MIA: Geschichte: Sowjetische Geschichte: 100 Jahre Russischer Revolution: Einleitung


Einleitung zum JACOBIN
Russian Revolution 1917
Commemoration Project

von Einde O’Callaghan

Lenin mit Kamenjew and Trotzki

Lenin spricht auf einem Treffen in Moskau, während Kamenjew und Trotzki zusehen. Quelle: Marxists.com

Das Jahr 2017 ist das 100. Jubiläum jener bedeutsamen Ereignisse, die Russland erschütterten und die die Welt für den Rest des 20. Jahrhunderts prägten. Obwohl das aus der Revolution hervorgegangene Regime letztendlich vor 25 Jahren zusammenbrach, ist es dennoch berechtigt zu sagen, dass die Auswirkungen dieser revolutionären Umbrüche noch zu spüren sind. Egal welche Einstellung Linke gegenüber dem Regime haben, das sich nach der Revolution herausbildete, ist es klar, dass jene Revolution von zentraler Bedeutung für das Verständnis der Menschen vom Sozialismus ist, unabhängig von ihrer genauen Interpretation der Ereignisse.

Allerdings sind die Revolution und ihre Ereignisse weitgehend verdunkelt durch die Mythen, die Entstellungen und die Propaganda nicht nur jener Leuten, die das alte Regime verteidigen und gegen das neue sind, sondern auch Vieler, die sich als VerteidigerInnen der Revolution sahen oder sehen. Um viele dieser Verwirrungen zu bewältigen, hat sich eine internationale Gruppe linksradikaler HistorikerInnen mit dem JACOBIN Magazine zusammengeschlossen, um kurze Artikel über verschiedene Aspekte der Revolution aus verschiedenen, im weitesten Sinne linken Perspektiven zu bieten. Um ein breiteres Publikum zu erreichen, beteiligen sich sozialistische AktivistInnen aus verschiedenen Ländern an dem Projekt um Artikeln in viele Sprachen zu übersetzten. Die Artikel werden auf Englisch auf der JACOBIN-Webseite, die Übersetzungen international auf verschiedenen Webseiten und Blogs erscheinen, die entweder einige oder sämtliche der unten genannten Artikeln veröffentlichen werden.

Darüber hinaus werden alle Übersetzungen vom Marxists’ Internet Archive als Teil des Soviet History Archive gesammelt und online gestellt.

Es ist der Zweck dieses Artikels, die Artikel und ihre AutorInnen vorzustellen.

Der erste Artikel, „Vor der Februarrevolution“ von Todd Chretien, befasst sich mit dem Hintergrund der Revolution. Todd ist ein US-amerikanischer politischer Aktivist aus der Gegend um San Francisco und schreibt häufig für International Socialist Review.

An diesen Artikel schließt „Die Geschichte der Februarrevolution“ von Kevin Murphy an, der entsprechend dem Namen die Ereignisse behandelt, die zum Zusammenbruch des jahrhundertalten Romanow-Regimes führten und den offen revolutionären Prozess in Gang setzten. Kevin ist Historiker an der Universität von Massachusetts Boston und der Autor von Revolution and Counterrevolution: Class Struggle in a Moscow Metal Factory, welches den renommierte Deutscher Memorial Prize in 2005 gewann.

In der Standarddarstellung ist Februar die gute Revolution und Oktober die extremistische. Aber die Ereignisse in Russland waren viel, viel komplizierter als das. Das ist das Thema von Lars Lihs „Die anti-bourgeoise demokratische Revolution“. Lars ist ein in Montreal lebender Wissenschaftler, zu seinen Werken zählen unter anderem Bread and Authority in Russia, 1914–1921 und Lenin Rediscovered: „What is to be Done?“ in Context.

Die nächsten Artikel beschäftigen sich mit thematischen Aspekten der Revolution. Die Revolution fand vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs statt, der auch eine wesentliche Ursache der ersten Krise der revolutionären Periode war. Dies wird von Yurii Colombos Essay „Vom finnischen Bahnhof“ behandelt. Yurii ist ein seit langem aktivistisch tätiger Sozialist aus Italien, der in Moskau und Milan lebt und viel über die Geschichte der ArbeiterInnenklasse und Russlands geschrieben hat.

Eric Blanc betrachtet dann einen ziemlich vernachlässigten Aspekt der Revolution in „Die Finnische Revolution von 1917“. Eric ist Aktivist und Historiker und lebt in Oakland, California. Er ist der Autor von Anti-Colonial Marxism: Oppression & Revolution in the Tsarist Borderlands.

Die internationalen Auswirkungen der Revolution dürfen natürlich nicht ignoriert werden. Daniela Mussi und Alvari Bianchi gehen in „Gramsci und die Russische Revolution“ darauf ein, wie sich die Revolution auf Italien auswirkte. Daniela ist Politikwissenschaftlerin und Journalistin; Alvaro ist Politikwissenschaftler an der Universität von Campinas (Brasilien). Sie sind beide in der Redaktion des Magazins Outubro und Mitglieder des redaktionellen Kollektivs des Blogs Junho.

Die Streiks, die die Februarrevolution auslösten wurden von Textilarbeiterinnen ausgelöst. Für die Zeit danach pflegen die Schilderungen der Revolution die Rolle von Frauen allerdings zu vertuschen. Megan Trudell berichtigt dies in ihrem Essay „Die Frauen von 1917“. Megan ist seit 30 Jahren als sozialistische Aktivistin in Großbritannien aktiv. Sie hat viel über den Ersten Weltkrieg, die Russische Revolution und den Russischen Bürgerkrieg geschrieben und befasst sich derzeit mit der Krisenzeit Italiens nach dem Ersten Weltkrieg.

Der Antisemitismus war ein politisches Mittel des zaristischen Regimes, um die Massen vor politischer Aktivität gegen das System abzulenken. Er verschwand natürlich nicht unmittelbar nach Ausbruch der Revolution. Dies ist das Thema von Brendan McGeevers „Antisemitism and Revolutionary Politics in 1917“. Brendan ist ein Soziologe am Birkbeck College, Universität von London und Autor von The Bolsheviks and Antisemitism in the Russian Revolution.

Ein weiteres beständiges Thema für die GegnerInnen jeglicher Art Revolution ist die Frage von Gewalt. Dies behandelt Mike Haynes in seinem Artikel „Violence and the Russian Revolution“. Mike ist Ökonom an der University of Wolverhampton und Autor vieler Bücher und Artikel, einschließlich Russia: Class and Power in the Twentieth Century und Nikolai Bukharin and the Transition from Capitalism to Socialism.

Wir kehren dann zu bestimmten Ereignissen der Revolution zurück. In „The Baku Commune“ untersucht Ronald Suny die Kommune von Baku. Ronald ist unter anderem Direktor des Eisenberg Institute for Historical Studies und Autor vieler Publikationen, einschließlich The Baku Commune 1917–1918: Class and Nationality in the Russian Revolution und The Soviet Experiment: Russia, the USSR, and the Successor States.

Daniel Gaido befasst sich mit einer weiteren großen Krise der revolutionären Periode in „The July Days“. Daniel ist Forscher beim Nationalforschungsrat (Conicet) in Argentinien und ist Autor von The Formative Period of American Capitalism und mit Richard Day Co-Redakteur von Witnesses to Permanent Revolution.

Chris Read untersucht dieb Periode „Nach der Einigkeit von Februar“. Chris ist Historiker an der Universität von Warwick und Autor von mehreren Büchern, darunter Lenin: A Revolutionary Life und War and Revolution in Russia: 1914–22.

In einem weiteren Essay mit dem Namen „The Petrograd Soviet“ geht Kevin Murphy auf eine der wichtigsten Organisationen des revolutionären Prozesses ein.

Ein entscheidender Aspekt der Revolution war die Kombination der städtischen Revolution und der massiven Bauernunruhen auf dem Land. Dies ist das Thema von Sarah Badcocks Artikel „Russia’s Rural Revolution in 1917“. Sarah ist Historikerin an der Universität von Nottingham und Autorin von Politics and the People in Revolutionary Russia.

Kornilows fehlgeschlagener Versuch Petrograd im späten August zu übernehmen war der letzte große Versuch, den revolutionären Prozess zu hemmen. Paul Le Blanc geht in „Der Kornilow-Putsch“ auf diese Episode ein. Paul ist Historiker am La Roche College in Pittsburgh, Herausgeber von V. I. Lenin, Revolution, Socialism: Selected Writings und Autor von Lenin and the Revolutionary Party.

Alexei Gusev wirft einen Blick auf den anderen Flügel der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands in „1917 – The Menshevik Alternative“. Alexei ist Historiker an der Lomonosow-Moskau-Staatsuniversität und hat einige Bücher mitgeschrieben und redigiert, einschließlich Political Parties of Russia: Pages of History und Victor Serge: Socialist Humanism against Totalitarianism.

Wie am Anfang dieser Einleitung erwähnt war die Russische Revolution eines der zentralen Ereignisse des 20. Jahrhunderts. David Mandel wirft einen Blick auf diesen Aspekt in seinem Essay „The Legacy of the October Revolution“. David ist Politikwissenschaftler an der Université du Québec à Montréal und ist seit vielen Jahren in der gewerkschaftliche Ausbildung in Russland, der Ukraine und Weißrussland aktiv. Er ist Autor von The Petrograd Workers in the Russian Revolution – February 1917–June 1918 und Labour after Communism.

Keine Reihe über die Russische Revolution wäre vollständig ohne einen Bericht über den Oktober/November-Aufstand. China Miéville erzählt über ihn in seinem Artikel „The October Revolution“. China ist ein prominenter Verfasser von „weird fiction“, wie er es selbst bezeichnet. Seine Rolle als Autor von Between Equal Rights: A Marxist Theory of International Law und letztens October: The Story of the Russian Revolution ist dagegen weniger bekannt.

Alexander Rabinowitch kommt in „The Bolsheviks Come to Power Revisited“ auf das Thema seines richtungsweisenden Buches aus dem Jahre 1976 zurück. Alexander ist Historiker und Forscher beim St. Petersburger Institut für Geschichte an der Russischen Akademie der Wissenschaften. Neben The Bolsheviks Come to Power ist er auch Autor von Prelude to Revolution und The Bolsheviks in Power.

Einer der ChronistInnen des postrevolutionären Russlands war Victor Serge, der das Thema von Suzi Weissmans „Victor Serge – From Oktober to January“ ist. Suzi ist Politikwissenschaftlerin am Saint Mary’s College in Kalifornien und veröffentlicht außerdem einen Podcast und ist Autorin von Victor Serge: The Course is Set on Hope.

Eine der Vorwürfe gegen die Bolschewiki ist, dass sie eine Diktatur errichteten. Dies war jedoch nicht die Auffassung vieler Menschen, die zur Zeit der Revolution in Russland oder dem Ausland lebten. Soma Mario schreibt über die revolutionäre Demokratie in „Revolutionary Democracy“. Soma ist eine Historikerin bei RKSM Vivekananda Vidya Bhagvan, Calcutta und eine politische Aktivistin, die viel für International Viewpoint geschrieben hat.

Leon Trotzki war nicht nur nach Lenin die wichtigste Figur der Oktoberrevolution, sondern auch ihr erster großer Historiker. Auf dieses Erbe geht Neil Davidson in „Leon Trotsky’s History of the Russian Revolution“ ein. Neil ist Soziologe an der Universität von Glasgow und Autor von How Revolutionary Were the Bourgeois Revolutions? und We Cannot Escape History: States and Revolutions.

Sobald die Artikel veröffentlicht werden, werden wir die Links hier einfügen.

Wir sind noch auf der Suche nach Freiwilligen, die uns dabei helfen die Artikel zu übersetzten, vor allem in solche Sprachen die wir bisher nicht abdecken. Wir suchen insbesondere nach Leuten, die ins Arabische, Türkische, Hindi, Bangla und die andere Sprachen Indiens, in denen wir besonders schwach besetzt sind, übersetzen können. Falls Interesse besteht, kontaktiert mich bitte bei eindeo (at) marxists (dot) org.


Übersetzung: Marcus Volodarsky
Redaktion: Einde O’Callaghan
Korrektur: Jasper Stange

Einde O’Callaghan ist ein in Deutschland lebender politischer Aktivist irischer Herkunft. Er ist Mitglied bei der Partei Die Linke und ist in antirassistischen und Antikriegsbewegungen aktiv. Er ist auch Mitglied bei dem Marxists’ Internet Archive Kollektiv.


Zuletzt aktualisiert am 24. November 2017