den Tauschenden gerecht zu werden. Aber dieser Austausch besagt noch nicht, daß das entwickelte Land das unterwickelte ausbeutet. Es besagt nur, daß sich der relative Mehrwert vom absoluten -unterscheidet, da er erlaubt, mit weniger direkter Arbeitszeit einen höheren Mehrwert zu erbringen. Dieser höhere Mehrwert schlägt sich in den Produktionspreisen nieder und bestimmt die in absolutem Mehrwert ausgedrückten Arbeitszeitäquivalente, gegen die sie sich austauschen müssen. Da aber die Produktivität der entwickelten um ein Vielfaches höher ist als die der unterentwickelten Länder, können die ersteren auf dem Handelswege jede ihnen entgegenstehende Konkurrenz in den unterentwickelten Ländern verdrängen, was in der Zerstörung der in ihnen existierenden kleinen Industrien und des Handwerks zum Ausdruck kommt. Dies impliziert noch nicht die Ausbeutung zurückgebliebener Länder, sondern die verschärfte Ausbeutung in den entwickelten Ländern, deren hohe Mehrwertraten ihren Kapitalisten erlauben, die Konkurrenz der unterentwickelten Länder aus dem Wege zu schlagen oder nicht aufkommen zu lassen und sich so zusätzliche Absatzmärkte zu schaffen.
Da die Wertbestimmung durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit sich über den Weltmarkt durchsetzt, müssen die unterentwickelten Länder im Austausch mit den entwickelten mehr Gebrauchswert für weniger Tauschwert, mehr Produkte für weniger Produkte oder mehr Arbeitszeit für weniger Arbeitszeit hergeben. In den Waren der Länder mit niedriger Produktivität der Arbeit steckt Arbeitszeit, die der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit nicht entspricht, die aber doch in den Austausch eingeht. Es bedarf deshalb nicht nationaler Warenwerte, Durchschnittsprofitraten und Produktionspreise, um den ungleichen Tausch zu erklären, da aufgrund des Wertgesetzes kein anderer Tausch stattfinden kann.
Da die zurückgebliebenen Länder keine Industrien besaßen, bezog sich der Tausch zwischen ihnen und den westlichen Industrieländern von vornherein auf Lebensmittel und Rohstoffe. Der Einbruch der entwickelten Industrie in unterentwickelte Länder schloß für diese die Entwicklung eigener Industrien aus und erhielt damit die ihnen eigenen vorkapitalistischen sozialen Verhältnisse. Die Konkurrenz zwischen kapitalistischen Nationen setzt sich auf dem Wege der Reduzierung der Produktionskosten durch, so daß jede von ihnen an billigen Rohstoffen und Lebensmitteln interessiert ist. Obwohl auch die landwirtschaftliche Produktivität in den zurückgebliebenen Ländern niedriger als in den kapitalistischen ist, macht es die Preisschere zwischen Fertigwaren und Rohprodukten doch rentabel, aus den Kolonien oder Halb-Kolonien einen großen Teil der in den kapitalistischen Ländern benötigten Lebensmittel und Rohstoffe zu beziehen. Insoweit als die importierten Rohstoffe und Lebensmittel die Produktionskosten vermindern, trägt dieser Umstand zur Akkumulation des Kapitals bei.
Da sich die Gebrauchswertseite der Produktion nicht verleugnen läßt, wird das Kapital auch dann Rohstoffe und Lebensmittel aus den zurückgebliebenen Ländern beziehen, wenn sie teurer als die im eigenen Lande produzierten sind. Mit dem Wachsen der Industrie geht die landwirtschaftliche Produktion zurück, und es gibt Länder, die ohne Importe von Rohprodukten und Lebensmitteln nicht existieren können. Da die kapitalistische Nachfrage die Preise für diese Waren erhöhen kann, stellte sich die Ausdehnung des Weltmarktes auch als Kolonisationsprozeß heraus, um die Preisbildung einer monopolistischen Kontrolle zu unterwerfen. Die kolonisierenden Nationen versuchten nicht nur den eigenen Absatzmarkt der internationalen Konkurrenz zu entziehen, sondern auch die Preisbildung der kolonialen Exportwaren ihren eigenen Akkumulationsbedürfnissen anzupassen. Sie mußten so einerseits die industrielle Entwicklung der Kolonien verhindern und andererseits versuchen, den monopolistischen Austausch durch die Verbilligung der in den Kolonien produzierten Waren so einträglich wie möglich zu machen.
Es handelte sich hier um Eingriffe in den kapitalistischen Marktmechanismus, um einen Teil des Gesamtmehrwerts der Konkurrenz zu entziehen. Der aus den Kolonien gezogene Mehrwert geht aber in die Profitraten der imperialistischen Länder ein und wird dort zum mitbestimmenden Element in der Herausbildung der Durchschnittsprofitrate. Erst auf dem Umweg über die Wirtschaftsbeziehungen der entwickelten Länder werden die unterentwickelten in den Weltmarkt und damit in die kapitalistische Konkurrenz mit einbezogen. Das ist schon daraus ersichtlich, daß der Großteil der Produktion in den zurückgebliebenen Ländern sich außerhalb des kapitalistischen Systems vollzog und wenig, wenn überhaupt, mit Markt- und Geldwirtschaft zu tun hatte, sondern der Selbstversorgung diente. Aber wo kein Mehrwert produziert wird, kann auch keine Rede von der Bildung einer Durchschnittsprofitrate sein. Diese Länder werden erst durch den Imperialismus langsam in das Weltmarktgetriebe hineingezogen, aber soweit dies geschieht, unterliegen sie damit auch den Bedingungen der Entwicklung des Gesamtkapitals und der kapitalistischen Konkurrenz.
Abgesehen von der durch einfachen Raub erzielten Ausplünderung der Kolonien durch die imperialistischen Länder, deren Resultate in die kapitalistische Akkumulation eingingen, war der von Mandel beklagte Werttransfer aus den Kolonien in die kapitalistischen Länder durch die in den Kolonien vorherrschende niedrige Arbeitsproduktivität notwendigerweise sehr begrenzt. Dem suchte das Kapital abzuhelfen durch die Einführung kapitalistischer Produktionsmethoden, die Entwicklung der Plantagenwirtschaft, die Einführung der Lohnarbeit und die Modernisierung der Rohstoffgewinnung, die den Kapitalimport in die Kolonien benötigte. Aber diese Unternehmungen blieben Konklaven innerhalb der kolonialen Gesamtwirtschaft und wiesen darauf hin, daß es sich für das Kapital nicht lohnte, eine weitgehende Kapitalisierung der kolonialen Besitzungen durchzuführen, daß Kapitalanlagen im eigenen oder anderen kapitalistischen Ländern einträglicher waren. Dieser Umstand wies ebenfalls darauf hin, daß der zu kapitalisierende Mehrwert nicht ausreichte, um die Akkumulation über jeweils gegebene Grenzen hinauszutreiben. Das Kapital begnügte sich mit einem beschränkten Kapitalexport, weil ein größerer objektiv nicht möglich war und weil die Verlagerung der Investitionen in die zurückgebliebenen Länder den Mehrwert verringert, nicht vergrößert hätte.
Allerdings, „Kleinvieh gibt auch Mist“, und die niedrige Ausbeutungsrate in den zurückgebliebenen Ländern hinderte das Kapital nicht, sie ebenfalls auszunutzen. Damit beschnitt es die schon sehr beschränkten Akkumulationsmöglichkeiten in den beherrschten Ländern, aber auch die Möglichkeit, durch Hebung der Produktivität der Weltwirtschaft das Fallen der Durchschnittsprofitrate aufzuhalten. Ist das Fallen der Profitrate eine Konsequenz der höheren organischen Zusammensetzung des Kapitals, so sollte die Einbeziehung von Kapitalien mit niedriger organischer Zusammensetzung in den Weltmarkt den Fall der Profitrate aufhalten. Praktisch besagt dies, daß insoweit, als sich Mehrwert aus den Sphären der Produktion mit niedriger in denen mit höherer organischer Zusammensetzung übertragen läßt, die Gesamtzusammensetzung des Kapitals einer günstigeren Profitrate gegenübersteht. Ob diese bessere Profitrate ausreicht, um das Gesamtkapital zu verwerten, ist unberechenbar, zeigt sich aber in der aktuellen Akkumulation des Kapitals. Sinkt die Akkumulationsrate, so zeigt sich, daß die organische Zusammensetzung des Gesamtkapitals — trotz der in ihr eingehenden unterschiedlichen Zusammensetzungen der verschiedenen Kapitale — eine der weiteren Akkumulation ungünstige Profitrate ergab. Dieser Situation kann nur abgeholfen werden durch die widersprüchliche weitere Erhöhung der organischen Zusammensetzung des Kapitals oder, was dasselbe ist, durch die weitere Erhöhung der Produktivität der Arbeit, nicht nur in den entwickelten, sondern auch in den unterentwickelten Ländern; oder auch durch die Vernichtung von Kapital im Rahmen der Weltwirtschaft, die eine gegebene Mehrwertmasse auf ein geringeres Gesamtkapital verteilt. Obwohl sich der eine oder andere Prozeß nicht organisieren läßt, vollzieht er sich dennoch auf den Wegen friedlicher und kriegerischer Konkurrenz zwischen den einzelnen Kapitalen und den kapitalistischen Nationen. In diesem Sinn beherrscht das Wertgesetz die kapitalistische Weltwirtschaft, da ihre Ausdehnung von den Vorgängen in den Produktionssphären bestimmt wird und diese wiederum vom Verhältnis des Werts zum Mehrwert und des Mehrwerts zum Gesamtkapital.
Das Kapital hat so einerseits ein direktes Interesse an der Vergrößerung des Gesamtmehrwerts, kann aber andererseits dieser Notwendigkeit nur auf dem Wege der Expansion der Einzelkapitale gerecht werden. Jedes Kapital sucht nach den geringsten Kostpreisen und den höchsten Gewinnen, ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Folgen, im nationalen Rahmen oder im Weltmaßstab. Daß die Akkumulation des einen Kapitals damit die eines anderen verhindert, daß die Expansion einer kapitalistischen Nation die einer anderen einengt, ändert jedoch nichts daran, daß das Kapital, als Gesamtkapital betrachtet, sich dennoch mit der zunehmenden Produktivität der Arbeit progressiv entfaltet. Diese Ausdehnung bestätigt die Existenz der Durchschnittsprofitrate, durch die sich die kapitalistische Wirtschaft mittels des Marktmechanismus ihren Bedürfnissen entsprechend reproduziert, aber gleichzeitig die notwendigen Voraussetzungen dieses Prozesses in zunehmendem Maße zerstört.
War das Kapital auch imstande, durch den aus den zurückgebliebenen Ländern gewonnenen Mehrwert seine Akkumulation um einiges zu beschleunigen, und wurde dieser zusätzliche Mehrwert durch eine den industriellen Nationen zuträgliche Preisbildung ermöglicht, so doch nur auf Kosten der langsamen Zerstörung dieser ohnehin schon schwachen Mehrwertquelle. Um diese Quelle fließend zu halten, wäre es nötig gewesen, die Produktivität der rückständigen Länder durch deren Industrialisierung zu erhöhen, durch eine dementsprechende Einschränkung der Akkumulation in den entwickelten Ländern, was jedoch dem kapitalistischen Prinzip widerspricht. Die sinkende Profitrate der Länder mit höherer organischer Zusammensetzung fiel so mit sinkenden Profiten in den Ländern mit niedriger organischer Zusammensetzung zusammen. Aber was sich in den entwickelten Ländern als relative Stagnation des Kapitals darstellt, bestimmt in den unterentwickelten den sich abrollenden Prozeß absoluter Verarmung. Diese Verarmung, obwohl eine Tatsache, bedeutet nicht eine gleichzeitige Bereicherung der kapitalistischen Nationen, wie Mandel es wahrhaben will. Ohne über die Möglichkeit eines Nachweises zu verfügen, behauptet er, daß „die durchschnittliche Mehrwertrate der Kolonien oft die der Metropole übersteigt“, und zwar, „weil die Produktion von absoluten Mehrwert in den Kolonien an jenem Punkt fortgesetzt werden kann, wo sie in den Metropolen auf eine Grenze stößt“, und weil, aufgrund einer riesigen industriellen Reservearmee, der Wert der Arbeitskraft „in den Kolonien langfristig nicht nur relativ, sondern auch absolut sinkt“ (S. 318). Nun ist der Wert der Arbeitskraft in den rückständigen Ländern seit langem so niedrig, daß er „langfristiges Sinken“ ausschließt, da er ihn völlig auslöschen würde, und die Produktivität der Arbeit ist so gering, daß auch die Verlängerung der Arbeitszeit den absoluten Mehrwert nicht zu vergrößern vermag. Die Verlängerung der Arbeitszeit an sich erbringt keinen zusätzlichen Mehrwert, wo die physische Ausbeutungsgrenze bereits erreicht ist. Ohne Zweifel werden in den Ländern der „Dritten Welt“ große Extraprofite gemacht, die sich jedoch auf besondere Rohstoffe beziehen, die in die Produktion der kapitalistischen Nationen eingehen und in diesen realisiert werden. Aber von diesen besonderen Profitquellen auf eine höhere „durchschnittliche Mehrwertrate in den Kolonien“ zu schließen, ist so offensichtlich falsch, daß man die Abwesenheit diesbezüglicher Daten nicht zu beklagen braucht.
Der Gedanke, daß der durch den ungleichen Tausch vermittelte Mehrwerttransfer aus den unentwickelten in die kapitalistischen Länder zum Versiegen verurteilt ist und nicht durch die Vermehrung des absoluten Mehrwerts aufgehalten werden kann, drängt sich auch Mandel auf und wird von ihm als eine Formverwandlung imperialistischer Ausbeutung dargestellt. Die Veränderung ist doppelter Natur: „Einmal ist der Anteil der kolonialen Super-Profite relativ zugunsten des Werttransfers über den ‘ungleichen Austausch’ zurückgegangen; zum anderen verschiebt sich die internationale Arbeitsteilung allmählich zu einem Austausch von leichten industriellen Erzeugnissen gegen Maschinen, Ausrüstungen und Fahrzeuge, zusätzlich zum ‘klassischen’ ungleichen Austausch von Rohstoffen und Nahrungsmitteln gegen industrielle Konsumgüter“ (S. 340). Aber da der Werttransfer nicht an eine bestimmte Form sachlicher Produktion gebunden ist, sondern an der „Stufenfolge der Akkumulation des Kapitals, der Arbeitsproduktivität und der Mehrwertraten“, wandelte sich nur die Form der Unterentwicklung nicht ihr Inhalt, „und die Quellen der Ausbeutung der Halbkolonien durch die imperialistischen Metropolen fließen heute stärker denn je“ (S. 33). Diese Formveränderung besagt, daß sich manche Länder der "Dritten Welt“ zu industrialisieren beginnen, zusätzlichen Mehrwert produzieren und mehr als nur Lebensmittel und Rohmaterialien auszutauschen haben, wenn von den letzteren auch weniger. Da sich dadurch ihre Kapitalzusammensetzungen verändern, kommen sie denen in den entwickelten Ländern etwas näher, was jedoch im selben Maße den Werttransfer in die imperialistischen Länder beeinträchtigt, da ein wachender Teil des Mehrwerts kapitalisiert werden muß, was vorher nicht der Fall war. Durch die gleichzeitige Verminderung der Rohstoff- und Lebensmittelproduktion, reduziert sich der „ungleiche Austausch“ auf dem Wege der Preisbildung durch die internationale Konkurrenz und macht den direkten Kapitalexport in die unterentwickelten Länder notwendig, um an dem dort erzeugten Mehrwert weiter teilzuhaben. Daß dieser auf dem Wege direkter Investitionen gewonnene Mehrwert noch von untergeordneter Bedeutung ist, ergibt sich daraus, daß sich die große Masse der Kapitalexporte auch weiterhin in den kapitalistisch-entwickelten Ländern festlegt.
Nach Mandel läßt sich jedoch der von den imperialistischen Nationen erreichte Vorsprung nicht einholen, so daß, trotz der langsamen Industrialisierung der Länder der „Dritten Welt“, die Diskrepanz der Mehrwertraten bestehen bleibt, die es dem Imperialismus erlauben, den rückständigen Ländern weiterhin und in größerem Maße Mehrwert zu entziehen und auf deren Kosten zu akkumulieren. „Nur im Fall einer allgemeinen Homogenität der kapitalistischen Produktion im internationalen Maßstab“, schreibt er, „würden die Quellen von Surplus-Profiten versiegen“. (S. 340) Da sich diese „allgemeine Homogenität“, die weltweite totale Mobilität von Kapital und Arbeit, nicht recht vorstellen läßt, kommt Mandel zu dem Schluß, daß der Kapitalismus die Kombination von Entwicklung und Unterentwicklung nicht aufheben kann und damit auch nicht die Ausbeutung der „Dritten Welt“. Als einzige Lösung dieses Dilemmas bleibt die soziale Revolution, die der Unterwerfung unter den kapitalistischen Weltmarkt durch die Sozialisierung der Produktionsmittel ein Ende macht. Damit glaubt Mandel den Imperialismus und die zu erwartenden sozialen Revolutionen der unterentwickelten Länder aus dem Wertgesetz erklärt zu haben.
Da sich hinter den Preisrelationen Wertrelationen verbergen, ist der ungleiche Tausch national wie international gang und gäbe, muß sich aber durch die Verschiedenheiten der in den Weltmarkt einbezogenen Länder verschiedentlich auswirken. Aus diesen Unterschieden in bezug auf Warenwerte und Mehrwertraten ergeben sich für Mandel national unterschiedliche Durchschnittsprofitraten und Produktionspreise, die erst den ungleichen Tausch und die Wertübertragungen ermöglichen. Was jedoch bei seiner Abstraktion vom Weltmarkt herauskommt, ist nicht mehr, oder etwas anderes, als was auch bei seiner Einbeziehung herauskäme. Die Mandelsche Erklärung des ungleichen Tauschs und der Werttransfers ist nicht nur falsch, sondern auch, wäre sie richtig, völlig überflüssig. In jedem Lande haben die Kapitalisten es nur mit Kostpreisen zu tun und mit Marktpreisen, die sie nicht bestimmen können. Der Unterschied zwischen beiden ergibt den Profit. Der Kostpreis ist, was sie für ihre Arbeiter und die von ihnen angewandten Produktionsmittel und Rohstoffe zu bezahlen haben. Der Produktionspreis besteht aus diesen Ausgaben plus den auf den Markt gewonnenen Profit. Es ist den Kapitalisten gleichgültig, ob sie diesen Profit im Inland oder auf dem Weltmarkt gewinnen. Dies gilt für beide, die Kapitalisten in den entwickelten und in den unterentwickelten Ländern. Der Unterschied zwischen ihnen besteht darin, daß in den Kostpreis des einen weniger für Produktionsmittel eingeht und mehr an Arbeitslohn und daß es sich bei dem anderen umgekehrt verhält. Aber eine höhere Profitrate bei niedriger organischer Zusammensetzung kann eine kleinere Mehrwertmasse ergeben als eine niedrige Profitrate bei hoher organischer Zusammensetzung. Die Produktivität der Kapitale mit hoher organischer Zusammensetzung ist bei weitem größer als die der Kapitale mit niedriger Zusammensetzung, wodurch der Wertverlust, der durch die relative Abnahme lebendiger Arbeit zum Gesamtkapital entsteht, aufgehoben wird. Das ist der Sinn der Akkumulation und die Unterscheidung zwischen entwickelten und unterentwickelten Ländern. Der Mehrwert wächst durch die Akkumulation, während er ohne Akkumulation stagniert und eine erweiterte Reproduktion ausschließt. So muß sich der Unterschied zwischen den Ländern mit hoher organischer Kapitalzusammensetzung und denen mit niedriger zuungunsten der letzteren durch die Akkumulation der ersteren stets mehr vergrößern, d. h. solange die Akkumulation zu einer schnelleren Zunahme der Profitmasse führt, als die Profitrate durch die steigende organische Zusammensetzung fällt.
Bei der zunehmenden Profitmasse handelt es sich um Produkte, von denen jedes einzelne weniger Wert und weniger Mehrwert enthält, was jedoch durch die schneller gewachsene Produktenmenge ausgeglichen wird. Die durch höhere Produktivität hergestellte Ware ist billiger als die, welche einen größeren Arbeitsaufwand erforderte. Diese Verbilligung kommt in fallenden Produktionspreisen zum Ausdruck, was, auf den ersten Blick, Mandels Auffassung von den unterschiedlichen Durchschnittsprofitraten und Produktionspreisen zu bestätigen scheint. Diese Verbilligung erstreckt sich jedoch mehr oder weniger auf alle Waren. Da aber Lebensmittel und Rohstoffe nicht nur in den Kolonien und Halb-Kolonien produziert werden, sondern auch in den entwickelten Ländern, wird sich der Weltmarktpreis dieser Produkte diesem Umstand anpassen. Entsprechend dem jeweiligen Weltbedarf an diesen Produkten wird der Preis nicht von den nationalen Wertrelationen bestimmt sein, sondern vom Verhältnis zwischen dem Weltangebot und der Weltnachfrage. So erhöht sich denn auch der Weltmarktpreis dieser Produkte sofort, sobald die Nachfrage nach ihnen steigt, wie z. B. bei einer rapiden Akkumulation in den kapitalistischen Ländern oder im Falle eines Krieges. Und umgekehrt fällt ihr Weltmarktpreis mit kapitalistischer Stagnation und jeder Produktionseinschränkung. Die Preisbildung für die Produkte der „Dritten Welt“ ist von den Bewegungen des Gesamtkapitals im Weltmaßstab abhängig. Die Produktionspreise der unterentwickelten Länder setzen sich aus ihren Kostpreisen und den durch die Weltmarktsbewegungen bestimmten Profit zusammen. Soweit es ihre eigene Produktion betrifft, resultieren ihre Profitraten weder aus der organischen Zusammensetzung des eigenen Kapitals, noch aus der der entwickelten Länder, sondern aus den Angebots- und Nachfrage-Verhältnissen des Weltmarkts. Sie unterstehen damit den Bewegungen des Gesamtkapitals, die die Herausbildung der Durchschnittsprofitrate und deren Größe bestimmt. In anderen Worten: durch die Existenz des Weltmarkts können sich keine nationalen Durchschnittsprofitraten bilden und keine die nationalen Wertrelationen widerspiegelnden Preisrelationen ergeben. Soweit die Produktion im allgemeinen in Frage kommt, ist die Preisbildung in den unterentwickelten Ländern von vornherein von der in den entwickelten bestimmt, da die Abwesenheit moderner Industrien jede Konkurrenzfähigkeit ausschließt. So müssen sie sich auf die Produktion von Rohstoffen und Lebensmittel beschränken, um in den vom Weltmarkt diktierten Produktionspreisen ihre Profite zu realisieren.
Die Einführung der Industrie in den unterentwickelten Ländern kann den ungleichen Tausch nicht aufheben, solange deren Produktivität unter dem Niveau der gesellschaftlich-notwendigen Arbeitszeit liegt. Dem wird zum Teil durch die niedrige Bewertung der Arbeitskraft begegnet, was zugleich zum Hindernis ihrer weiteren Entwicklung wird. Allerdings kann der Mangel an Kapital durch Investitionen der entwickelten Länder um einiges behoben werden. Doch da der Großteil des damit erzeugten Profits in die Kapital exportierenden Länder zurückfließt, beeinflußt dies den Akkumulationsprozeß in den unterentwickelten Ländern nur in geringem Maße. Da der Kapitalexport von der Profitabilität bestimmt ist, fließt er in die Industrien und die Länder, die sich als die gewinnreichsten herausstellen, und damit nicht nur in die Länder hoher Arbeitsproduktivität, sondern auch aus den Ländern niedriger Produktivität in jene, die eine höhere aufweisen. Mehrwert fließt nicht nur zwangsweise, sondern auch freiwillig aus den zurückgebliebenen in die entwickelten Länder. Daraus läßt sich jedoch nicht schließen, daß die Ausbeutung unentwickelter Länder die imperialistischen Nationen auf den Beinen zu halten vermag.
Das Ende des Kolonialismus war nicht nur durch die sich aus der Verarmung herausbildenden national-revolutionären Bewegungen bestimmt, sondern auch durch die schwindende Einträglichkeit der Kolonien, die es ihren Besitzern leichter machten, sie aufzugeben. Es war weiterhin bedingt durch das Auftreten neuer imperialistischer Mächte auf dem Weltmarkt oder außerhalb des monopolistisch-kontrollierten Weltmarktes, die ihre eigenen Ansprüche geltend machten, entweder in der Form eigener imperialistischer Eroberungen oder in der Form des Neo-Kolonialismus, der es versteht, nationale Selbstbestimmung mit ökonomisch-imperialistischer Beherrschung zu verbinden. Dieser bereits zwei Weltkriege und mehrere lokale Kriege in sich einschließende Prozeß ist noch nicht zum Abschluß gekommen und kann auch nicht abgeschlossen werden, da er die Beseitigung der Konkurrenz und damit die der kapitalistischen Produktionsverhältnisse voraussetzt. Aber alle diese Bestrebungen schließen das Verlangen in sich ein, die Fesseln niedriger Arbeitsproduktivität abzustreifen. Die weitgehende Beschäftigung der Bourgeoisie wie auch der staatskapitalistischen Autoritäten ist der Wirtschaftsentwicklung, d. h. der Vergrößerung des Mehrwerts gewidmet — eine Beschäftigung, der der Erfolg nicht ganz versagt blieb.
Es ist das Interesse an zusätzlichem Mehrwert, das die wahrnehmbare, wenn auch langsame Kapitalisierung der zurückgebliebenen Länder, die auch Mandel anmerkt, zu beschleunigen versucht. Und es ist dieselbe kriechende Kapitalisierung, die der national-revolutionären Bewegung ihren Impetus verleiht, das gleiche Ziel mittels politischer Methoden zu erreichen, die den beschränkten Rahmen privatkapitalistischer Initiative sprengen. Ob diese gemeinsamen Maßnahmen ausreichen werden, die für eine gleichzeitige Expansion des Kapitals und seiner geographischen Ausdehnung benötigten Mehrwertmasse aus den Arbeitenden herauszuschinden, läßt sich theoretisch nicht ermitteln, obwohl es für die nähere Zukunft bestimmend ist. Was jedoch aus allen diesen Bestrebungen sichtbar wird, ist die der kapitalistischen Akkumulation innewohnende und sich fortsetzende Tendenz der fallenden Profitrate, aus der sich die krampfhaften Bemühungen ergeben, die Produktivität der Arbeit im Weltmaßstab anzuheben.
Auch Mandel sieht ein, daß die Ausbeutung der „Dritten Welt“ kein Dauerprozeß sein kann, sondern sich mit der Zeit erschöpfen muß. Es ist eben das Bemerkenswerte an der Mandelschen Wirtschaftstheorie, daß sie so abgefaßt ist, daß sich alles und nichts aus ihr ergibt und Mandel damit verhilft, sich jeder aufkommenden Verlegenheit zu entziehen. Durch die prinzipielle Ablehnung jeder „monokausalen“ Erklärung der kapitalistischen Entwicklung ist er imstande, sich alle existierenden Theorien anzueignen und für sich auszunutzen und zugleich, mittels der „monokausalen“ Werttheorie, als unzureichend aufzuzeigen. Kaum geschehen, teilt er die aus der Werttheorie gewonnenen Einsichten erneut in eine Reihe relativ unabhängiger Variablen ein, um mit der einen oder anderen der aus der Werttheorie folgenden Entwicklungstendenzen den „monokausalen“ Ablauf der Geschichte abzustreiten. So gelingt es ihm, der eigenen Schätzung nach, alle bürgerlichen wie auch marxistischen Theorien als unzulänglich darzustellen und sich als der Mann vorzustellen, der zum ersten Mal den „Spätkapitalismus“, durch ein richtiges Verständnis des Marxismus, aus dem Wertgesetz heraus erklärt hat.
Man kann aber Mandel stets zustimmen: es ist ohne Zweifel richtig, daß das Kapital die Welt ausbeutet und trotzdem keine Zukunft hat. Die Auflösung des kapitalistischen Systems, kann, Mandel zufolge, jedoch nicht aus den kapitalistischen Produktionsverhältnissen allein gefolgert werden, da auch das Problem der Mehrwertrealisierung zu berücksichtigen ist. So kann Mandel sich zwei Theorien zugleich aneignen, nämlich die der Überakkumulation, die sich auf die Produktionsverhältnisse bezieht, und die der Überproduktion, die sich auf die Schwierigkeiten der Mehrwertrealisierung infolge mangelnder Nachfrage nach Konsumgütern beruft. Nun schließt die Überakkumulationstheorie die der Überproduktion in sich ein, da sich die Realisierungsschwierigkeiten aus der mangelnden Kapitalakkumulation von selbst ergeben, während die Realisierungstheorie nicht die Überakkumulation in sich einschließen kann, da sie das Aufkommen dieses Zustandes verhindern würde.
Die Disproportionalität zwischen Produktion und Konsumtion ist ein fortwährender Zustand, nämlich die Mehrwertproduktion schlechthin, während sich die Überakkumulation als Diskrepanz zwischen Ausbeutung und organischer Zusammensetzung des Kapitals nur von Zeit zu Zeit bemerkbar macht. Die wachsende organische Zusammensetzung des Kapitals setzt die zunehmende Disproportionalität zwischen gesellschaftlicher Produktion und Konsumtion voraus und überwindet durch sich selbst, nämlich durch die Akkumulation, das Realisierungsproblem. Es taucht erst wieder auf mit dem Aussetzen der Akkumulation und erscheint dann als mangelnde Nachfrage, die auch die Nachfrage nach Konsumgütern in sich einschließt.
Mandel schreibt: „Wir verstehen unter dem Begriff Überakkumulation den Zustand, in dem ein Teil des akkumulierten Kapitals nur zu ungenügender Profitrate angelegt werden kann“. (S. 102) Da es nicht so angelegt wird, muß die Unterbrechung der Akkumulation zu einer auf dem Markt auftretenden mangelnden Nachfrage nach Produktions- und damit Konsumgütern oder als Überproduktionskrise erscheinen. Als das erscheint sie auch Mandel, aber er möchte doch „langfristig“ an der Überakkumulation festhalten, um den notwendigen Untergang des Kapitals nachzuweisen. Aber nicht in einer so „mechanischen“ Weise, wie es z. B. Grossmann gemacht hat; nicht durch die Annahme einer dauernd wachsenden organischen Kapitalzusammensetzung, sondern durch die fortschreitende Automatisierung und die Verdrängung der lebendigen Arbeit aus der Produktion. Gegen Grossmann wendet Mandel ein, daß die Erhöhung der organischen Zusammensetzung des Kapitals durch eine entsprechende Entwertung des Kapitals stets aufgehoben werden kann. Es fällt ihm nicht auf, daß mit derselben Logik auch die Automatisierung gebremst werden kann, sobald sie den Profit angreift. Er ist sich auch nicht bewußt, daß er, wenn auch in anderen Worten, Grossmann nur wiederholt. Eine fortschreitende Automatisierung ist natürlich mit fortschreitender höherer organischer Zusammensetzung identisch. Aber kaum hat der „Dialektiker“ Mandel sein vernichtendes Urteil über den „Mechanisten“ Grossmann gefällt, da nimmt er es auch schon wieder durch die weitere Einsicht zurück, daß das Kapital nicht weitläufig automatisieren kann, ohne sich selbst zu vernichten.
Schlüpfrig wie Aale lassen sich die bei Mandel auftretenden Widersprüche nicht leicht gegen ihn kehren, da er sie selbst hervorhebt und damit alle möglichen Widersacher zu entwaffnen hofft. So gibt er ohne weiteres zu, „daß die Schwierigkeiten zur Realisierung des Mehrwerts bei gleichzeitiger Erhöhung der Mehrwertrate in der kapitalistischen Produktionsweise verankert sind“ (S. 509). Aber Anker lassen sich lichten, und die Fahrt kann weitergehen, sobald sich die eine oder andere Variable selbständig macht. Einerseits akkumuliert das Kapital, nach Mandel, auf Kosten der unterentwickelten Länder, andererseits entsteht dadurch „eine durch das Kapital selbst hervorgerufene und nicht zu überwindende Schranke für seine eigene Expansion“. (S. 79) Da sich indes das Problem des Surplus Profits, national und international, „auf das des Werts, bzw. Mehrwerttransfer reduziert, gibt es rein ökonomisch gar keine Grenze für diesen Prozeß des Wachstums der Kapitalakkumulation auf Kosten anderer Kapitalisten, der Ausdehnung des Kapitals durch Verbindung von Akkumulation und Entwertung von Kapitalen, durch dialektische Einheit und Widerspruch zwischen Konkurrenz und Konzentration. Jede Grenze des kapitalistischen Wachstumprozesses — wirtschaftlich betrachtet — ist immer eine temporäre, weil sie aus den Bedingungen des Produktivitätsgefälles selbst hervorgeht, diese Bedingungen aber umkehren kann“. (S. 97) Kurzum: es geht so, es geht auch anders; es kommt ganz darauf an, mit wem sich Mandel im Moment auseinandersetzt. Es käme ein neues Buch dabei heraus, wenn man die Mandelschen Ungereimtheiten im Detail nachweisen und dabei zeigen wollte, daß es sich dabei nicht um die Dialektik, sondern um gewöhnliche Unvereinbarkeiten handelt. Aufmerksame Leser seines Buches werden dies von selbst bemerken. Wir wenden uns daher besser — nach Kenntnisnahme der Mandelschen apologetischen Aufarbeitung der Leninschen Imperialismustheorie — seiner Analyse des „Spätkapitalismus“ zu. Aber da nach Mandel die jetzige Phase des Kapitalismus nicht nur aus der Theorie, sondern auch aus der Geschichte erklärt werden muß, muß doch wieder auf die Vergangenheit eingegangen werden.
Mandel unterscheidet drei Hauptphasen kapitalistischer Entwicklung. Die „frühkapitalistische Ära der freien Konkurrenz, die noch im Zeichen der Immobilität des Kapitals stand, da der Expansion der Akkumulation auf den inneren Markt noch keine entscheidenden Schranken im Wege standen“. Danach folgt die „klassische“ Ära des Imperialismus, in der die Konzentration des Kapitals immer mehr internationalen Charakter annimmt. Sie wird vom heutigen „Spätkapitalismus“ abgelöst, in dem der „multinationale Konzern die bestimmende Organisationsform des Großkapitals ist“. Darin zeige sich, daß „das Wachsen der Produktivkräfte den Rahmen des Nationalstaats durchstößt, d. h. daß die Mindestgrenze der Rentabilität [...] den Absatzmarkt verschiedener Länder umschließt“ (S. 294).
Nun ist es eine Tatsache, daß das Wachsen der Produktivkräfte von Anfang an mit der Bildung des Weltmarkts zusammenfiel, woraus sich der Imperialismus und die internationale Kapitalkonzentration als Ausdruck der imperialistischen Konkurrenz ergab. Nach Mandel sind — abstrakt gesehen — „die Erscheinungen des Imperialismus durch eine fehlende Homogenisierung der kapitalistischen Weltwirtschaft zu erklären“ (S. 78), woraus sich ergeben sollte, daß die zunehmende Homogenisierung der Weltwirtschaft den Imperialismus abschwächen müßte; dies ist aber, Mandel zufolge, eben nicht möglich, da „die Akkumulation des Kapitals stets Entwicklung und Unterentwicklung als einander bedingende Momente der ungleichen und kombinierten Kapitalbewegung“ (S. 79) ist. Nach Hilferding und Lenin führen die durch die Konkurrenz vermittelte Konzentration und Zentralisation des Kapitals zu einem organisierten Kapitalismus in Richtung auf einen einzigen Welttrust; eine Entwicklung, die nur durch eine vorhergehende proletarische Revolution abgewendet werden könnte. Mandel teilt diese Theorie noch heute und schließt daraus, „daß auf dem Weg zum ‘einzigen Welttrust’ infolge der Verspätung der proletarischen Revolution in den imperialistischen Ländern eine Verschmelzung der selbständigen imperialistischen Mächte zu ‘drei’ Supermächten möglich, wenn nicht wahrscheinlich bleibt“ (S. 311). Im Gegensatz zu Kautsky, dem Vater dieses Gedankens, sieht Mandel darin jedoch nicht eine Aufhebung, sondern eine „Verschärfung sämtlicher dem Imperialismus innewohnender Gegensätze im Zeitalter des Spätkapitalismus“ (S. 310), da „in dem sich verschärfenden internationalen Konkurrenzkampf die Haupttendenz nicht in Richtung auf weltweite Verschmelzungen des Großkapitals geht, sondern auf sich verhärtende Gegensätze mehrerer imperialistischer Gebilde“. (S. 314) So handelt es sich bei der „bestimmenden Organisationsform des Großkapitals im Spätkapitalismus“ letzten Endes doch wieder nur um eine Nebentendenz, die durch die „Haupttendenz“ wieder aufgehoben wird. Aber die Nebentendenz, die internationale Zentralisation des Kapitals, muß nach Mandel als ein Versuch des Kapitals verstanden werden, „die historischen Schranken des Nationalstaats zu durchbrechen, genau so wie die nationale (und Morgen supranationale) Wirtschaftsprogrammierung, einen Versuch darstellt, die Schranken des Privateigentums und der privaten Aneignung für die weitere Entfaltung der Produktivkräfte teilweise zu überwinden“ (S. 316). Dieser sich so enthüllende wahre Charakter des „Spätkapitalismus“ sei bisher weder von bürgerlicher noch von marxistischer Seite erkannt worden. Soweit die letzteren in Frage kommen, lag dieser Mangel an ihrer Nichtbeachtung der „Verkettung von ‘organisierten Kapitalismus’ mit verallgemeinerter Warenproduktion“. (S. 459) So haben sie die „von Marx im Kapital auf die Aktiengesellschaften angewandte Formel“ nicht verstanden, nämlich, daß es sich hier „um die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise selbst“ (S. 459) handelt. Da Marx dies vor mehr als hundert Jahren schrieb, befinden wir uns scheinbar, ohne es zu wissen, seit sehr langer Zeit in der Ära des Spätkapitalismus. Die Erscheinung von Aktiengesellschaften, die sogar dem Kapitalismus vorangingen, wird von Marx als „Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums“ beschrieben, als kapitalistische Produktion, die einer kollektiven Kontrolle untersteht. Weit entfernt, darin ein „organisierendes“ Element des Kapitalismus zu sehen, führt diese Art Kapitalismus nach Marx zu seiner weiteren Desorganisation und zu seinem Verfall. Er stellt „in gewissen Sphären das Monopol her und fordert damit die Staatseinmischung heraus. Er produziert eine neue Finanzaristokratie, eine neue Sorte Parasiten in Gestalt von Projektemachern, Gründern und bloß nominellen Direktoren; ein ganzes System des Schwindels und Betrugs mit Bezug auf Gründungen, Aktienausgabe und Aktienhandel.“ [20]
Marx beschäftigte sich hier offensichtlich nicht mit der später von Engels aufgeworfenen Frage, ob der Bildung der Aktiengesellschaften nicht auch eine positive Seite zukäme, da sie auch als eine Art „Gegendruck der gewaltig anwachsenden Produktivkräfte gegen ihre Kapitaleigenschaft“ [21] angesehen werden könnten, sondern sah in den Aktiengesellschaften ein weiteres Zeichen der sich im Kapitalismus herausbildenden Widersprüche, aus denen sich durch seinen Aufstieg zugleich sein Untergang ergab. Die Produktivkräfte, die sich im Kapitalismus entwickeln können, sind von seiner Akkumulation bestimmt und durch sie begrenzt; sie können sich nicht verselbständigen und sich gegen ihre Kapitaleigenschaft wenden. Die einzige Produktivkraft, die das kann, ist die Arbeiterklasse. Es ist deshalb Unsinn, anzunehmen, daß sich das Kapital bemüht, zugunsten weiterer Entfaltung der Produktivkräfte die Schranken des Nationalstaats und des Privateigentums zu durchbrechen. Im Gegenteil, sein „Internationalismus“ dient ausschließlich den nationalen Kapitalen und dem Privateigentum, mit oder ohne private Kontrolle. Der Weltmarkt ist auch ein Kapitalmarkt, und es versteht sich von selbst, daß mit der kapitalistischen Expansion nationale Konzerne zu internationalen werden. Zwei Weltkriege haben weiterhin gezeigt, daß die Fronten der imperialistischen Konkurrenz nicht von Nationalstaaten, sondern von supranationalen imperialistischen Kombinationen gebildet werden. Die Weltwirtschaft macht jede Krise zur Weltkrise und jeden Krieg zum Weltkrieg. Selbst wo der Krieg durch das momentane Übergewicht eines besonderen Staates oder einer besonderen Kombination von Staaten lokalisiert bleibt, erfaßt er die Bewegung der Weltwirtschaft nichtsdestoweniger. Supranationale Verbindungen kapitalistischer Mächte bestehen seit langem auf machtpolitischem wie auf wirtschaftlichem Gebiet und hatten nicht auf den „Spätkapitalismus“ zu warten. Der Ausgang des Zweiten Weltkriegs schuf günstige Bedingungen nicht nur für eine sich beschleunigende Akkumulation, sondern in Verbindung damit für die multinationale Ausdehnung großer Konzerne. Die Adaptierung des Marktes an die wachsende Produktion und die neuen Kapitalverhältnisse erleichterten die Realisierung des Profits, und der Gesamtprozeß führte zu einer ungleich verteilten, aber doch allgemeineren Steigerung der Profitproduktion. Dieser Prozeß, der sich als die Internationalisierung des Kapitals und der Produktion selbst verstehen will, ist jedoch wie jede frühere Phase kapitalistischer Entwicklung in ihrer Entfaltung begrenzt. Sie kann durch jede neue Weltkrise oder auch schon durch die Abnahme der Akkumulationsrate in sich zusammenfallen. Wie früher durch die sich verschärfende Konkurrenz der Weltmarkt zusammenbrach, so kann auch der multinationale Kapitalismus in neuen Konkurrenzkämpfen sein Ende finden. Aber schon jetzt läßt sich die zunehmende Internationalisierung des Kapitals nicht als seine wachsende Organisationsfähigkeit auffassen, sondern nur als die gegenwärtige Form desorganisierter Kapitalkonkurrenz, wie sie sich aus den unerkennbar bleibenden Wert- und Mehrwertrelationen ergibt. Nach wie vor ist es das Wertgesetz, das die möglichen Organisationsformen des Kapitals bestimmt, aber damit auch die Unmöglichkeit eines „organisierten Kapitalismus“.
Die multinationalen Konzerne haben den nationalen und damit imperialistischen Charakter des Kapitals nicht angetastet. Trotz aller Querverbindungen liegt die Kontrolle dieser Konzerne in den Händen bestimmter nationaler Kapitale, oft in Verbindung mit dem nationalen Staat, und die Profite fließen in die Nationen zurück, von denen die Konzerne ausgegangen sind. Staatenlose multinationale Konzerne, eine wirkliche Internationalisierung kapitalistischer Produktion, mögen ein Traum der Kapitalisten sein; er hat im Rahmen der Kapitalakkumulation keine Chance, verwirklicht zu werden. Tief beeindruckt von der „multinationalen Form des Großkapitals“ und beunruhigt von der „Wahrscheinlichkeit“ der Herausbildung von drei um die Kontrolle der Weltwirtschaft ringenden imperialistischen Großmächten bringt Mandel, durch die sich dabei eröffnende grauenvolle Perspektive, seinen Lesern erst das Gruseln bei, um am Ende doch wieder nüchtern festzustellen, daß das „Überleben des Nationalstaats an die kapitalistische bzw. imperialistische Konkurrenz [...] gebunden bleibt“. (S. 525)
Aber die „Verkettung von organisiertem Kapitalismus’ mit verallgemeinerter Warenproduktion“ ist für Mandel gleichzeitig eine internationale und nationale Erscheinung. Im nationalen Rahmen äußert sie sich als das Eingreifen des Staates in den Wirtschaftsmechanismus zur Förderung der kapitalistischen Akkumulation. Hier kommt es Mandel zugute, daß er die Produktion von Profit von seiner Realisierung scheidet, da das Eingreifen des Staates die Produktion über den Weg der Mehrwertrealisierung anhebt. Daraus ergibt sich für ihn der Versuch des Kapitals, die durch das Privateigentum gesetzten Schranken kapitalistischer Produktion zu durchbrechen. Das geschieht mittels der Rüstungsindustrie und der Kriegswirtschaft. Jedoch ist nur die Sorte „Rüstungswirtschaft auf die Dauer der Akkumulation von Kapital nützlich, die zwar Surpluskapitale aufsaugt, nicht aber die Kapitale, die zur erweiterten Reproduktion der Abteilung I und II (des Reproduktionsschemas) nötig sind. [...] Über diesen Punkt hinaus betriebene Rüstungs- und Kriegswirtschaft vernichtet in wachsendem Maße die sachlichen Bedingungen der erweiterten Reproduktion und hemmt dadurch langfristig die Akkumulation des Kapitals statt sie zu fördern“ (S. 156). Mit anderen Worten, Rüstung ist gut für die Akkumulation, aber schlecht, wenn sie übertrieben wird. Fällt die Akkumulationsrate trotz der Rüstungsindustrie, so besagt das nichts gegen Mandels Theorie, da die Rüstung eben übertrieben wurde. Zur Demonstration seiner Theorie offeriert Mandel ein Reproduktionsschema mit drei Abteilungen, wobei die letzte die Rüstungsindustrie umfaßt, deren Produktion nicht in den sachlichen Reproduktionsprozeß eingeht, aber doch als Teil der Gesamtproduktion die Akkumulation fördert. Wir können diese Spielereien außer acht lassen, da sie nur wiederholen, was ohnehin auch literarisch dargestellt wird. Alle drei Abteilungen produzieren nach Mandel Waren und damit Mehrwert. Rüstungen werden aus dem Mehrwert finanziert, „der weder zur Erhaltung der Kapitalistenklasse noch zur Erhaltung der Arbeiterklasse dient, und in dem das Kapital daher eine neue Gelegenheit findet, Mehrwert sowohl zu erzeugen wie zu realisieren“. (S. 262)
Es wird hier notwendig, auf Mandels Definition des Wertgesetzes einzugehen. Es hat nach ihm „die Funktion, über den Austausch von mittelfristig äquivalenten Arbeitsquanten die Verteilung der der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Wirtschaftsressourcen auf die verschiedenen Produktionsbereiche nach den Schwankungen der zahlungsfähigen Nachfrage, d. h. nach der Konsumstruktur, zu regeln“. (S. 66) Es ist also ein Gleichgewichtsmechanismus, um Produktion und Konsum in Einklang zu bringen. Dementsprechend stellt Mandel, Rosdolsky folgend, Marx zitierend, fest, daß „die Produktion von konstantem Kapital nie seiner selbst wegen stattfindet, sondern nur, weil mehr davon gebraucht wird in den Produktionssphären, deren Produkte in die individuelle Konsumtion eingehen“. (S. 259) Da aufgrund der wachsenden organischen Zusammensetzung des Kapitals stets weniger Arbeiter neu eingestellt werden, kann sich die gesellschaftliche Konsumtion nicht genügend erweitern, um das ganze Warenprodukt der Konsumproduktion aufzunehmen. So erzeugt die wachsende organische Zusammensetzung des Kapitals das Realisierungsproblem, obwohl nicht einzusehen ist, wie das Wertgesetz, das angeblich die Produktion der Konsumtion anzupassen hat, ein Wachsen der organischen Zusammensetzung des Kapitals zulassen kann. Wenn das konstante Kapital nur dann wachsen kann, wenn es in den der Konsumtion dienenden Produktionssphären angelegt wird, dann bestimmt nicht die Verwertung des Kapitals, sondern die gesellschaftliche Konsumtion die Produktion. Aber da ist das Zitat von Marx, nur ist es falsch verstanden worden.
Um Kapital zu produzieren, muß der Kapitalist Waren herstellen lassen, die für ihn Tauschwert und für andere Gebrauchswert haben. Der Gebrauchswert realisiert sich in der Konsumtion. Wie der Kapitalist den Gebrauchswert der Arbeitskraft produktiv konsumiert, so werden die sich daraus ergebenden Waren in einer oder anderen Form in die gesellschaftliche Konsumtion eingehen und damit verschwinden. Was nicht verschwindet, ist der Teil des Mehrwerts oder Mehrprodukts, der als konstantes Kapital der erweiterten Reproduktion der Ausbeutungsverhältnisse dient. Damit Kapital akkumuliert werden kann, müssen Gebrauchswerte hergestellt werden, die eine entsprechende Nachfrage oder Mandels „letzten Konsumenten“ finden. Daraus läßt sich jedoch nicht schließen, daß der „letzte Konsument“ tatsächlich die Bewegung des Kapitals bestimmt. Oder anders ausgedrückt: der „letzte Konsument“ hat nichts mit der „zu langsam wachsenden Lohnsumme für Konsumgüter“ zu tun, wie Mandel sich das vorstellt. Für jeden Kapitalisten ist der Tauschwert seiner Arbeiter ein Kostpreis, den er soweit wie möglich unter dem Gebrauchswert zu halten versucht. Aber die Arbeiter aller anderen Kapitalisten, soweit sie Konsumgüter herstellen, sind für ihn Konsumenten, auf deren Nachfrage er angewiesen ist. Je höher die Löhne anderer Arbeiter, und je niedriger die, die der Kapitalist seinen eigenen Arbeitern zahlt, desto besser läßt sich sein Profit auf dem Markt realisieren. Da dies für jeden Kapitalisten zutrifft, erhalten die Arbeiter als Klasse nur ihren Tauschwert, der eine geringere oder größere Warenmenge bedeuten kann, die Kapitalisten aber den sich ebenfalls in Produkten darstellenden Teil der Produktion, der dem Mehrwert entspricht, der zwar auch eines „letzten Konsumenten“ bedarf, ihn aber nicht in der Arbeiterklasse finden kann. Die Realisierung des Mehrwerts hat so überhaupt nichts mit den Arbeitern als Konsumenten zu tun, sondern muß durch das Kapital selbst vollzogen werden.
Würden die Arbeiter keinen Mehrwert produzieren, so hätten wir keine kapitalistische Wirtschaft; würden die Kapitalisten den ganzen Mehrwert verzehren, so hätten wir zwar kapitalistische Produktion, aber nicht die Produktion von Kapital. Das letztere setzt voraus, daß ein Teil des Mehrwerts akkumuliert wird. Dieser Teil muß von vornherein die Form von Produktionsmitteln haben, auch wenn diese wieder zur Herstellung von in den Konsum eingehenden Waren verwandt werden. Das Kapital produziert prinzipiell weder Produktionsmittel, um Produktionsmittel zu produzieren, noch Produktionsmittel, um Konsumtionsmittel herzustellen. Beides sind nur Mittel zum Zweck, ein gegebenes Kapital in ein größeres zu verwandeln. Da die Produktion von Konsumtionsmitteln an die von Produktionsmitteln gebunden ist und umgekehrt, hängt die Nachfrage nach dem einen oder anderen von der Bewegung des Kapitals ab. Die Nachfrage nach Produktionsmitteln wird mit der beschleunigten Akkumulation zu- und die nach Konsumtionsmitteln relativ abnehmen, da die Mehrwertmasse zu irgendeiner Zeit eine gegebene Größe ist. Was akkumuliert wird, kann nicht konsumiert werden, obwohl die Akkumulation mehr Konsumtionsmittel durch mehr und verbesserte Produktionsmittel in die Zirkulation wirft.
Der Akkumulationsprozeß muß deshalb zugleich ein die kapitalistische Produktionsweise ausdehnender Prozeß sein; der Weltmarkt ist von Anbeginn Bedingung der kapitalistischen Expansion. Die durch die Akkumulation angewachsenen Produktionsmittel und die erhöhte Produktivität ergeben eine stets wachsende Warenmasse, und über die Realisierung dieser Warenmasse setzt sich die Akkumulation des Kapitals fort. Die Zunahme der Produktivität der Arbeit hat an und für sich nichts mit dem Kapitalismus zu tun. Sie wuchs in vorkapitalistischen Zeiten, wenn auch sehr langsam, und wird auch nach der Abschaffung des Kapitalismus zunehmen. Die ganze gesellschaftliche Entwicklung basiert auf der zunehmenden Produktivität der Arbeit. Dieser allgemeine Prozeß vollzieht sich unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen in der spezifischen Form kapitalistischer Konkurrenz. Es ist jedoch nicht die Konkurrenz, die die Entwicklung der Produktivkräfte hervorbringt, sondern die Entwicklung der Produktivkräfte führte zur kapitalistischen Konkurrenz. Ist dieser Prozeß aber einmal angelaufen, so ist es die kapitalistische Konkurrenz, die die Produktivität der Arbeit enorm antreibt. Jedes Kapital muß, um solches zu bleiben, seine Produktivität erhöhen und damit Kapital akkumulieren. Dies nimmt einen zunehmenden Teil des Mehrwerts in Anspruch und überläßt einen relativ abnehmenden Teil der kapitalistischen Konsumtion. Obwohl die Masse der zu realisierenden Konsumtionswaren zunimmt und den Kapitalisten ein stets mehr luxuriöses Dasein erlaubt, wird ein von der bisherigen Akkumulation bestimmter zunehmender Teil des Mehrwerts kapitalisiert. Mehr Produktionsmittel und weniger Konsumtionsartikel werden angefordert. Die Warenproduktion verändert sich entsprechend der veränderten Nachfrage. Soweit die Realisierung des Mehrwerts in Frage kommt — und vom Standpunkt des Gesamtkapitals bezieht sich das Realisierungsproblem nur auf den Mehrwert —, wird sie durch den kapitalistischen Konsum und der Akkumulation des Kapitals vollzogen. Angebot und Nachfrage passen sich den Akkumulationsbedürfnissen des Kapitals an. Es stimmt, daß die vermehrten Produktionsmittel letzten Endes der Herstellung von Konsumtionsmitteln dienen und diese einen Markt finden müssen, um in Kapital zurückverwandelt zu werden. Aber dieser Markt ergibt sich aus der Dynamik des Kapitals, aus der sich fortsetzenden und erweiterten Akkumulation, mit der eine zunehmende Masse des Mehrwerts in Produktionsmitteln angelegt wird. Das Kapital schafft sich so seinen eigenen Markt und realisiert seinen Profit in der Akkumulation und dem wachsenden kapitalistischen Konsum. Dieser Prozeß ist nur deshalb möglich, weil die Arbeiter aus dem Realisierungsprozeß des Kapitals ausgeschlossen sind. Hinge die Realisierung des Mehrwerts von ihrem steigenden Konsum ab, so käme dies einem entsprechenden Profitverlust des Kapitals gleich und wäre so mit einer niedrigeren Akkumulationsrate und verminderter kapitalistischer Konsumtion verbunden. Aber der Wertcharakter der Arbeitskraft schließt diese Möglichkeit aus und überläßt den Mehrwert dem Kapital als seinem „letzten Konsumenten“.
Die Vorstellung, daß das Kapital außerstande sein soll, seinen Mehrwert zu benutzen und so zu realisieren, ist schwer verständlich. Abgesehen vom Akkumulationszwang ist das Akkumulationsverlangen überhaupt grenzenlos. Kein Kapitalist kann, seiner Meinung nach, „zu reich“ sein, und sein Reichtum stellt sich ihm als Kapital dar. Die Akkumulation bringt ihm eine größere Profitmasse, die seine weitere Akkumulation erlaubt. Die Einbeziehung neuer Arbeitskräfte, sein eigener wachsender Konsum, und die Ausdehnung des Weltmarkts erlauben dem Kapital, den Teil des Mehrwerts, der nicht in den Konsum eingeht, in Erwartung weiterer Expansion und ohne Rücksicht auf den gegebenen Markt direkt in zusätzliches Kapital zu verwandeln. Da die Produktion der Konsumtion sowieso vorauszugehen hat, ist die Produktion von Produktionsmitteln nicht an die jeweilige Nachfrage des Marktes nach Konsummitteln gebunden. Solange die Mehrwertrate mit der Akkumulation Schritt hält oder sie übersteigt, bedeutet die Akkumulation des Kapitals nichts weiter als die Ausdehnung der kapitalistischen Produktionsweise selbst; die Eroberung der Welt durch das Kapital. Sie schafft dauernd neue Voraussetzungen kapitalistischer Produktion, ehe noch die alten die Verwandlung der Warenform des Kapitals in die Kapitalform vollendet haben, so daß die Akkumulation des Kapitals stets der Konsumtion vorausläuft und deren Ausmaß bestimmt.
Die hinter uns liegende Geschichte des Kapitals wäre anders verlaufen, als es tatsächlich der Fall war, wäre seine Akkumulation von der Realisierung des Mehrwerts durch Mandels „letzten Konsumenten“ abhängig gewesen. In Wirklichkeit hat sich die Akkumulation stets auf Kosten der Konsumtion vollzogen, die, obwohl wachsend, hinter der Expansion des Kapitals zurückblieb. Wenn die Produktion von konstantem Kapital auch letztlich zur Herstellung von Konsumtionsmittel zu führen hat, so ist damit nicht gesagt, daß sie erst dann einsetzt, wenn eine ihr entsprechende Nachfrage für Konsumgüter vorhanden ist. „Da nicht die Befriedigung der Bedürfnisse, sondern Produktion von Profit Zweck des Kapitals, und da es diesen Zweck nur durch Methoden erreicht, die die Produktionsmasse nach der Stufenleiter der Produktion einrichtet, nicht umgekehrt, so muß beständig ein Zwiespalt eintreten zwischen den beschränkten Dimensionen der Konsumtion auf kapitalistischer Basis und einer Produktion, die beständig über diese ihre immanente Schranke hinaustreibt.“ [22] So werden nach Marx tatsächlich „periodisch zuviel Arbeitsmittel und Lebensmittel produziert, um sie als Exploitationsmittel der Arbeiter zu einer gewissen Rate des Profits fungieren zu lassen. Es werden zuviel Waren produziert, um den in ihnen enthaltenen Wert und darin eingeschlossenen Mehrwert unter den durch die kapitalistische Produktion gegebenen Verteilungsbedingungen und Konsumtionsverhältnissen realisieren und in neues Kapital rückverwandeln zu können, d. h. um diesen Prozeß ohne beständig wiederkehrende Explosionen auszuführen.“ [23]
Aber diese Widersprüche und die von ihnen ausgelösten Explosionen sind stets das Resultat einer erfolgreichen Akkumulationsperiode, in der dieselben Widersprüche die Akkumulation vorwärtstrieben. Die Schranke der kapitalistischen Produktionsweise ist, Marx zufolge, darin zu sehen, „daß die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit im Fall der Profitrate ein Gesetz erzeugt, daß ihrer eigenen Entwicklung auf einem gewissen Punkt feindlich gegenübertritt und daher beständig durch Krisen überwunden werden muß. Darin, daß die Aneignung unbezahlter Arbeit, und das Verhältnis dieser unbezahlten Arbeit zur vergegenständlichten Arbeit überhaupt, oder, kapitalistisch ausgedrückt, daß der Profit und das Verhältnis dieses Profits zum angewandten Kapital, also eine gewisse Höhe der Profitrate über Ausdehnung oder Beschränkung der Produktion entscheidet.“ [24] Erst an dem Punkt, wo die durch die Akkumulation steigende organische Zusammensetzung des Kapitals die Profitrate senkt, ergibt sich mit dieser Überakkumulation auch die Überproduktion von Waren, die Diskrepanz zwischen Produktion und Konsumtion, und das Realisierungsproblem. Diese Schwierigkeiten sind der Kapitalproduktion stets immanent, ohne deshalb der Akkumulation hinderlich zu sein, bis diese aus sich selbst heraus zum Hindernis wird.
Das Aussetzen der Akkumulation zeigt nicht nur an, daß sie von der Profitabilität des Kapitals abhängig war, sondern auch von der damit verbundenen Beschränkung der Konsumtion, die als Realisierungsproblem auf dem Markt erscheint. Damit ist nicht gesagt, daß die sich als Überproduktion zeigende kapitalistische Krise durch eine Steigerung der Konsumtion gelöst werden kann. Die Schwierigkeiten der Mehrwertrealisierung müssen durch die Fortsetzung des Akkumulationsprozesses überwunden werden. Die Lösung muß in der Produktion, nicht auf dem Markt, gefunden werden. Der Mehrwert muß vergrößert werden, um trotz der sich auch weiterhin relativ vermindernden gesellschaftlichen Konsumtion die Profitmasse der kapitalistischen Expansion anzupassen. Die Überproduktionskrise selbst wird Mittel dieses Zwecks, einerseits durch die Entwertung des Kapitals, andererseits durch seine sich fortsetzende Konzentration und die damit verbundenen Veränderungen der Kapitalstruktur, die zu einer Erhöhung der Profitrate führen.
Es ist deshalb möglich, die Grenze der kapitalistischen Produktion abstrakt, ohne Einbeziehung des Realisierungsproblems, als direkte Konsequenz der Wertproduktion aufzuzeigen. Selbst bei der Annahme, daß das Kapital alle Waren absetzen kann, seinen vollen Mehrwert realisiert und die Arbeiter stets den Wert ihrer Arbeitskraft erhalten, muß mit der steigenden organischen Zusammensetzung des Kapitals der Profit an dem Punkt der Akkumulation versiegen, an dem sich die Ausbeutungsrate der mit dem Kapital verbundenen Arbeiterschaft nicht weiter erhöhen läßt. In der Wirklichkeit erscheint dieser entscheidende Widerspruch der Kapitalproduktion in einer Reihe sich von ihm ableitender Widersprüche, wie die aktuelle Schwierigkeit der Mehrwertrealisierung, die Differenz zwischen Produktion und Konsumtion und die verschiedenen Disproportionalitäten der Wirtschaft, die aber alle diesem System eigen sind und sich innerhalb dieses Systems nicht aufheben lassen. So erscheint auch das Realisierungsproblem in der Wirklichkeit nicht in der Form, wie es sich aus den kapitalistischen Produktionsverhältnissen ergibt, nämlich als ausschließliches Problem der Mehrwertrealisierung, sondern als Problem der Realisierung der Warenwerte, die sich aus Wert und Mehrwert zusammensetzen. Läßt sich ein Teil des Mehrwerts nicht als Profit realisieren, so auch nicht ein Teil des Werts, so daß sich die Realisierungsschwierigkeiten als allgemeine Überproduktion darstellen.
Können nach Mandel „die Realisierungsschwierigkeiten letzten Endes nur durch die Erhöhung der zahlungsfähigen Nachfrage für Konsumgüter gelöst werden“ (S. 261), so können sie überhaupt nicht gelöst werden, sondern höchstens durch die beschleunigte Akkumulation vorübergehend verdeckt werden. Das weiß auch Mandel. Dieses „letzten Endes“ kann nicht verwirklicht werden, da „die Logik der kapitalistischen Produktionsweise im umgekehrten Sinne wirkt“. (S. 261) Aber dieses „letztes Endes“ enthält den Schlüssel zu Mandels Theorie der Mehrwertrealisierung durch die Rüstungsindustrie. Was sich nicht durch den „letzten Konsumenten“ erreichen läßt, erscheint ihm durch die Rüstungsindustrie gewährleistet.
Nach Mandel ist es vom Standpunkt der Wertbildung gleichgültig, welche Art von Ware produziert wird, ob für den Konsum der Arbeiter, der Kapitalisten oder des Staates. Für Marx, führt Mandel aus, ist „die abstrakte Arbeit wertschaffend, d. h. die Arbeit, die, unabhängig vom spezifischen Gebrauchswert, den sie erzeugt, als Teil des gesamtgesellschaftlichen Arbeitsvermögens eine Ware produziert, welche auf dem Markt ein Äquivalent findet, d. h. ein gesellschaftliches Bedürfnis erfüllt“. (S. 272)
Damit ist der Gesamtumfang der Wertproduktion von dem der Warenproduktion bestimmt, und damit hängt die Profitrate von der Masse der Mehrarbeit ab, „die durch das gesellschaftliche Kapital in der Warenproduktion in Bewegung gesetzt wird, unabhängig vom Sektor (z. B. der Waffenproduktion) worin dies geschieht“. (S. 272) Wir können hier Mandels Erwägungen, ob der Rüstungssektor, als dritte Abteilung seines Reproduktionsschemas, von höherer oder niedriger organischer Kapitalzusammensetzung ist und dementsprechend die Durchschnittsprofitrate positiv oder negativ beeinflußt, außer acht lassen, da die Rüstungsindustrie keinen besonderen Sektor darstellt, sondern sich innerhalb der allgemeinen kapitalistischen Produktion bewegt. Was uns interessiert, sind die Fragen, ob es sich bei der Rüstungsindustrie tatsächlich um Warenproduktion handelt, ob sich diese Waren gegen andere austauschen, und ob ihr „Wert“ in den Gesamtwert eingeht?
Mandel bejaht diese Fragen, aber mit der Einschränkung, daß dies nur unter bestimmten Bedingungen der Fall ist, woraus sich eigentlich schon ergeben sollte, daß es sich bei der Rüstungsindustrie nicht um den gewöhnlichen Warenverkehr handelt. Die Einschränkung besagt, daß seine Behauptung nur so lange zutrifft, als „ungenutzte Reserven in der Wirtschaft vorhanden sind“, und da dies die „Ausgangslage der ‘permanenten Aufrüstung’ ist, entstehen keine besonderen Probleme aus dem spezifischen Gebrauchswert der zusätzlichen Produktion“. Dann folgt eine weitere Einschränkung, nämlich, daß die durch die Rüstungsproduktion vermittelte Beschleunigung der Kapitalakkumulation nur dann erfolgreich ist, wenn das gesamte Surpluskapital (die ungenutzten Reserven) „nicht mit einem Schlage, sondern nur schrittweise“ in der Waffenproduktion angewandt wird. Ist das der Fall, so kann bisher brachliegendes Kapital durch die Rüstungsindustrie verwertet werden.
Der Begriff „abstrakte Arbeit“ bezieht sich auf die gesellschaftliche Gesamtarbeitszeit, in die alle besonderen Arbeitszeitwerte eingehen und wo sie ausgelöscht werden. Er bezieht sich nicht auf die Verteilung des Werts oder Mehrwerts, die von den durch den Gebrauchswert der Waren bestimmten konkreten Beziehungen der kapitalistischen Produktion abhängt. Unter der Annahme, daß alle Arbeit Wert produziert, ergibt sich aus der Gesamtarbeitszeit der Gesamtwert, der sich in Wert und Mehrwert aufteilt. Da der Wert der Ware auf dem Markt zu realisieren ist, muß sich für jede Ware ein Käufer finden, so daß sich — in wie immer abgewandelter Form — Arbeitszeitquanten gegen Arbeitszeitquanten austauschen können. Die in der Rüstungsindustrie geschaffenen „Waren“ lassen sich aber weder gegen die Arbeitszeitwerte der Arbeiterschaft, noch gegen den Mehrwert der Kapitalisten austauschen. Abgesehen von einem verschwindenden Teil der Waffenproduktion, die in den privaten Konsum eingeht, ist der Käufer der Rüstungswaren der Staat. Allerdings kann er die „abstrakte Arbeit“, die in die Rüstungsindustrie eingeht, nicht gegen eigene „abstrakte Arbeit“ austauschen, da er überhaupt nichts produziert. Sein Einkommen setzt sich aus der Besteuerung des sich aus Wert- und Mehrwertproduktion ergebenden gesellschaftlichen Einkommens zusammen.
Auch Mandel weiß, daß es sich bei den Staatsausgaben (Rüstungen eingeschlossen) um Abzüge vom Lohn und Profit handelt, für die kein Gegenwert vorhanden ist, die also den Lohn und Profit vermindern und so den Gesamtwert nicht beeinflussen können. Aber das träfe nur im Fall der Vollbeschäftigung und Ausnutzung aller Produktionsressourcen zu. Solange Teile davon brachliegen, werden durch die zusätzliche Produktion für Rüstungszwecke der Wert und Mehrwert vergrößert und die Akkumulation gefördert. Der zusätzliche „Warenwert“ wird durch staatliche Ankäufe realisiert. Aber diesem Staat stehen nach wie vor nur Steuern und geborgte Gelder zur Verfügung, aus denen sich die wachsende Staatsverschuldung ergibt, die ebenfalls nur durch Steuern finanziert und abgetragen werden kann. Obwohl sich die Produktion durch die Rüstungsausgaben vermehrt, muß der gesamte „neugeschaffene Wert“ aus Abzügen von den Ergebnissen der kapitalistischen Warenproduktion beglichen werden, da es keinen Markt für die Rüstungsindustrie gibt. Demgegenüber weist Mandel auf die „Bedeutung des Rüstungsgeschäfts im Welthandel“ hin — „eines Geschäfts, das, nebenbei gesagt, beweist, wie unsinnig es ist, die Waffenproduktion nicht als Warenproduktion und die Anlagen in diesem Sektor nicht als Akkumulation von Kapital zu begreifen“. (S. 288) Es entgeht ihm hier, daß dies nichts an der Tatsache ändert: auch im internationalen Handel sind es die Regierungen, die Waffen kaufen und sie aus Steuergeldern bezahlen, so daß sich für das Gesamtkapital nichts daran ändert, daß den Rüstungsausgaben keine aus der Produktion gewonnene Einnahmen gegenüberstehen.
Mandel bildet sich ein, daß Produktion, nur weil sie im Kapitalismus vor sich geht, schon kapitalistische Produktion, Mehrwertproduktion sein muß. Es stimmt allerdings, daß die Rüstungsindustrie Profite macht und Kapital akkumuliert und sich in nichts von anderen Unternehmen unterscheidet. Aber ihre Profite und Neuinvestitionen ergeben sich nicht aus der Warenzirkulation, sondern aus Staatsausgaben, die sich aus einem Teil des realisierten Werts und Mehrwerts anderer Kapitale zusammensetzen. Das ist nicht augenfällig, da ein großer Teil der Waffenproduktion durch Anleihen, anstatt durch direkte Besteuerung, finanziert wird, wodurch sich die Belastung des Privatkapitals über längere Zeitspannen verteilt. Das Kapital gibt der Regierung Kredit, der wohl die Produktion ausdehnen kann, aber keinen zusätzlichen Mehrwert ergeben kann, da die Güter der Rüstungsindustrie aus dem Mehrwert der Kreditgeber bezahlt werden müssen. Wenn die Rüstungsindustrie Mandel zufolge unter Bedingungen der Vollbeschäftigung und Ausnutzung aller Produktionsressourcen, einen Abzug vom Lohn und Profit bedeutet, so ist damit schon gesagt, daß sie keinen eigenen Wert und Mehrwert produziert, also nicht für Warenproduktion gehalten werden kann. Dies kann sich nicht ändern, nur weil ein Teil des Kapitals brachliegt. Wie das kapitalistische Verwertungs- und Realisierungsproblem nicht durch die Anhebung des Konsums gemeistert werden kann, so kann es auch nicht auf dem Wege der Rüstungsindustrie, deren Produkte, genau so wie die einer vergrößerten Konsumtion, nicht in neues Kapital verwandelt werden, sondern einfach verschwinden. Die Rüstungsindustrie, wie alle anderen Staatsausgaben, die nicht aus eigener Staatsproduktion gedeckt werden, fallen, gesellschaftlich gesehen, ausschließlich in die Sphäre des Verbrauchs, nicht in die der Akkumulation. [25]
Ungeachtet des „Wert und Mehrwert produzierenden“ Charakters der Rüstungsindustrie als „einem der wichtigsten Hebel zur Lösung des Problems der Surpluskapitalien“ kommt Mandel überraschenderweise doch zu dem Ergebnis, daß „je mehr die Entfaltung der Rüstungswirtschaft den Bruttogewinn der Großkonzerne zu verringern droht (d. h. je höher der durch sie bedingte Steuersatz ist), um so stärker der Widerstand dieser Konzerne gegen eine weitere Ausdehnung der Rüstungswirtschaft (wird)“. (S. 282) Es ist nun nicht mehr wahr, daß es vom Standpunkt der Wertbildung gleichgültig ist, welche Art von Ware produziert wird, daß es die „abstrakte Arbeit“ ist, die Wert schafft und Kapital akkumuliert. Wäre dem so, dann könnte es dem Kapital gleichgültig sein, wie weit sich das Rüstungsgeschäft entfaltet, da dies ja stets der Entfaltung der Wertproduktion gleichkäme. Aber wir können dieses Thema hier abschließen, da Mandel, wie es sich für einen Revolutionär gehört, zuletzt doch erklärt, daß der Rüstungsindustrie, wie dem Kapital überhaupt, objektive gesellschaftliche Grenzen gesetzt sind.
Und da Mandel zufolge die von der Rüstungsindustrie mitverursachte lange Konjunkturperiode sich ihrem Ende nähert, kann das Problem sowieso als eine Sache der Vergangenheit ad acta gelegt werden. Was aktuell bleibt, ist der Krisenzyklus, der sich im „Spätkapitalismus“ weiterhin auswirken muß. In seiner vorausgegangenen Marxistischen Wirtschaftstheorie stand Mandel noch stark unter dem Einfluß der Keynesschen Theorie kapitalistischer Wirtschaftslenkung und im Banne der langen, dem Kriege folgenden Prosperitätsperiode. Es schien ihm, daß es dem Kapital, im Vergleich zur Vergangenheit, gelungen war, den großen Widerspruch zwischen Surpluskapitalen und effektiver Nachfrage in Richtung der Stabilisierung des Systems zu überbrücken. In seinem neuen Buch bezieht sich das nur auf die jüngste Vergangenheit, nicht aber auf die weitere Entwicklung. Aber eine marxistische Erklärung der unerwartet eingetreten langen Konjunkturphase muß trotzdem erbracht werden, und Mandel glaubt sie in der Theorie „der langen Wellen“ gefunden zu haben.
Wie für jeden anderen stellt sich auch für Mandel der Industriezyklus „als eine Folge von beschleunigter und verlangsamter Akkumulation dar“. (S. 101) Er fragt jedoch, ob „es eine bestimmte Dynamik in der Abfolge der Industriezyklen in längeren Zeitabschnitten gibt“. (S. 102) Nach Marx, führt Mandel aus, bildet die „Erneuerung des fixen Kapitals nicht nur die Erklärung für die Länge des Konjunkturzyklus, sondern auch das entscheidende Moment, das die weitere Reproduktion, den Aufschwung, die Beschleunigung der Akkumulation überhaupt beeinflußt“. (S. 103) Nun versuchte Marx tatsächlich, den Konjunkturzyklus mit der Umschlagszeit des Kapitals in Verbindung zu bringen, die, ähnlich wie die Zyklen, durchschnittlich zehn Jahre währte. Allerdings kann sich die Lebenszeit des Kapitals verlängern oder verkürzen. Doch kommt es, nach Marx, hier nicht auf eine bestimmte Zahl von Jahren an. Soviel ergibt sich für ihn: „Durch diesen eine Reihe von Jahren umfassenden Zyklus von zusammenhängenden Umschlägen, in welchen das Kapital durch seinen fixen Bestandteil gebannt ist, ergibt sich eine materielle Grundlage der periodischen Krisen, worin das Geschäft aufeinanderfolgende Perioden der Abspannung, mittleren Lebendigkeit, Überstürzung, Krise durchmacht. Es sind zwar die Perioden, worin Kapital angelegt wird, sehr verschiedene und auseinanderfallende. Indessen bildet die Krise immer den Ausgangspunkt einer großen Neuanlage. Also auch — die ganze Gesellschaft betrachtet — mehr oder minder eine neue materielle Grundlage für den nächsten Umschlagszyklus.“ [26]
Diese vage Hypothese ist von Marx nicht weiter verfolgt worden, schon deshalb nicht, weil die Lebenszeiten verschiedener Kapitale verschieden sind und weil sie sich nicht zur gleichen Zeit erneuern, sondern entsprechend ihrem individuellen Ausgangspunkt, während der Konjunkturzyklus eine zu gleicher Zeit die Gesamtgesellschaft umfassende Angelegenheit ist. Allerdings führt die Krise zu einer Zusammenballung gleichzeitiger Investitionen und damit zu einer Art „materieller Grundlage für den nächsten Umschlagszyklus“. Und unzweifelhaft befindet sich das Kapital „im Banne seines fixen Bestandteils“, da dieser, seiner Reproduktionszeit entsprechend, erneuert werden muß, um zur Basis zusätzlicher Neuanlagen zu werden. Je kürzer die Umschlagszeit, desto früher können die Erneuerungen und Neuanlagen an der durch die „beständige Umwälzung der Produktionsmittel“ verbesserten Produktivität teilhaben und desto geringer sind die Kosten des dem physischen Ende des Kapitals vorausgehenden „moralischen Verschleißes“. Aber letzten Endes ist mit all dem doch nur gesagt, daß „die Krise immer den Ausgangspunkt einer großen Neuanlage“ bildet, d. h. daß sich die Produktivität des Kapitals genügend verbessert, um den Akkumulationsprozeß erneut aufzunehmen.
Aber nach Mandel muß erklärt werden, „weshalb zusätzliches Kapital zu einem bestimmten Zeitpunkt massiv verausgabt wird, nachdem es lange Zeit brachlag“. Für ihn liegt die Antwort „auf der Hand: nur eine plötzliche Anhebung der Profitrate kann die massiven Investitionen der Surplus-Kapitalen erklären — genau so wie das stetige Sinken der Profitrate [...] das jahrelange Brachliegen des Kapitals erklären kann“. (S. 107) Die Profitrate wächst Mandel zufolge durch eine plötzliche Senkung der durchschnittlichen organischen Zusammensetzung des Kapitals; eine plötzliche Erhöhung der Mehrwertrate; eine plötzliche Verbilligung von Elementen des konstanten Kapitals, und eine plötzliche Verkürzung der Umschlagszeit des zirkulierenden Kapitals (S. 107). Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, nicht nur partielle und gemäßigte, sondern massive und allgemeine Umwälzungen der Produktionstechnik zu realisieren, besonders, „wenn mehrere Faktoren gleichzeitig und kumulativ im Sinne der Erhöhung der Durchschnittsprofitrate wirken“. (S. 108) In einem Satz, es „liegt auf der Hand“, daß die plötzliche Erhöhung der Profitrate die Akkumulation zur Folge hat.
Diese die Produktionstechniken verändernden Neuanlagen, die einerseits Resultat und andererseits Ursache der plötzlichen Steigerung der Profitrate sind, führt zu einem weiteren Wachsen der organischen Kapitalzusammensetzung, was, in einer „zweiten Phase“ der Entwicklung, zu neuen Verwertungsschwierigkeiten und neuem brachliegenden Kapital führt. „Nur wenn eine Kombination spezifischer Bedingungen eine plötzliche Erhöhung der Durchschnittsprofitrate erzeugt“, führt Mandel aus, „werden die sich über mehrere Jahrzehnte hinweg ansammelnden brachliegenden Kapitalen massiv in die neuen Produktionssphären hineingezogen, die eine Entfaltung der neuen grundlegenden Produktionstechnik ermöglichen“ (S. 113). Aufgrund dieser „Entfaltung grundlegender Produktionstechniken“ muß die Geschichte des internationalen Kapitals „nicht nur als ein Nebeneinander von zyklischen sieben- und zehnjährigen Bewegungen, sondern auch als ein Nacheinander von langen etwa fünfzigjährigen Perioden“ (S. 113) verstanden werden. Diese „langen Wellen“, obwohl von verschiedenen Leuten bemerkt, wurden am eindrucksvollsten von Kondratieff [27] aufgezeigt und statistisch nachzuweisen versucht. Sie beeindruckten Mandels Mentor, Leo Trotzki, stark genug, um auf sie kritisch aber doch wohlwollend einzugehen. Der Moment war besonders opportun, da der auf den Dritten Weltkongreß der Kommunistischen Internationale eingeschlagene neue Kurs von einer Stabilisierung des kapitalistischen Systems ausging, der die Weltrevolution vertagen würde. Trotzkis Argumente richteten sich gegen den sogenannten „Ökonomismus“ oder gegen „die rein mechanistische Auffassung des kapitalistischen Zusammenbruchs“, die den Vertretern einer weiterbestehenden weltrevolutionären Perspektive zugeschrieben wurde. Die Theorie der „langen Wellen“ war hier ein gefundenes Fressen, da es sich nicht absehen ließ, ob man am Ende oder Anfang einer solchen Welle angelangt war.
Kondratieff und Trotzki zufolge haben die Wirtschaftskurven zu verschiedenen Zeiten verschiedenen Charakter. Damit es eine kapitalistische Entwicklung gibt, muß jedoch die von der Krise ausgelöste neue Konjunktur über die der Krise vorausgehende Konjunktur hinausgehen. Man kann Epochen kapitalistischer Entwicklung feststellen, die, ungeachtet ihrer Wirtschaftskurven, eine allgemeine Aufschwungstendenz aufweisen, und andere Epochen, die einen mehr statischen Charakter haben. Diese langen epochalen Wellen langsamer oder beschleunigter Akkumulation sollten aber, nach Trotzki, nicht in demselben Sinn angesehen werden, wie die von Marx bloßgelegten und dem Kapitalismus immanenten Krisenerscheinungen, sondern als das Einwirken äußerer Umstände auf die Kapitalakkumulation, wie z. B. „die kapitalistischen Eroberungen anderer Länder, die Entdeckung neuer Rohstoffquellen und die damit zusammenhängenden Überbauerscheinungen wie Krieg und Revolution, die den Charakter und Wandel von aufsteigenden, stagnierenden, oder zerfallenden Epochen der kapitalistischen Entwicklung bestimmen“. [28]
Mandel geht jedoch weiter als Trotzki, der natürlich nichts anderes gesagt hatte, als daß der Kapitalismus sich nicht in einem Vakuum, sondern in der realen Welt bewegt. Wenn sich Trotzki gegen jede „monokausale“, d. h. „rein ökonomische“ Erklärung der kapitalistischen Entwicklung wandte, so werden die „langen Wellen“ bei Mandel doch wieder „monokausal“ als „rein ökonomische“ Phänomene angesehen, da, obwohl die Durchschnittsprofitrate „mittels einer Reihe von gesellschaftlichen Veränderungen interpretiert werden muß“ (S. 122), es doch dabei bleibt, daß es die Bewegung der Profitrate ist, die die kurzen wie langen Wellen bestimmt. Da sich diese ganze Diskussion sowieso nur um ein Scheinproblem dreht, kann Mandel auch von der Tatsache unberührt bleiben, daß sich die „langen Wellen“ statistisch nicht überzeugend nachweisen lassen, denn er sieht „das Hauptproblem nicht in der statistischen Verifizierung, sondern in der theoretischen Erklärung, obwohl es selbstverständlich ist, daß ohne empirische Bestätigung die Theorie der ‘langen Wellen’ letzten Endes als unfundierte Arbeitshypothese, wenn nicht gar als Mystifikation gelten müßte“. (S. 133)
Für sich selbst glaubt Mandel jedoch das Problem der „langen Wellen“ durch „die innere Logik des Prozesses der Kapitalakkumulation- und Verwertung erklärt zu haben“ (S. 137), und so bezieht er sich ohne weitere Umstände auf die Existenz der „langen Wellen“, um die bisherige Bewegung des Kapitals, wie auch die des „Spätkapitalismus“, zu beleuchten. So erhalten wir folgendes Ergebnis: Die Akkumulation ergibt den Fall der Profitrate; die Profitrate kann erhöht werden, um die Akkumulation fortzusetzen. Da die Welt sich verändert, ist dies einmal ein leichterer und ein anderes Mal ein schwieriger Prozeß, nicht nur in bezug auf einen besonderen Reproduktionszyklus, sondern auch historisch. Durch die Verbindung von Theorie und Geschichte können Unterscheidungen zwischen unterschiedlichen, sich aber überschneidenden Epochen kapitalistischer Produktion getroffen werden. In einer ausgedehnten Depressionsperiode, in der sich eine Reihe zyklischer Bewegungen vollzieht, ohne zu einem bemerkungswerten Aufschwung zu führen, haben wir es mit einer langen absteigenden Welle kapitalistischer Produktion zu tun, während in einer Epoche kapitalistischer Entfaltung, in der kürzere zyklische Bewegungen den allgemeinen aufwärtsgehenden Trend nicht beeinträchtigen, von einer langen Konjunkturwelle gesprochen werden kann. So erklärt sich für Mandel die dem „Spätkapitalismus“ charakteristische beschleunigte Akkumulation bei gleichzeitiger Abwesenheit ernster Krisensituationen als eine „lange Welle mit expansiven Grundton“ (S. 180), die nicht nur durch die Rüstungsindustrie, sondern auch, und in größerem Maße, durch strukturelle Veränderungen des Kapitals und neuen Produktionsbedingungen gegeben war.
Die „lange Welle mit expansiven Grundton“, die von 1940 bis 1965 währte und die Basis für eine „dritte technologische Revolution“ abgab, ist nach Mandel jedoch „keineswegs ein ‘reines’ Produkt der Wirtschaftsentwicklung, Basis einer angeblichen Vitalität oder Existenzberechtigung der kapitalistischen Produktionsweise. Er ist Beweis dafür, daß es in den imperialistischen Ländern, auf der Basis der bestehenden Technik und Produktivkräfte, keine ‘absolut ausweglosen Lagen’ gibt, daß das langfristige Ausbleiben einer sozialistischen Revolution letzten Endes der kapitalistischen Produktionsweise eine neue Lebensfrist verschaffen kann, die diese dann in der ihr innewohnenden Logik entsprechenden Weise ausnutzen wird“. (S. 203) So gelang es dem Kapital noch einmal, die Produktivkräfte zu vermehren. Aber die „dritte technologische Revolution“ bezeichnet auch die historischen Grenzen des Kapitals, „denn wer soll die verdoppelte Menge Gebrauchsgüter kaufen, wenn bei gleichbleibendem Verkaufspreis das Nominaleinkommen der Bevölkerung halbiert wird?“. (S. 188) Hier sind wir nach Mandel „bei der absoluten inneren Grenze der kapitalistischen Produktionsweise angelangt [...] Sie liegt da, wo die Mehrwertmasse selbst zwangsläufig zurückgeht — wegen der in der letzten Phase der Mechanisierung — der Automation — stattfindenden Ausschaltung der Arbeiterschaft aus dem Produktionsprozeß“ (S. 191)
Der „absolut inneren Grenze“ der kapitalistischen Produktionsweise steht nach Mandel jedoch die Tatsache gegenüber, daß es für das Kapital „keine absolut ausweglosen Lagen“ gibt, da es ausschließlich vom Proletariat abhängt, ob es auch ohne „Existenzberechtigung“ weiter wursteln kann. Es existiert nicht aufgrund seiner eigenen „Vitalität“, sondern durch die proletarische Bereitwilligkeit, ihm eine weitere „Lebensfrist“ zu gewähren, also aufgrund der Vitalität der nichtrevolutionären Arbeiterschaft. Haben wir damit die „lange Welle mit expansiven Grundton“ der Arbeiterschaft oder, präziser, deren falscher Führung zu verdanken, so wird die neue „Welle mit stagnierenden Grundton“ (S. 420) „die erhöhte Anfälligkeit des Systems für explosive Gesellschaftskrisen“ nachweisen und das Kapital zwingen, sich „den Abbau des proletarischen Klassenbewußtseins — besonders in seiner sozialistischen Form — zur vorrangigen Aufgabe“ (S. 437) zu machen. Inzwischen und trotz des Mangels an Vitalität hat sich gezeigt, daß „weit davon entfernt, eine ‘nachindustrielle Gesellschaft’ zu sein, der Spätkapitalismus erstmalig in der Geschichte eine Gesellschaft verallgemeinerter universaler Industrialisierung“ bildet. „Mechanisierung, Standardisierung, Überspezialisierung und Parzellierung der Arbeit [...] dringt in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens ein“. (S. 353) Damit ist sein Untergang besiegelt.
Das Charakteristische des „Spätkapitalismus“ zeigt sich Mandel zufolge in der Verkürzung der Umschlagszeit des fixen Kapitals; der Verbilligung des konstanten Kapitals; der Erhöhung der Mehrwertrate; dem Eintritt des Kapitals in die Zirkulations- und Dienstleistungssphäre und der Wirtschaftsprogrammierung, um den „Widerspruch zwischen der dem Eigentum an Produktionsmittel innewohnenden Anarchie der kapitalistischen Produktion und dem wachsenden Druck zur Amortisations- und Investitionsplanung wenigstens teilweise zu überbrücken“. (S. 212) Alle diese dem Kapital von jeher kennzeichnenden Eigenschaften führen im „Spätkapitalismus“ jedoch zu einer „permanenten Inflation“, die der „langfristigen Sicherung der erweiterten Reproduktion“ des Kapitals zu dienen hat.
Die permanente Inflation ist für Mandel eine permanente Kreditinflation oder die spezifische Anpassung des Banksystems und der Geldschöpfung an die Interessen des Monopolkapitals. Durch die Kreditausweitung vermehrt sich die Nachfrage und führt zur Einbeziehung von Surpluskapital in zusätzliche Produktion. Angesichts von Reserven an Produktivkräften haben die inflationäre Geldschöpfung und das Kreditwesen die Fähigkeit, die Entfaltung der Produktivkräfte über die Grenzen des Privateigentums hinauszutreiben. Hinter der Inflation steckt „die Verwandlung von brachliegendem in produktives Kapital“. (S. 405) Wie die Rüstungsindustrie führt die Kreditinflation zu einer Steigerung der Wert- und Mehrwertproduktion. Sie bremst den Absatzrückgang in der Konsummittelproduktion. Die Kreditexpansion kann die Konjunktur bis zu dem Punkt stimulieren, an dem sie in Gefahr gerät, „den Weltmarktanteil des betreffenden Landes zu gefährden“. (S. 416) Die der „angewachsenen Akkumulation des Kapitals entsprechende langfristige Verringerung der industriellen Reservearmee erlaubt es der Arbeiterklasse, die Mehrwertrate periodisch abzuschleifen“ (S. 418). So deutet nach Mandel alles darauf hin, „daß die relative Autonomie des Kreditsystems, d. h. die Kraft der schleichenden Inflation, die kumulative Wirkung der Überproduktionskrisen einzudämmen, abnimmt“. (S. 419)
Weshalb die private Kreditausdehnung inflationäre Folgen haben soll, ist anbetrachts der Reserven von Produktivkräften und angesammelten Surpluskapitalen schwer einzusehen, und dies um so mehr, als nach Mandel die damit verbundene Anhebung der Nachfrage durch eine ihr entsprechende Wert- und Mehrwertproduktion einander näher gebracht werden. Mit Bezug auf die verarbeitende Industrie sagt er selbst, daß, „wenn bereits bedeutsame Überkapazitäten vorliegen, auch die umfangreichsten Kreditgeldinjektionen [...] zu keiner Wiederbelebung der privaten Investitionen führen“ (S. 419). Aber war es nicht die Funktion der Kreditinjektionen, diese Überkapazität mittels der vermehrten Nachfrage aufzuheben? „Die stimulierende Kreditschöpfung auf die laufende Kaufkraft versagt“ nach Mandel ebenfalls wieder, „wenn die steigende Schuldenlast ihrerseits die laufende Kaufkraft zu schmälern anfängt“ (S. 420), Aber warum soll die Schuldenlast steigen, wenn der von der „Kreditaufblähung“ ausgelöste Prozeß zu neuem zusätzlichen Wert- und Mehrwert führt? Es hat jedoch wenig Sinn, auf Mandels Inflationstheorie ernsthaft einzugehen, da sie sich auf nichts weiter als die aus der Luft gegriffene Behauptung stützt, daß der Kredit an sich zu permanenter Inflation führen muß.
Mandel kommt der Sache allerdings etwas näher, sobald er sich mit den auf Kredit beruhenden staatlichen Einwirkungen auf die Wirtschaft beschäftigt. Er schreibt: „Sind die staatlichen Ausgaben vollständig durch Steuern gedeckt, dann ändert sich nichts an der globalen Nachfrage. Nur wenn diese Investitionen wenigstens zum Teil die zahlungsfähige Kaufkraft unmittelbar nominal erweitern — d. h. zusätzliche Zahlungsmittel in Umlauf bringen —, werden sie eine wirtschaftsstimulierende Wirkung ausüben. Da aber solche Investitionen die zirkulierende Warenmasse nicht im selben Ausmaß wie die zusätzlichen Zahlungsmittel vergrößert, erhalten sie unvermeidlich eine inflationäre Tendenz“ (S. 485). Die staatliche Kreditschöpfung auf dem Wege der Defizit-Finanzierung ist nun eine Maßnahme, um den durch den privaten Kreditmechanismus nicht erreichten Produktionszuschuß herbeizuführen. Er wird zur Notwendigkeit, eben weil es der privaten Kreditausdehnung nicht gelingt, die Nachfrage und damit die Produktion genügend anzuheben, um die Arbeitslosigkeit und Überkapazität in gesellschaftlich tragbaren Proportionen zu halten.
Die Inflationspolitik, die nach Mandel „die zirkulierende Warenmasse nicht im selben Ausmaß wie die zusätzlichen Zahlungsmittel vergrößert und damit die Preise auftreibt, drückt den einfachen Tatbestand aus, daß die dadurch ermöglichte Produktion eben nicht der Warenproduktion angehört, keinen Wert und Mehrwert mit sich bringt, aber doch für die an dieser Produktion beteiligten Kapitale Profit abzuwerfen hat, um ausgeführt werden zu können. Die Warenmasse hat sich nicht wirklich der erweiterten Produktion entsprechend vergrößert, da die Endprodukte der staatlich-induzierten Produktion nicht in den Markt eingehen. Die Produktion hat zugenommen, ohne den Profit entsprechend zu vermehren. Der „Profit“, der durch die staatlich-veranlaßte Produktion gewonnen wird, muß aus der unvergrößerten Profitmasse des Gesamtkapitals durch höhere Besteuerung gewonnen werden. Diesem Druck auf die kapitalistischen Einkommen wird durch Preiserhöhungen begegnet, wodurch die Kosten der unrentablen Produktion auf Mandels „letzten Konsumenten“ abgewälzt werden.
Die durch den „letzten Konsumenten“ bestimmte Nachfrage, die Mandel zufolge letzten Endes die Bewegung des Kapitals bestimmt und ihm damit eine sichere Zukunft verweigert, wird im Verhältnis zur zunehmenden Produktion auch weiterhin beschnitten, um gesellschaftlichen Erschütterungen aus dem Wege zu gehen. Daran knüpft sich die substanzlose Erwartung, daß es sich hier um eine vorübergehende Situation handelt, die früher oder später durch einen allgemeinen Aufschwung der Kapitalproduktion überwunden werden kann. Diesem Ziel entsprechend bewegt sich das Kapital nach wie vor auf der Einbahnstraße der Profitvermehrung. Das Schicksal des „letzten Konsumenten“ muß zuerst im Schicksal der arbeitenden Klasse vorweggenommen werden: durch eine verschärfte Ausbeutung auf dem Wege der Inflation. Mit dem schnelleren Ansteigen der Warenpreise gegenüber den Lohnsummen ergibt sich ein über die Zirkulation gewonnener Profit, dessen Extrahierung in der Produktionssphäre auf größere Widerstände stoßen würde. Die Inflation ist vor allem Lohnpolitik, um den kapitalistischen Mehrwert zu schützen und, wenn möglich, zu vermehren, und ebenfalls ein Mittel, die Unkosten der nicht-kapitalistischen, aber doch unproduktiven Schichten der Gesellschaft zu vermindern. Aber da die Inflation in ihrer Entfaltung auch die Interessen des Kapitals verletzen kann, handelt es sich hier um eine dem Kapital aufgezwungene Politik, der es sich gern entziehen möchte, aber nicht entziehen kann.
Mandels „lange Welle mit expansiven Grundton“ unterscheidet sich von seiner „langen Welle mit stagnierenden Grundton“ nur darin, daß die während der letzten großen Weltkrise „entdeckten“ Instrumente staatlicher Krisenbekämpfung im Begriff sind, ihre Wirkungen zu verlieren. Sie finden in der Kapitalproduktion bestimmte Grenzen, die sich nicht ohne die Zerstörung des Systems überschreiten lassen. Die lange Konjunkturperiode nach dem Zweiten Weltkrieg betraf, trotz der enormen Kapitalzerstörung, trotz der sich international weiter ausdehnenden Kapitalkonzentration, trotz der „dritten technologischen Revolution“ und aller anderen Strukturverwandlungen des Kapitals nur die großen kapitalistischen Länder und blieb selbst dort noch an die widersprüchliche Fortsetzung unrentabler Produktion gebunden. Auch die von Mandel so hervorgehobenen Wirtschaftsprogrammierungen blieben blinde Reaktion auf die sich auch weiterhin als unkontrollierbar herausstellenden Bewegungsgesetze des Kapitals. Die latent stets vorhandene Krise wird wieder akut, ohne dieselbe Abschwächung erfahren zu können, die einst durch die staatlichen Eingriffe ermöglicht wurde. Die Inflation, die die Arbeitslosigkeit beseitigen sollte, wird zur Inflation mit wachsender Arbeitslosigkeit, die internationale Investitionsplanung wird zum rücksichtslosen Konkurrenzkampf nationaler Kapitale, der „Spätkapitalismus“ stellt sich heraus als derselbe Kapitalismus, der von jeher nichts anderem als seinem Untergang entgegengehen kann.
[1] Frankfurt 1972.
[2] Frankfurt 1968.
[3] Seitenzahlen in Klammern beziehen sich auf den Spätkapitalismus.
[4] MEW 39, S. 428.
[5] Die Akkumulation des Kapitals, Leipzig 1912.
[6] Das Akkumulations- und Zusammenbruchsgesetz des kapitalistischen Systems, Leipzig 1929.
[7] Der Imperialismus und die Akkumulation des Kapitals, Wien 1926.
[8] Das Finanzkapital, Wien 1910.
[9] Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen Kapital, Frankfurt 1968.
[10] Ebd., S. 585 f.
[11] Ebd., S. 595.
[12] Ebd., S. 595.
[13] In seinem Buch Marxistische Wirtschaftstheorie leitet Mandel die Krise von einem durch das Steigen des Werts der Arbeitskraft verursachten Profitmangel ab, also nicht von Unterkonsumtion, sondern von dem zu großen Konsum der Arbeiter.
[14] Zur Entstehungsgeschichte ..., a. a. O., S. 544.
[15] Das Kapital, Bd. I, MEW 23, S. 648.
[16] Ebd., S. 640.
[17] Siehe Kapitel 9 und 10 im Dritten Band des Kapital.
[18] K. Marx, Das Kapital, Bd. III, S. 153 f. (Ullstein-Ausgabe).
[19] K. Marx, Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses, Frankfurt 1970, S. 39.
[20] Das Kapital, Bd. III, MEW 25, S. 454.
[21] Anti-Dühring, MEW 20, S. 260.
[22] K. Marx, Das Kapital, Bd. III, S. 243 (Ullstein-Ausgabe).
[23] Ebd., S. 244 f.
[24] Ebd., S. 245.
[25] Mandel wirft mir vor, daß ich zwischen verschiedenen Interpretationen des Effekts der Kriegsproduktion schwanke. Er schreibt: „Einmal behauptet Mattick, daß ‚durch den Staat hervorgerufene Produktion (inkl. Waffenproduktion)‘ nur den Konsum und nicht die Akkumulation des Kapitals erhöhe. An anderer Stelle stellt er fest, daß Kriegsproduktion keine einfache ‚Vergeudungsproduktion‘ sei, sondern den Akkumulationsprozeß wieder ankurbele.“ (S. 279) Es handelt sich hier nicht um zwei verschiedene Interpretationen, da die Kriegswirtschaft — genauso wie die kapitalistische Krise — durch die Zerstörung von Kapital und Strukturverwandlungen der Weltwirtschaft ein Mittel zur Wiederaufnahme des unterbrochenen Akkumulationsprozesses sein kann und bisher auch war.
[26] Das Kapital, Bd. II, MEW 24, S. 186.
[27] N. D. Kondratieff, Die Langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Dezember 1926.
[28] In: The Fourth International, May 1941.
Zuletzt aktualisiert am 29. September 2019